Frage an Matthias Miersch bezüglich Innere Sicherheit

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Matthias Miersch
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Frage von Heidi H. •

Frage an Matthias Miersch von Heidi H. bezüglich Innere Sicherheit

Neben der namentlichen Abstimmung zur Ehe für alle gab es am gleichen Tag eine nicht namentliche Abstimmung über das Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Es gibt über diese Abstimmung keine Dokumentation und ich möchte gern wissen, ob Sie und wenn ja wie Sie abgestimmt haben. Leider waren ja nur ca. 60 Abgeordnete anwesend.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Hecht,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage zum „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“.

Da es sich – wie Sie richtig bemerken – um eine nicht-namentliche Abstimmung handelte, waren bei der Schlussabstimmung vor allem die Fachpolitiker im Plenarsaal. Ich habe an der Abstimmung aufgrund anderer terminlicher Verpflichtungen nicht teilgenommen, was jedoch nicht bedeutet, dass ich mich mit dem Gesetz nicht auseinandergesetzt habe. Wir haben das Netzwerkdurchsetzungsgesetz vor der Schlussabstimmung intensiv in Fraktionssitzungen, Fraktionsvorstandssitzungen und auch Facharbeitsgruppen beraten. Und vor allem als SPD-Bundestagsfraktion von der CDU/CSU Nachbesserungen verlangt, die auch auf den vielen Einwendungen basieren, die uns Abgeordnete in den Wochen davor erreicht haben. Für mich persönlich sind die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Digitalisierung unserer Gesellschaft eine sehr zentrale Frage. So habe ich in den Namentlichen Abstimmungen gegen die Vorratsdatenspeicherung gestimmt und auch gegen das BKA-Gesetz. Auf der anderen Seite gilt es aber auch, Antworten zu finden, wie Rechtsgrundsätze innerhalb des Netzes aufgebaut bzw. verteidigt werden können. Insoweit ist auch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz eine Antwort auf die Herausforderungen, die uns sicher in Zukunft weiter beschäftigen werden.

Ich weiß, dass es zahlreiche Bedenken gegen den Gesetzentwurf zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung gab, und auch ich hatte zunächst Sorgen, dass der Gesetzentwurf zum so genannten Overblocking (massiven Sperren von IP-Adressen) und zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit führen könnte. Deshalb habe ich mich intensiv mit unseren zuständigen Fachpolitiker*innen ausgetauscht, die mir letztlich aufgezeigt haben, warum die SPD-Bundestagsfraktion dem Gesetzentwurf aufgrund der dann noch erreichten Änderungen zustimmen konnte. Diese basieren im Übrigen auch auf zahlreichen Vorschlägen, die in der Anhörung des Fachausschusses erfolgt sind:

Eine der wichtigsten Änderungen ist die Öffnung des Gesetzes hinsichtlich der Etablierung einer Selbstregulierung. So soll über ein unabhängiges Gremium eine staatsferne Entscheidungspraxis hinsichtlich der möglichen Rechtswidrigkeit von Inhalten geschaffen werden. Gerade damit soll verhindert werden, dass die Anbieter in die Rolle zum Richter über die Meinungsfreiheit werden. Ich hoffe sehr, dass die Anbieter von dieser Möglichkeit schnell Gebrauch machen und eine entsprechende funktionierende regulierte Selbstregulierung aufbauen. Denkbar ist auch eine Auditierung der Beschwerdemanagementsysteme.

Die SPD-Fraktion hat überdies klargestellt, dass Bußgelder nur verhängt werden können, wenn soziale Netzwerke kein taugliches Verfahren zur Löschung von rechtswidrigen Inhalten vorhalten, nicht aber bei der Nichtlöschung einzelner strafbarer Inhalte. Die starre 7-Tage-Frist wurde gelockert. Überprüft werden müssen neben dem objektiven Straftatbestand auch mögliche Rechtfertigungsgründe, so dass – gerade wenn es um Meinungsäußerungen geht – auch der Kontext in die Überprüfung einbezogen werden muss. Dies sind wichtige Maßnahmen zum Schutz vor Overblocking und zum Schutz der Meinungsfreiheit.

Klar ist aber, dass auch die Anbieter der sozialen Netzwerke Verantwortung zu tragen haben. Da die bislang zugesagten Selbstverpflichtungen seitens der sozialen Netzwerke nicht ausreichend greifen und es erhebliche Probleme bei der Durchsetzung des geltenden Rechts gibt, bedurfte es einer Klarstellung der gesetzlich bereits bestehenden Regelungen und einer Konkretisierung des im Telemediengesetz geregelten „Notice-and-Take-down-Verfahrens“. Genau dies macht das Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Auch die Zusammenarbeit zwischen sozialen Netzwerken und den Strafverfolgungsbehörden muss dringend verbessert werden. Deswegen werden Anbieter sozialer Netzwerke mit dem Gesetz nicht nur verpflichtet, einen inländischen Zustellbevollmächtigten zu benennen, sondern auch diesen auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. Es gelten konkrete Fristen für die Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden.

Ich denke, dass mit diesen Änderungen den Vorwürfen, das Netzwerkdurchsetzungsgesetz schränke die Meinungsfreiheit ein, begegnet werden konnte und dass das Gesetz gesellschaftliche Akzeptanz finden kann. Gesetzliche Regelungen allein aber reichen nicht aus, notwendig ist über dieses Gesetz hinaus auch, ein stärkeres zivilgesellschaftliches Engagement, um gegen Rechtsverletzungen wie Hassreden, Verunglimpfungen o.ä. vorzugehen.

Liebe Frau Hecht,

ich hoffe, dass Sie an meinen Ausführungen erkennen konnten, dass sich die SPD-Bundestagsfraktion sehr intensiv auch mit den Bedenken gegen den Ursprungs-Entwurf auseinandergesetzt hat und auch noch wesentliche Änderungen erreichen konnte. Naturgemäß ist es häufig so, dass Gesetze einen Kompromiss darstellen, da die Interessen, die von einem Gesetzt tangiert werden, vielfältig sind. Ich habe den Eindruck, dass ein guter Ausgleich der unterschiedlichen Rechtsgrüter gefunden werden konnten, möchte jedoch nicht verschweigen, dass ich mir sicher bin, dass wir in den nächsten Jahren an vielen Stellen das Spannungsfeld Freiheit – Sicherheit – Rechtsschutz auf allen politischen Ebenen weiter diskutieren werden.

Seien Sie herzlich gegrüßt!
Ihr Matthias Miersch

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