Frage an Niels Annen von Philip G. bezüglich Jugend
Sehr geehrter Niels Annen.
Genitalverstümmelung steht in Deutschland unter Strafe. Experten gehen dennoch in Deutschland von einer hohen Dunkelziffer aus: https://www.welt.de/politik/deutschland/article174757654/Vaginale-Beschneidung-Maedchen-zum-Verstuemmeln-in-die-Ferien-geschickt.html
Was wird Ihre Fraktion unternehmen diese bestialische Praxis zu beenden?
Gibt es dazu schon konkrete Ideen?
Vielen Dank für Ihre Antwort,
mit vielen Grüßen,
Philip Gruen
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Frage zu diesem sehr wichtigen Thema. Auch ich bin über die Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung erschüttert und setze mich gemeinsam mit meiner Fraktion gegen diese Menschenrechtsverletzung ein.
Weltweit leiden etwa 200 Millionen Mädchen und Frauen unter grauenhaften Verstümmelungen, die ihre Gesundheit ruinieren, ihre Sexualität einschränken und ihnen lebenslange Schmerzen bereiten – aufgrund von Tradition und patriarchalischen Machtverhältnissen.
Um diese Traditionen aufzubrechen und die Gefahren für die Frauen deutlich zu machen, muss vielschichtig vorgegangen werden. Aufklärung und Gesetze zum Schutz der Mädchen und Frauen müssen wir unterstützen werden. Patriarchale Denkmuster und Traditionen, die sich über die weibliche Sexualität stellen, müssen langfristig aufgebrochen werden. Nur wer bereit ist, das Tabu zu benennen, kann es auch aufbrechen.
Wir stehen auch in Europa in der Verantwortung, das Thema immer wieder zu benennen und die Schutzmechanismen in unseren Ländern zu unterstützen und zu finanzieren. Hierfür ist die kraftvolle Umsetzung der Istanbul-Konvention eine Chance.
Exzisionen und Infibulationen ohne medizinische Gründe stellen eine Menschenrechtsverletzung dar, die durch kulturelle oder religiöse Traditionen nicht entschuldigt werden kann. Aktuellen Angaben zufolge sind weltweit mehr als 150 Millionen Frauen und Mädchen von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen. Jahr für Jahr werden offiziell etwa drei Millionen Mädchen Opfer dieser Praktik – das sind 8.000 Mädchen und Frauen täglich. Tatsächlich dürften es jedoch eher doppelt so viele sein.
Die meisten Mädchen sind zwischen 6 und 15 Jahre alt, wenn der erzwungene Eingriff unter katastrophalen medizinischen Bedingungen durchgeführt wird. Die WHO schätzt, dass bis zu 25 Prozent der Betroffenen an den unmittelbaren und langfristigen Folgen sterben. Die grausame Praxis ist jedoch weit mehr als ein gesundheitliches Problem; sie ist als Tradition oftmals tief in den betroffenen Gesellschaften verankert und Ausdruck einer generellen Ungleichbehandlung von Frauen und Mädchen. Gesetzesänderungen stoppen Genitalverstümmelung alleine oft nicht, da sie im privaten Bereich geschehen. Patriarchalische Denk- und Gesellschaftsstrukturen müssen verändert werden, denn Genitalverstümmelung ist der Versuch einer patriarchalen Kontrolle der weiblichen Sexualität.
Die grausame Praxis findet auch direkt vor unserer Haustür statt. Über 500.000 Mädchen und Frauen, die in den Ländern der EU leben – davon mehr als 50.000 in Deutschland – sind bereits Opfer einer Genitalverstümmelung geworden. Genitalverstümmelung ist in Deutschland ein eigener Straftatbestand, aber wir müssen mehr in die Prävention und die Opferhilfe investieren. Wir müssen zudem neue Wege beschreiten, indem wir auch mit religiösen Autoritäten zusammenarbeiten. Eine Fatwa in Mauretanien zum Beispiel hat die Genitalverstümmelung als unislamisch gebrandmarkt und verboten. Dieses Gutachten islamischer Rechtsgelehrter muss auch in Deutschland verbreitet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Niels Annen