Sehr geehrte Frau Spellerberg, wie stehen Sie zu einer Reform des Familienrechts, die Trennungseltern und Trennungskindern stärker gerecht werden soll, insbesondere dem 10-Punkte-Programm der FDP?

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Merle Spellerberg
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Frage von Holger E. •

Sehr geehrte Frau Spellerberg, wie stehen Sie zu einer Reform des Familienrechts, die Trennungseltern und Trennungskindern stärker gerecht werden soll, insbesondere dem 10-Punkte-Programm der FDP?

Sehr geehrte Frau Spellerberg, das derzeitige Familienrecht diskriminiert Trennungseltern, insbesondere Trennungsväter und widerspricht aus meiner Sicht nicht nur Art. 3,2 GG, sondern auch Art. 6,2 GG. Als Trennungsvater musste ich mir das gemeinsame Sorgerecht für meinen Sohn vor Gericht erkämpfen. Derzeit bin ich vor Gericht, weil die Mutter unseres gemeinsamen Sohnes altersangemessene Umgänge verweigert. Das aktuell geltende Recht gibt keinerlei Hinweise darauf, wie oft und wie lange ich meinen Sohn sehen darf. Im Verfahren wird mein Sohn (3!) demnächst gerichtlich angehört werden. Durch die Anwältinnen der Gegenseite, die durch Verfahrenskostenhilfe aus Steuermitteln bezahlt werden, bin ich mit Verleumdungen der übelsten Art konfrontiert, ohne etwas dagegen unternehmen zu können. Was gedenken Sie gegen diese Missstände zu unternehmen? Was halten Sie vom 10-Punkte-Plan der FDP? Was halten Sie vom paritätischen Wechselmodell?

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Die Forschung zeigt, dass eine stärkere Beteiligung der Väter in der Erziehung sich in der Regel positiv auf die Entwicklung und Zufriedenheit von Kindern auswirkt. Deshalb muss das Engagement von Vätern bei Erziehung von Kindern sowohl gesellschaftlich als auch rechtlich mehr geschätzt werden. Neben den psychologischen und emotionalen Aspekten spricht auch dafür, dass Kinder unabhängig von einer Trennung, von einer partnerschaftlichen Aufteilung der Arbeits- und Familienarbeit der Eltern profitieren.

Was eine Trennung oder Scheidung betrifft, ist sie für Eltern und Kinder nicht einfach. Wir Grünen sind dafür, dass in solchem Fall beide Eltern im Regelfall weiterhin gemeinsam Verantwortung für ihr Kind tragen und sich entsprechend um ihr Kind kümmern. Um sich einvernehmlich und ohne Hilfe des Familiengerichts auf ein dem Kindeswohl entsprechendes Modell zu einigen, braucht es eine gute Kommunikation zwischen den Eltern. Da dies gerade im Trennungsfall oft schwierig ist, muss für Eltern ein qualifiziertes Beratungsangebot zur Verfügung stehen. Beratungstermine beim Jugendamt, einer Erziehungsberatungsstelle oder einem qualifizierten freien Träger muss es ohne lange Wartezeiten geben, damit sich die Fronten der Eltern bei einer Trennung nicht immer weiter verhärten.

Die Frage, wie sich die Eltern diese Verantwortung im Alltag aufteilen und dabei ihren Kindern gerecht werden, ist komplex und muss individuell beantwortet werden. Bei hohem Konfliktniveau zwischen den Eltern ist das Wechselmodell für Kinder beispielsweise oft sehr belastend. Deshalb braucht es Einzelfallentscheidungen und keine starren Lösungen – so wie es das Recht bereits heute vorsieht.

Wir wollen kein Modell niemanden gesetzlich vorschreiben, sondern beide Eltern dabei unterstützen,  trotz der Trennung gemeinsam Verantwortung für das Kind zu übernehmen. Dafür müssen rechtliche Hürden, die dem Wechselmodell im Wege stehen identifiziert und abgebaut werden, etwa im Unterhaltsrecht oder durch einen Umgangsmehrbedarf im Sozialrecht. 

Einige dieser Punkte finden sich auch im 10-Punkte-Plan der FDP wieder, den wir, soweit er sich mit unseren Forderungen deckt auch begrüßen und hoffen, die notwendigen familienrechtlichen Änderungen in der kommenden Legislaturperiode mit unseren Koalitionspartnern voranbringen zu können. 

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