Sehr geehrter Herr Lienau,

vielen Dank für Ihre Mail.

Sie fragen, welches politische Interesse die Bundesrepublik daran haben kann, Häftlinge aus dem US-amerikanischen Gefangenenlager Guantanamo aufzunehmen.

Nun, einige Gründe habe ich in dem von Ihnen zitierten Beitrag genannt bzw. sie sind in den entsprechenden Pressebeiträgen zu lesen gewesen:

Zum einen liegt die Aufnahme von Häftlingen im deutschen Interesse, weil wir – etwa in Afghanistan – in Mithaftung für die verfehlte Politik des früheren US-Präsidenten George W. Bush genommen werden. Die Aufnahme von Häftlingen kann diese falsche Wahrnehmung ändern und so z.B. neue Chancen für die außenpolitische Arbeit der Bundesregierung öffnen.

Zum anderen – und das ist nicht weniger wichtig – gibt es humanitäre Gründe. Hier geht es in erster Linie um Menschen. Deutsche Politik muss ihr Handeln an den im Grundgesetz postulierten Prinzipien und Grundrechten ausrichten. Dem humanitären Gedanken kommt hier eine zentrale Rolle zu. Wir stehen in der Verantwortung, nach völkerrechtlichen, humanitären und menschenrechtlichen Prinzipien zu handeln, besonders wenn es darum geht, Menschen aufzunehmen, deren Schuld oder Unschuld bisher durch kein rechtstaatliches Verfahren festgestellt wurde, die aber bei einer Rückkehr in ihre Heimat mit Folter zu rechnen hätten.

Zweifellos haben wir alle ein großes Interesse daran, dass Guantanamo endlich geschlossen wird. Diesen Schritt mit der Aufnahme von in Guantanamo festgehaltenen Personen zu unterstützen, bedeutet nicht zuletzt, auch die neue außenpolitische Linie der Obama-Regierung zu stärken.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Gründe näher bringen.

Mit freundlichen Grüßen,

Niels Annen