Wieso hat die SPD während einer Pandemie (!) einen Intensivbetten-Abbau zugelassen und als alternativlos wegen Personalmangel hingestellt, wenn diese Betten so wichtig sind?

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Frage von Ulrike L. •

Wieso hat die SPD während einer Pandemie (!) einen Intensivbetten-Abbau zugelassen und als alternativlos wegen Personalmangel hingestellt, wenn diese Betten so wichtig sind?

Im Fokus: Gesundheitsausschuss
Die SPD betont als Argument für die Impfpflicht, daß Sie damit einer Überlastung des Gesundheitswesens vorgebeugen wollen. Wieso hat dann die SPD, welche sowohl in der vorigen wie jetzigen Regierung maßgeblich beteiligt war und ist, zugelassen, dass während einer Pandemie (!) die Anzahl der Intensivbetten abgebaut wurde (Die Anzahl an Intensivbetten mit Invasivbeatmung ist in den vergangenen neun Monaten von etwa 12.000 auf 9.000 gesunken, Ärzteblatt, 16.9.21, https://tinyurl.com/intensivbett ) und als alternativlos wegen Personalmangel hingestellt wurde. Seit dem Beginn der Krise hätte man sehr wohl Pflegekräfte auf Intensivbetreuung von Normalpflege umschichten und weiterbilden und auch besser bezahlen können, so dass die Nachfrage gedeckt geworden wäre? Notfalls hätte man sogar Pfleger reaktivieren können oder die Bundeswehr heranziehen wie auch für andere "Jobs" in der Krise. Es gibt immer Wege, wenn man wirklich will und es einem wichtig ist, oder?

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Sehr geehrte Frau L.

vielen Dank für Ihre Frage.

Die Reduzierung der Zahlen der Intensivbetten in Deutschland hat verschiedene Gründe. Dass weniger Betten im DIVI gemeldet werden bedeutet nicht, dass ein gesteuerter Abbau der Intensivbetten-Kapazitäten erfolgt ist.

Der Rückgang ist vor allem dadurch zu erklären, dass die Intensivstationen im Moment nur ihre betreibbaren Betten melden. Das bedeutet, für diese Betten sind jeweils ein vorgesehener Raum, funktionsfähige Geräte und Material pro Bettenplatz, Betten und Fachpersonal vorhanden und einsatzbereit.

Die Reduktion dieser Betten hat deshalb mehrere Gründe:

Zu Beginn der Pandemie in Deutschland wurden die Pflegepersonaluntergrenzen aufgehoben und es wurden deshalb mehr freie Betten gemeldet. Für deren Betrieb war jedoch nicht ausreichend Personal und Ausstattung vorhanden. Die Krankenhäuser konnten den Bedarf, den die Infektionswellen erforderten, noch nicht einschätzen.

Zusätzlich benötigt man zur Versorgung der COVID- Intensivbetten einen hohen Personalaufwand. Ebenso verschwinden Betten aus dem Register, falls Personal erkranken und die Betten nicht mehr betrieben werden können. Das ist besonders im Rahmen der aktuellen Omikron-Welle relevant.

Ebenso wurden Anfang August 2020 die Pflegepersonaluntergrenzen wieder eingesetzt und verändert. Das bedeutete einen Rückgang der betreibbaren Betten, da weniger Patient*innen durch eine Pflegekraft versorgt werden dürfen.

Zum Argument der Umschichtung: Sollen sich die Patientinnen und Patienten auf den Normalstationen selbst pflegen? Das Problem ist, dass wir grundsätzlich einen Fachkräftemangel in der Pflege haben. Das betrifft nicht nur die Intensivstationen in den Krankenhäusern.

Die Ampel hat dieses Problem erkannt und setzt sich dafür ein, dass dieser Fachkräftemangel effektiv bekämpft wird. Dafür haben wir uns mit unseren Koalitionspartnern auf die folgenden Maßnahmen geeinigt. Wir werden verbindliche Personalbemessungsverfahren einführen um Druck von den einzelnen Beschäftigten zu nehmen. Wir werden den Beruf attraktiver machen, indem wir Zuschläge von der Steuer befreien, geteilte Dienste abschaffen und Springerpools einführen. Darüber hinaus werden wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern. Und wir werden die akademische Pflegeausbildung stärken, sodass die Beschäftigten auch eine anständige Aufstiegsperspektive haben.

Dass eine hohe Impfquote dazu beiträgt die Belastung der Krankenhausversorgung zu reduzieren, weil die Impfung schwere Krankheitsverläufe effektiv reduziert, bleibt natürlich korrekt. Deshalb sollten alle Möglichkeiten ergriffen werden, um Immunisierung der Bevölkerung weiter voranzutreiben.

Mit freundlichen Grüßen

Martina Stamm-Fibich

 

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