Welche inhaltlichen diplomatischen Vorschläge zur Abwendung des befürchteten russischen Angriffkrieges hat die deutsche Regierung gemacht?

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Matthias Miersch
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Frage von Margarete P. •

Welche inhaltlichen diplomatischen Vorschläge zur Abwendung des befürchteten russischen Angriffkrieges hat die deutsche Regierung gemacht?

Was hat gegen einen Kompromiss gesprochen, der die Krim an Russland zurück gegeben hätte und die Gebiete im Donbass (Donezk und Luhansk) zu Autonomen Republiken innerhalb des Staates Ukraine belassen hätte (z. B. wie Südtirol in Italien) und die Ukraine neutral geblieben wäre bzw. keine NATO-Mitgliedschaft angestreben würde? Wie sehen Sie die hohe Verschuldung für die deutschen Steuerzahler zugunsten der Ukraine und der Interessen der USA und der NATO, die zudem meiner Ansicht nach kein Beitrag zu möglichen Friedensverhandlungen mit Russland sind, sondern dass Misstrauen weiter erhöhen werden?

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Sehr geehrte Frau P.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage, auf die ich nachfolgend gerne eingehen werde.

Vorweg möchte ich betonen, dass ich als direkt gewählter Abgeordneter des Deutschen Bundestages nicht Mitglied der Bundesregierung und somit auch kein Teilnehmer an Gesprächen im Rahmen diplomatischer Verhandlungen bin.

Unabhängig davon wurde durch verschiedene Medienberichte transportiert, welche unermesslichen Anstrengungen die Bundesregierung unter Bundeskanzler Scholz bis zum 24. Februar 2022 unternommen hat, um Russland von diesem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg abzuhalten. Zu Unrecht wurde dieses Handeln von einigen Kommentatoren als „naiv“ abgetan. Ich finde es weiter vollkommen richtig, dass Bundeskanzler Scholz, Außenministerin Baerbock und die gesamte Bundesregierung bis zum Schluss versucht haben, eine Lösung auf diplomatischem Weg zu erzielen. Es war richtig, alle Wege der Diplomatie zu gehen und bis zuletzt alles versucht zu haben, um den Krieg zu verhindern.

Trotz dieser von mir aufgezeigten Bemühungen will ich allerdings betonen, dass die deutsche Regierung keinerlei Kompetenzen besitzt, Kompromisse zu schließen, wie Sie sie in Ihren Fragen suggerieren. Vielmehr ist die Ukraine ein souveräner Staat, der auch bei künftigen Friedensabkommen selber entscheidet. Nur am Rand möchte ich deshalb erwähnen, dass die Annexion der Krim schon vor Jahren ein Bruch des Völkerrechts dargestellt hat. Wie Sie sicher wissen, haben damals Frankreich und Deutschland versucht, mit den Minsker Abkommen zur Diplomatie beizutragen, was jedoch durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg von Seitens Putins mit Füßen getreten worden ist. Zudem nimmt er durch seine Aggression wissentlich gleichzeitig unzähliges menschliches Leid hin.

Sehr geehrte Frau P., im Gegensatz zu Ihnen bin ich nicht der Auffassung, dass die deutschen Aufwendungen im Rahmen der Hilfe für die Ukraine und eine angemessen Ausrüstung der Bundeswehr primär den Interessen z. B. der NATO dienen. Vielmehr dienen Sie den Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee und somit ist es die Verpflichtung des Parlaments – also des Deutschen Bundestages – Beschlüsse zu fassen, die eine den Herausforderungen angemessene Ausstattung der Bundeswehr sicherstellt. Denn hierbei geht es um adäquate Ausrüstung statt um Aufrüstung oder um es mit den Worten das Kanzlers zu sagen: „Wir brauchen Flugzeuge, die fliegen, Schiffe, die in See stechen, und Soldatinnen und Soldaten, die für ihre Einsätze optimal ausgerüstet sind.“

Abschließend möchte ich betonen, dass der Kriegsbeginn zeigt, dass Demokratien in der Diplomatie gegenüber entsprechenden Aggressoren auch wehrhaft sein müssen, denn am Beispiel Putins zeigt sich, dass er Diplomatie und Zeichen der Entspannungspolitik als vermeintliche Schwäche kategorisiert. Folglich teile ich Ihre Ansicht nicht, dass das aktuelle deutsche Handeln – das mit den europäischen Partnern eng abgestimmt ist und auf genau dieser beschriebenen Zusammenführung von Diplomatie und Wehrhaftigkeit beruht – Friedensverhandlungen erschwere.

 

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Miersch

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