Frage an Matthias W. Birkwald bezüglich Soziale Sicherung

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Matthias W. Birkwald
DIE LINKE
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Frage von Gisela W. •

Frage an Matthias W. Birkwald von Gisela W. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Birkwald,

leider finde ich in dem u.a. Artikel des ND keine Stellungnahme Ihrer Fraktion:

"Arme sollen nicht klagen

Schwarz-Gelb will Prozesskostenhilfe einschränken
Hartz IV beschert den Gerichten eine Klagewelle und den Ländern hohe Ausgaben für Prozesskostenhilfe. Diese Sozialleistung will die Koalition nun einschränken." (...)

" »Damit ist keinem der Kritikpunkte der Gewerkschaften und Sozialverbände Rechnung getragen worden«, sagte Robert Nazarek, Referatsleiter für Sozialrecht beim DGB-Bundesvorstand, gegenüber »nd«. Regierungssprecher Seibert sagte dagegen, es gelte weiter der Grundsatz, dass alle Bürger unabhängig von ihren finanziellen Möglichkeiten Zugang zum Recht haben müssten. Hintergrund der Novelle sind steigende Ausgaben für PKH und Beratungshilfe - die Länder zahlen dafür etwa 500 Millionen Euro. "
http://www.neues-deutschland.de/artikel/235613.arme-sollen-nicht-klagen.html

Da Sie Mitglied im Ausschuß Arbeit und Soziales sind, möchte ich Sie fragen, wie Sie zu dieser Problematik stehen, und was Sie bzw. Ihre Fraktion/Partei tun bzw. getan haben, um zu verhindern, daß demokratischen Rechte für Arme aus Kostengründen eingeschränkt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Gisela Walk

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Walk,

vielen Dank für Ihre Frage.

Mit dem Ziel den „Missbrauch staatlicher Hilfeleistungen“ zu verhindern, will die Bundesregierung die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe reformieren. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die Gerichte die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers oder der Antragstellerin peinlichst genau prüfen. Durch die Absenkung von Freibeträgen, die Verlängerung der Ratenzahlungshöchstdauer um zwei Jahre und die Neuberechnung der Prozesskostenhilfe-Raten sollen die Prozesskostenhilfeempfänger und -empfängerinnen in stärkerem Maße als bisher an der Finanzierung der Prozesskosten beteiligt werden.

DIE LINKE hält das für eine besonders perfide Form des Sozialabbaus. Denn der Rechtsschutz für Menschen mit geringem Einkommen ist eine sozialpolitische Errungenschaft, die unbedingt verteidigt werden muss. Dieses hohe Gut darf nicht wegen der Prozessflut bei den Sozialgerichten über Bord geworfen werden. Damit würde man eine Zwei-Klassenjustiz einführen und den Leistungsberechtigten nach dem SGB II den Rechtsschutz gegen rechtswidrige Bescheide der Jobcenter erschweren.

Die Opfer der verfassungswidrigen Hartz-Gesetze würden so noch zusätzlich gedemütigt. Ursache für die Prozessflut und die damit verbundenen Anträge auf Prozesskostenhilfe sind nicht die Leistungsberechtigten, sondern die Defizite im Gesetz, die darauf basierenden rechtswidrigen Bescheide und Sanktionsmaßnahmen sowie behördliche Fehler. Der einfältige Einfall der Koalition nützt niemandem, schadet aber unserem Rechtsstaat und verärgert die Bürgerinnen und Bürger. Es kann davon ausgegangen werden, dass die geplante Regelung mit unserem Grundgesetz nicht vereinbar ist und vom Bundesverfassungsgericht kassiert werden wird. Zu Ihrer weiteren Information füge ich noch unser Antrag „Weg mit Hartz IV - Für gute Arbeit und eine sanktionsfreie, bedarfsdeckende Mindestsicherung“ bei.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias W. Birkwald, MdB

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