Frage an Niels Annen bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Niels Annen
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Frage von Laura F. •

Frage an Niels Annen von Laura F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Annen,

Die syrische humanitäre Krise hat so massive Ausmaße erreicht, dass die Zahlen von Tod und Vertreibung – 160,000 und 9 Mio. – nur schwer vorstellbar sind. Noch schwieriger ist es, die nötige internationale Unterstützung zu gewinnen, um dieser Krise angemessen zu begegnen.

Vielleicht hilft dieser Vergleich: Wenn Deutschland Syrien wäre, wäre die gesamte Bevölkerung von Leverkusen heute tot. Die Einwohner von Berlin, München, Frankfurt, Dortmund und Würzburg hätten alle (!) ihre Häuser verlassen und wären aus ihrer Heimat geflohen. Jedes Kind unter 7 Jahren hätte sein Zuhause verloren. Ich würde auf entschlossenere Hilfe von der internationalen Gemeinschaft hoffen, als es momentan bei Syrien der Fall ist.

Als deutsche Bürgerin möchte ich, dass unser Land (auch weiterhin) seine humanitären Verpflichtungen erfüllt: Erstens eine angemessene Hilfe für alle von der syrischen Flüchtlingskrise Betroffenen sicherzustellen, einschließlich der Bevölkerung der benachbarten Gastländer, und zweitens die Öffnung unserer Grenzen für weit mehr syrische Flüchtlinge zu veranlassen. Deutschland sollte auch anderen wohlhabenden Nationen ermutigen, das gleiche zu tun.

Der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge hat in diesem Jahr 1,1 Milliarden US-Dollar für die Hilfe für syrische Flüchtlinge erhalten; das ist nur 27% der Mittel, die er als das absolute Minimum identifiziert hat, um die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Deutschland ist international führend bei der Aufnahme von Flüchtlingen, aber es muss noch mehr getan werden.

Wenn Sie, sehr geehrter Herr Annen, syrisch wären, würden Sie nicht mehr erwarten?

Mit freundlichen Grüßen,
Laura Fischer

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Sehr geehrte Frau Fischer,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur Flüchtlingsproblematik in Syrien.

Wie Sie selbst schreiben, sind die Folgen des Bürgerkrieges in Syrien verheerend: mehr als 160.000 Menschen sind in den vergangenen Monaten ums Leben gekommen, Millionen Syrer sind auf der Flucht und benötigen dringend humanitäre Hilfe. Mittlerweile hat sich der Konflikt zu einem Flächenbrand in der Region ausgeweitet, weil immer mehr Syrer Schutz in den Nachbarländern suchen. Anfang Mai habe ich ein Flüchtlingslager in Jordanien besucht, in dem über 100.000 Menschen in Notunterkünften unter teilweise unmenschlichen Bedingungen leben. Besonders dramatisch ist die Situation im Libanon. Dort haben rund eine Million Menschen – das entspricht einem Viertel der Gesamtbevölkerung – in teils provisorischen Zeltlagern Zuflucht gefunden. Im Hinblick auch auf die aktuellen Ereignisse im Irak steht zu befürchten, dass sich im Nahen Osten ein regionaler Krieg entwickelt, der die Grundordnung der letzten 100 Jahre in dieser Region brüchig werden lässt.

In meiner Rede vom 8. Mai 2014 vor dem Deutschen Bundestag habe ich deshalb darauf hingewiesen, dass die internationale Gemeinschaft und auch Deutschland mehr Anstrengungen unternehmen müssen, um die humanitäre Situation in der Region zu verbessern und weiteres Blutvergießen zu verhindern. Dafür müssen wir auch wieder einen politischen Prozess initiieren, der alle beteiligten Akteure inner- und außerhalb von Syrien einbindet.

Bund und Länder haben sich bisher darauf geeinigt, 26.000 Flüchtlinge aufzunehmen. Seit 2011 haben bereits 43.000 Flüchtlinge Zuflucht in Deutschland gefunden. Die Mehrheit sind Asylbewerber, denen größtenteils (90 Prozent) ein Schutzstatus gewährt wird. Die restlichen Personen werden bis auf weiteres in Deutschland geduldet.

Ich weiß, dass es Forderungen von Menschenrechtsorganisationen gibt, bis zu 80.000 syrische Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen. Von den knapp 32.000 zugesagten Plätzen in der EU werden rund 26.000 von Deutschland gestellt. Damit ist Deutschland bereits heute absoluter Spitzenreiter in der EU. Darauf dürfen wir uns aber nicht ausruhen, sondern müssen meines Erachtens weitere Flüchtlinge aufnehmen. Wie schwierig die Lage allerdings ist, hat das Treffen der europäischen Innenminister Anfang Juli in Mailand deutlich gemacht.

Neben der Aufnahme von Flüchtlingen beteiligt sich Deutschland auch finanziell an der Bewältigung des Dramas in Syrien. Seit 2012 hat Deutschland knapp 550 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Davon entfallen 290 Millionen Euro auf humanitäre Hilfe. In den letzten Haushaltsberatungen 2014 hat sich die SPD erfolgreich dafür eingesetzt, dass gegenüber dem Soll von 2013 dem Auswärtigen Amt zusätzlich 116 Millionen Euro für humanitäre Hilfe zur Verfügung stehen.

Anbei schicke ich Ihnen auch die Links zu meinen Reden, die ich im Deutschen Bundestag zum Thema Syrien gehalten habe.

Mit freundlichen Grüßen,

Niels Annen, MdB

Links:
Hilfe für die Flüchtlinge aus Syrien – Unterstützung für die Nachbarstaaten ( http://www.bundestag.de/mediathek/?isLinkCallPlenar=1&action=search&contentArea=details&ids=3390801&instance=m187&categorie=Plenarsitzung&destination=search&mask=search )

Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an UNIFIL ( http://www.bundestag.de/mediathek/?isLinkCallPlenar=1&action=search&contentArea=details&ids=3492722&instance=m187&categorie=Plenarsitzung&destination=search&mask=search )

Bedrohung der regionalen Stabilität durch das Vorgehen der ISIS-Truppen ( http://www.bundestag.de/mediathek/?isLinkCallPlenar=1&action=search&contentArea=details&ids=3591064&instance=m187&categorie=Plenarsitzung&destination=search&mask=search )

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