Frage an Matthias Miersch bezüglich Umwelt

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Matthias Miersch
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Frage von Jochen B. •

Frage an Matthias Miersch von Jochen B. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Dr. Miersch,

die Dieselproblematik berührt ja mindestens die Themen Umwelt, Gesundheit, Recht und Verbraucherschtz. Die Aufarbeitung sowohl durch die Regierung als auch den Bundestag ist mangelhaft. Es gibt einen sehr mageren Bericht des Verkehrsministeriums und einen sehr dicken des Bundestags, ohne wirkliche Schlussfolgerungen. Die VW-Untersuchungskommission hat festgestellt, dass fast alle Hersteller Abschaltvorrichtungen benutzen. Doch nur die von VW wurde als illegal erklärt (dank der EPA). Alle anderen wurden als zulässig interpretiert, weil die EG715/2007 angeblich nicht eindeutig formuliert ist und entsprechenden Interpretationsspielraum zulässt, was juristisch korrekt sein mag, nicht aber nach dem gesunden Menschenverstand, weshalb auch 2 der 4 Gutachter des Bundestagsausschusses die Mehrzahl der Abschalteinrichtungen als gesetzwidrig einstufen. Trotzdem hat man nichts weiter unternommen. Insbesondere wurde das KBA nicht beauftragt, zu überprüfen, inwieweit andere Hersteller über als illegal analog zu Volkswagen zu bewertende Einrichtungen verfügen. Falls es zu Fahrverboten kommt sind die Verbraucher die Dummen, zumal viele Studien nachgewiesen haben, dass die Fahrzeuge der Euro5-Norm sogar schädlicher sind als ältere Fahrzeuge, was auch irgendwelche Gipfeltreffen vertuschen.
Meine Frage: warum unternehmen weder Parteien, noch Behörden, noch Sie persönlich irgendetwas, um hier für Klarheit zu sorgen? Wenn man diesen Betrug an gesunder Luft und falscher Versprechen an die Verbraucher allein mit einer unklaren Rechtslage begründet, warum sorgt man dann nicht für Klarheit? Warum wird weder die EU-Kommission beauftragt noch schlimmstenfalls vor dem europäischen Gerichtshof versucht, klarzustellen, ob es dem "normalen" Betrieb entspricht, wenn die Technik nur von 20-30 Grad funktioniert oder nur 14 Minuten nach dem Starten? Die SPD hat sich einmal mehr der Wirtschaft willfährig gezeigt und die Bürger verraten.

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SPD

Sehr geehrter Herr B.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 18. September 2017, die ich gerne beantworte.

Lassen Sie mich zunächst darauf hinweisen, dass wir im Parlament arbeitsteilig mit den unterschiedlichen Sachverhalten umgehen. Die sogenannte Federführung bei dem von Ihnen angesprochenen Thema liegt bei der Arbeitsgruppe Verkehr. Ich will nicht verschweigen, dass in den letzten Jahren auch unter den Abgeordneten unterschiedliche Auffassungen zu Grenzwerten etc. existierten. Allerdings sind die unterschiedlichen Fragestellungen auch nicht pauschal zu lösen. Insoweit müssen Sie bei jeder Frage (z.B. auch bei der zukünftigen Ausgestaltung von Grenzwerten und Prüfverfahren) jeweilige Mehrheiten auf nationaler- und auf europäischer Ebene finden. Die Interessen sind vielfältig.

Da Sie mich persönlich ansprechen, zunächst mein Hinweis auf meine Statements zum Diesel-Gipfel, dem Abgasskandal und zum Fünf-Punkte-Plan von Martin Schulz. Gerne können Sie meine Statements unter: https://www.matthias-miersch.de/2017/08/11/statement-zum-dieselgipfel/ nachlesen.

Wie Sie sicher wissen, hat es am 2. August 2017 das „Nationale Forum Diesel“ gegeben, an dem sowohl Mitglieder der Bundesregierung, verschiedener Landesregierungen als auch der Automobilindustrie teilgenommen haben. Dabei wurden erste Maßnahmen beschlossen. So sollen auf Kosten der Automobilindustrie 5,3 Millionen der aktuell in Deutschland zugelassenen Diesel-Pkw in den Schadstoffklassen Euro 5 und 6 derart optimiert werden, dass damit eine Reduktion der NOx-Emissionen um 30 % bis zum Jahresende 2018 erreicht wird. Darüber hinaus wurden Umstiegsprämien und ein Fonds „Nachhaltige Mobilität für die Stadt“ vereinbart. Dieser Fonds ist inzwischen auf eine Milliarde Euro aufgestockt worden und soll die Kommunen bei der Gestaltung nachhaltiger und emissionsarmer Mobilität unterstützen.

Diese Maßnahmen werden aber keinesfalls ausreichen, um die Schadstoffgrenzwerte in den Kommunen einzuhalten und Fahrverbote zu vermeiden. Ich erwarte deshalb von den Herstellern, dass sie u.a. technische Lösungen anbieten, um durch Umrüstungen der Fahrzeuge die Emissionen verlässlich weiter zu reduzieren. Bundesverkehrsminister Dobrindt macht den Menschen allerdings etwas vor, wenn er sagt, mit Softwareupdates seien Fahrverbote zu vermeiden. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Automobilindustrie für die Fahrzeuge, bei denen es möglich ist, auch Hardwarelösungen auf eigene Kosten liefern muss. Wenn sie sich weigert, muss sie dazu gezwungen werden – im Interesse der Verbraucher*innen und der Beschäftigten, die all das nicht zu verantworten haben, und auch im Interesse des Schutzes unserer Umwelt und unserer Gesundheit.

Auch die ausländische Automobilindustrie muss vergleichbare Maßnahmen ergreifen und ihren Beitrag zur Schadstoffminderung leisten.

Außerdem müssen wir die staatliche Aufsicht verbessern und ausbauen. So will die SPD die Zuständigkeiten für Typgenehmigung und Kontrolle neu ordnen. Mit stichprobenartigen Nachkontrollen von neu zugelassenen Fahrzeugen im Realbetrieb auf der Straße werden wir den Druck erhöhen, sodass die Fahrzeuge die Emissionsgrenzwerte auch wirklich einhalten.

Schließlich müssen die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber den Automobilherstellern deutlich gestärkt werden. Dazu wollen wir die Musterfeststellungsklage einführen.

Insgesamt steht die Automobilindustrie vor dem größten Umbruch in ihrer Geschichte. Wir brauchen sowohl eine neue Verantwortungskultur in den Unternehmen als auch ein Zukunftskonzept für die Automobilbranche, das unseren gesundheits- und klimaschutzpolitischen Zielen gerecht wird. Dafür werde ich mich einsetzen.

Lieber Herr B.,

ich hoffe, mit diesen Ausführungen die Position der SPD dargelegt zu haben.

In den letzten Jahren sind auch Fehlentscheidungen getroffen worden, die sicherlich auch damit zusammenhängen, dass die Automobilindustrie gerade in Deutschland zwar einen wichtigen Stellenwert hat, aber nicht ausreichend auf die Zukunftsfähigkeit bzw. Nachhaltigkeit der Entscheidungen geachtet worden ist. In diesem Zusammenhang muss ich auch darauf hinweisen, dass sich am Beispiel des „Dieselskandals“ wieder einmal gezeigt hat, dass Verkehrsminister Dobrindt ein Totalsausfall ist.

Ich bin sicher, dass sich die SPD in den kommen Jahren für eine andere Politik für Verbraucher*innen einsetzen wird, als dies von weiten Teilen der CDU/CSU beabsichtigt ist.

Zur vertiefenden Lektüre füge ich Ihnen den von mir eingangs erwähnten Fünf-Punkte-Plan bei: https://www.spd.de/aktuelles/detail/news/zukunft-kommt-nicht-von-allein/11/08/2017/.

Ich hoffe, Ihre Fragen beantwortet und meine Positionen nachvollziehbar dargelegt zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Miersch

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