Frage an Matthias W. Birkwald bezüglich Soziale Sicherung

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Matthias W. Birkwald
DIE LINKE
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Frage von Silke S. •

Frage an Matthias W. Birkwald von Silke S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Birkwald,

heute entnahm ich den Nachrichten, dass Bundeswirtschaftsminister Brüderle eine Abschaffung der Rentengarantie forderte.

Ich möchte Sie fragen ob Sie sich noch erinnern, dass unter Herrn Riester der sogenannte Nachhaltigkeitsfaktor eingeführt wurde. Laut Wikipedia hat diesem auch die CDU/CSU zugestimmt.
Dafür hat Herr Riester allerdings die sog. Riesterrente eingeführt. Die Förderung dieser bezahlen wir alle, aber nicht alle können sich diese leisten. Ich als Verkäuferin bezahle so einem Millionär seine private Rentenversicherung mit. Finden Sie das gerecht? Die Riesterrente können sich gerade diejenigen nicht leisten, für die sie angeblich eingeführt wurde. Sie sollte ja Altersarmut verhindern. Wie will DIE LINKE erreichen, dass sich auch Gering-und Normalverdiener diese private Altersabsicherung leisten können? Oder will DIE LINKE diese wieder abschaffen?

Zum anderen wundert es mich, warum die Politik nur immer die Rentner im Blick hat. Ich meine, die Berufsbeamten und die daraus entstehenden Pensionäre haben viel mehr Privilegien. Soweit ich mich recht erinnern kann, gab es in 2008 eine Rentenerhöhung- bzw. anpassung von 1,1%.
Für Pensionäre aber gab es 2,2%. Warum werden Beamte und Pensionäre derart bevorzugt?

Und eine letzte Frage: ich befürchte, dass die Renten nicht mehr reichen werden, in 20 o. 30 Jahren die jetztigen Niedrigverdiener mit genug Altersrente abzusichern. Ich sehe die Gefahr, dass dann die sog. Altersgrundsicherung aufgrund der vielen Hilfebedürftigen gesenkt wird.
In den Niederlanden gibt es Mindestrenten. Warum werden diese in Deutschland nicht eingeführt?
Finanzieren könnten man das über das "Schweizer Modell". Dort bezahlen alle Arbeitnehmer in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Aber man erhält nur Renten bis zu einer gewissen Höhe.
Das würde in Deutschland wohl Sozialismus genannt werden?

Mit freundlichen Grüßen

Silke Sorbello

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DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Sorbello,

herzlichen Dank für Ihre Fragen, auf die ich Ihnen sehr gerne antworte.

DIE Linke steht für eine Rentenpolitik, die klaren Grundsätzen folgt: Wir wollen, dass die gesetzliche Rentenversicherung den Lebensstandard sichert und vor Altersarmut schützt. Unser rentenpolitischer Dreiklang lautet „Gute Arbeit - gute Löhne - gute Rente“. Eine gute Rentenpolitik muss also stets auch den Arbeitsmarkt im Blick haben.

Aus der Sicht der Partei DIE LINKE haben die verschiedenen Bundesregierungen in den vergangenen zehn Jahren gleich auf beiden Feldern das Falsche getan: Auf dem Arbeitsmarkt wurden die Grundlagen für eine gute Rente nach und nach zerstört, indem der Niedriglohnsektor stetig ausgebaut worden ist. Niedriglöhne führen eben unweigerlich zu Mini-Renten und Altersarmut. In der Rentenpolitik haben die Bundesregierungen auf Rentenkürzungen gesetzt: Das allgemeine Rentenniveau befindet sich deshalb im Sinkflug. Zwei Wege, einer so zynisch wie der andere, werden seitdem als Alternative angeboten: die Grundsicherung im Alter und die private Altersvorsorge, besser bekannt als Riester-Rente. Das folgt dem Motto: wer sich nicht privat absichern kann, wird mit einer Grundsicherung abgespeist. Gleichzeitig steckt der Staat große Summen in die Privatvorsorge: neun Milliarden Euro sind es seit 2002.

Dieses Geld kommt allerdings nicht bei den Versicherten an, sondern fließt überwiegend in die Taschen der Versicherungswirtschaft. Die LINKE bezieht hier klar Position: Für DIE LINKE hat die gesetzliche Rentenversicherung den höchsten Stellenwert. Niemand darf für die Absicherung des Lebensstandards oder den Schutz vor Armut auf private Zusatzvorsorge verwiesen werden. Statt die Versicherungswirtschaft zu hätscheln, muss das Geld wieder in die gesetzliche Rentenkasse fließen. DIE LINKE kann und will die finanziellen Probleme der gesetzlichen Rentenversicherung nicht leugnen. Aber die Alterssicherung zu privatisieren, ist der falsche Weg. Ebenso falsch ist es, die Rente zu kürzen, was zum Beispiel mit einem höheren Renteneintrittsalter, also der Rente erst ab 67, geschieht. Deswegen fordert DIE LINKE, dass ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von 10 Euro eingeführt und Formen schlechter Arbeit, wie Mini-Jobs und Leiharbeit, strikt begrenzt und eingedämmt werden. Wir sagen: Die Rentenpolitik der vergangenen zehn Jahre muss rückgängig gemacht werden!

All das ist für eine gute Rente notwendig, aber nicht hinreichend. Langfristig muss die gesetzliche Rentenversicherung zu einer solidarischen Erwerbstätigenversicherung ausgebaut werden. Ob nun bereits heute Versicherungspflichtige, Selbständige oder Beamte - alle Erwerbstätigen sollen unter Wahrung des Bestandsschutzes in die Erwerbstätigenversicherung einbezogen werden. Höhere Beiträge führen grundsätzlich zu höheren Rentenansprüchen. Im Konzept der solidarischen Erwerbstätigenversicherung ist jedoch vorgesehen, die höchsten Rentenansprüche abzuflachen. Die Arbeitgeber werden wieder paritätisch an der Finanzierung der Alterssicherung beteiligt.

Wir wollen im Rahmen unseres Konzepts das solidarische Moment in der Alterssicherung stärken, die Einnahmeseite ausbauen und zugleich die Kosten für die Versicherten absenken. Im nächsten Jahr werden wir unser Konzept aus der vergangenen Legislaturperiode (BT-Drs. 16/6440) aktualisiert in den Bundestag einbringen.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias W. Birkwald

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