Warum haben Sie für das Infektionsschutzgesetz gestimmt?

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Michael Link
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Frage von Werner M. •

Warum haben Sie für das Infektionsschutzgesetz gestimmt?

Sehr geehrter Herr Link,

ich bin "not amused", dass Sie möglicherweise Fraktions-Disziplin über Vernunft und Gewissen gestellt haben. Was glauben Sie, wie unser meiner Meinung nach greiser, alters-starrsinniger grüner MP in BW die ihm von dem von Ihnen unterstützten Gesetz erteilten Macht Gebrauch machen wird? Auf Kosten unserer Freiheitsrechte.

Mit freundlichen Grüßen
Werner M.

PS Beim Wengertfest unterm Wartberg habe ich Sie nicht gesehen, entgegen der Ankündigung auf Ihrer Homepage.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr M.,

vielen Dank für Ihre Nachricht bezüglich der Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes, die der Deutsche Bundestag am 8. September 2022 beschlossen hat. Lassen Sie mich direkt zu Beginn festhalten, dass diese Neuregelung nicht mit früheren Versionen des Infektionsschutzgesetzes zu vergleichen ist, denn es achtet die Grundfreiheiten der Bürgerinnen und Bürger endlich wieder angemessen. Ausschweifende Grundrechtseinschränkungen wie flächendeckende Lockdowns, Schul- und Betriebsschließungen und andere unverhältnismäßige Maßnahmen haben wir Freie Demokraten erfolgreich verhindert!

Mir ist bewusst, dass nach mehr als zwei Jahren Pandemie und der oft nicht nachvollziehbaren Pandemiepolitik der vergangenen Bundesregierung die Toleranzschwelle bei vielen Bürgerinnen und Bürgern erreicht ist. Auch ich würde mir wünschen, dass wir die ganze Angelegenheit endlich hinter uns lassen können. Die aktuelle Situation - vergleichsweise moderate Inzidenzen, eine gesunkene Todesrate, der meist milde Verlauf der Omikron-Variante - macht es verlockend, eine komplette Abschaffung aller Maßnahmen zu befürworten. Dennoch müssen wir auch so ehrlich sein und anerkennen, dass Corona eben noch nicht überwunden ist und immer noch eine Gefahr darstellen kann. Auf die Möglichkeit, dass sich die Lage im Herbst und Winter nochmal drastisch verschärft - was wir natürlich alle nicht hoffen - müssen wir vorbereitet sein, denn es wäre unvernünftig ohne Vorkehrungen in den kommenden Herbst und Winter zu gehen. Die aktuell geltenden Regelungen im Infektionsschutzgesetz waren bis Ende September 2022 befristet. Es war immer klar, dass der Bundestag rechtzeitig vor dem Auslaufen der aktuellen Regelungen eine Nachfolgeregelung beschließen muss. Dies haben wir am 8. September 2022 getan und ich bin der Meinung, dass wir ein ausgewogenes Gesetz beschlossen haben, das die Entscheidungsgewalt wieder in die Parlamente bringt und das vor allem die Verhältnismäßigkeit zwischen den Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger und dem Infektionsschutz wieder herstellt. Dementsprechend habe ich dieses Gesetz bei der Abstimmung im Deutschen Bundestag mit meiner Ja-Stimme unterstützt und ich möchte Ihnen gerne nachfolgend erklären, warum:  

Für uns Freie Demokraten war es wichtig, die exzessiven Grundrechtseinschränkungen der vergangenen Corona-Winter von vorneherein auszuschließen. Das heißt, keine flächendeckenden Schulschließungen, keine Maskenpflicht in den Grundschulen, keine Betriebsschließungen, keine Ausgangssperren und keine Kontaktbeschränkungen mehr! All das hatte unser Justizminister Marco Buschmann bereits in den Verhandlungen mit dem Bundesgesundheitsminister erreicht. Als Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag haben wir uns das daraus resultierende Verhandlungsergebnis im parlamentarischen Verfahren nochmal genauestens geprüft und an einigen Punkten nachgeschärft. Auf Empfehlung der Wissenschaft haben wir beispielsweise die Maskenpflicht im Flugzeug gestrichen und somit eine europäisch einheitliche Regelung geschaffen. Wir haben auch sichergestellt, dass Masken in Schulen nur noch bei Gefährdung des Präsenzunterrichts zur Pflicht werden dürfen. Das gibt den Schülerinnen und Schülern so viel Normalität wie möglich. Auch die einrichtungsbezogene Impfpflicht hat nun ein festes Enddatum und wird am 31. Dezember 2022 auslaufen.
Gleichzeitig bin ich jedoch der Überzeugung, dass gewisse Maßnahmen auch weiterhin sinnvoll und notwendig sind. Ein Beispiel ist die bundesweite Test- und Maskenpflicht in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Somit schützen wir insbesondere die vulnerablen Gruppen, für die eine Corona-Infektion immer noch ein sehr großes Risiko ist. Auch der vermehrte Rückgriff auf die Maske als Mittel der Pandemiebekämpfung halte ich für sinnvoll. Hier möchte ich auch auf den Evaluationsbericht der Sachverständigen hinweisen, den wir Freie Demokraten sehr nachdrücklich eingefordert haben und der den Einsatz von Masken ausdrücklich als wirksames Mittel der Pandemiebekämpfung hervorhebt.

Abschließend möchte ich noch einen letzten, mir sehr wichtigen Aspekt der beschlossenen Neuregelung hervorheben. Es ist auch ein Verdienst der FDP, dass wir nur noch ein absolutes Mindestmaß an bundesweit geltenden Maßnahmen - wie etwa die bereits erwähnte Test- und Maskenpflicht in Krankenhäusern und Altenheimen - beibehalten werden, die übrigens auch andere EU Länder noch haben, oder überlegen wieder einzuführen. Der überwiegende Teil des neuen Infektionsschutzgesetzes betrifft jedoch sogenannte Kann-Regelungen, die lediglich die gesetzliche Voraussetzung schaffen, dass die Bundesländer wenn erforderlich weitergehende Maßnahmen erlassen können. Mir ist es wichtig zu betonen, dass für die besonders weitreichenden Einschränkungen, die ein Bundesland verhängen kann, ein Landesparlamentsbeschluss notwendig ist, der die konkrete Gefahr für die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems oder der sonstigen kritischen Infrastruktur feststellt. Das heißt, dass die Landesregierungen nicht willkürlich die Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger einschränken dürfen! Hier werden wir Freie Demokraten in den Landtagsparlamenten sehr genau darauf achten, dass auch in den Bundesländern die Verhältnismäßigkeit der Corona-Maßnahmen eingehalten wird. Im besten Fall, wenn die pandemische Lage auch im Herbst und Winter beherrschbar bleibt, beziehungsweise sich sogar noch weiter entspannt, werden wir den überwiegenden Teil der weiterführenden Maßnahmen auch gar nicht brauchen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Beweggründe für mein Abstimmungsverhalten nachvollziehbar erklären.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Michael Link, MdB (Heilbronn)

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