Frage an Matthias W. Birkwald bezüglich Soziale Sicherung

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Matthias W. Birkwald
DIE LINKE
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Frage von Norbert A. •

Frage an Matthias W. Birkwald von Norbert A. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Birkwald,
seit 2001 werden wir EM-Rentner von der Politik bestohlen. Unsere EM-Rente wird regelmäßig um 10,3 % gekürzt. Die Begründungen der Politik dafür sind einfach unsinnig. Auch wir EM-Renter können überhaupt nichts dafür , dass wir aus welchen Gründen auch immer so schwer erkrankt sind das wir nicht mehr arbeiten können und sehr oft nur eine sehr kleine EM-Rente bekommen.
Seit 2014 werden die sogenannten EM-Bestandsrentner betrogen. Alle EM-Rentner die vor diesem Zeitpunkt schon eine EM-Rente bezogen,werden regelmäßig von den Erhöhungen der Zurechnungszeiten und den Günstigerprüfungen ausgeschlossen. Auch hier sind die Begründungen der Politik absolut unsinnig.
Jetzt zu Zeiten der Corona und Flüchtlingskriese, ist urplötzlich für alle und alles irsinnig viel Geld vorhanden.
EM-Rentner haben sehr oft über viele Jahrzehnte ihre Steuern und Sozialabgaben bezahlt. Wie der Staat mit uns EM-Rentner umgeht , dass ist einfach abscheulich !!!
Es geht sich immer hin um ca. 1,8 Mio. betroffene die dann bis zu ihrem Lebensende schauen müssen ,wie sie jeden Monat überleben können.
Wer aus der Politik setzt sich endlich energisch für die Verbesserungen meiner zuvor aufgeführten EM-Rentenprobleme ein ?
Ist zeitnah damit zu rechnen das es Verbesserungen insbesondere auch für die EM-Bestandsrentner geben wird ?
Was nützt eigenlich uns EM-Rentnern das Gerede der Politik von Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit ?
Ich freue mich sehr auf Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
Norbert Ackermann
Dipl. Betriebswirt
EM-Bestandsrentner und ehrenamtlicher MA einer Tafel

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Ackermann,

haben Sie herzlichen Dank für Ihre Frage. Um die Antwort auf Ihre Frage vorwegzunehmen: Gemeinsam mit meiner Partei DIE LINKE setze ich mich seit Jahren mit großer Leidenschaft für Erwerbsgeminderte im Bundestag ein.

Ihr Ärger ist zu 100 Prozent nachvollziehbar, denn die Situation von Erwerbsgeminderten in Deutschland ist völlig unbefriedigend. Dies gilt, wie Sie in Ihrem Schreiben ja bereits ausgeführt haben, insbesondere für Personen, deren Erwerbsminderung vor längerer Zeit festgestellt wurde und die somit von der im Laufe der vergangenen Jahre sukzessive vorgenommenen Erweiterung der Zurechnungszeit bedauerlicherweise nicht profitieren.

Diese Verbesserungen waren richtig und notwendig. Unverständlich ist allerdings, warum nur Rentenzugänge von der längeren Zurechnungszeit profitieren dürfen. Das von der Bundesregierung, Union und SPD in diesem Zusammenhang regelmäßig vorgebrachte Argument, dass Bestandsrentnerinnen und -rentner vor Leistungsverschlechterungen geschützt seien und daher auch nicht von Leistungsverbesserungen profitieren dürften, halte ich für wenig valide, zumal die ebenfalls sukzessive beschlossenen Verbesserungen bei der Anerkennung von Erziehungszeiten in der Rente (sogenannte „Mütterrente“) auch richtigerweise für den Rentenbestand gelten.

Letztendlich handelt es sich bei der Frage, ob die Ausweitung der Zurechnungszeit auch für den Rentenbestand gelten soll, um eine politische Entscheidung. Daher setze ich mich dafür ein, dass die schrittweise beschlossenen Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente auch für alle Bestandsrentnerinnen und -rentner gelten wie Sie gelten mögen, sodass auch Ihre Rente spürbar höher ausfiele.

DIE LINKE fordert zudem seit Jahren, dass die ungerechten und unsozialen Abschläge auf Erwerbsminderungsrenten in Höhe von bis zu 10,8 Prozent der Rentenhöhe abgeschafft werden, oder es dafür einen wertgleichen Ausgleich geben möge. Schließlich beruht, wie sie es ja so treffend dargestellt haben, die Erwerbsminderung nicht auf einer freien Entscheidung der Betroffenen und muss von ärztlicher Seite festgestellt werden. Nach geltender Rechtslage werden also Kranke seitens des Gesetzgebers zusätzlich sanktioniert. Insofern ist es auch kein Wunder, dass Erwerbsgeminderte besonders häufig von (Alters-)Armut betroffen sind.

Gemeinsam mit meiner Fraktion habe ich darum gleich zu Beginn dieser Legislaturperiode einen Antrag mit den entsprechenden Forderungen zur Erwerbsminderungsrente in den Bundestag eingebracht (siehe http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/000/1900031.pdf), welcher bedauerlicherweise keine Mehrheit bei den anderen im Parlament vertretenen Parteien gefunden hat. Seien Sie aber versichert, dass DIE LINKE sich auch in Zukunft leidenschaftlich für Erwerbsgeminderte einsetzen wird. Ein starkes Ergebnis der LINKEN bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr würde also auch eine stärkere Stimme für Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner in der kommenden Legislaturperiode bedeuten!

Hinzukommt, wie Sie möglicherweise schon wissen, dass Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner (genauso wie alle anderen Rentnerinnen und -rentner) von der Rentenkürzungspolitik der vergangenen 20 Jahre betroffen sind. Durch die „Rentenreformen“ zu Beginn dieses Jahrtausends wurde die Entwicklung der Renten in weiten Teilen von der Lohnentwicklung entkoppelt, in der Folge ist das sogenannte „Rentenniveau“ von 53 auf gut 48 Prozent abgesunken (das Rentenniveau setzt die Rente eines Menschen, der 45 Jahre lang exakt für das Durchschnittsgehalt gearbeitet hat, zum Durchschnittsgehalt der Arbeitnehmerinnen und -nehmer ins Verhältnis). Wir LINKEN kämpfen, das Rentenniveau wieder auf 53 Prozent anzuheben, damit der Lebensstandard wieder durch die gesetzliche Rente gesichert werden möge.

Da viele Menschen aufgrund niedriger Löhne, familiärer Sorgearbeit, längeren Phasen der Arbeitslosigkeit oder Krankheit auch mit diesen Maßnahmen von Altersarmut betroffen sein würden, setze ich mich mit Nachdruck für eine einkommens- und vermögensgeprüfte Solidarische Mindestrente in Höhe von 1.200 Euro ein, in teuren Städten ergänzt um ein reformiertes Wohngeld. Dann müsste Niemand in einem reichen Land wie Deutschland das Alter in Armut verbringen. Die Solidarische Mindestrente soll natürlich auch für Erwerbsgeminderte gelten.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Matthias W. Birkwald

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