Frage an Peter Liese bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Peter Liese
CDU
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Frage von Frank B. •

Frage an Peter Liese von Frank B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Dr. Liese,

Erklären Sie mir doch bitte, wofür das C in Ihrer Partei steht.
Ich habe ernsthafte Probleme das C mit Christlich in Verbindung zu bringen.
Ich lese wöchentlich Meldungen über die Eröffnung oder Bau einer neuen Moschee in Deutschland und Europa. In deutschen Städten geschieht das Vielfach mit der Einwilligung, bzw. wie in Köln mit der Unterstützung der CDU.
Wenn nun die CDU die christlichen Werte nicht vertritt; warum hat sie dann noch eine Existenzberechtigung?

Fatal finde ich die Weggucktaktik der CDU. In der Türkei werden über die Weihnachtsfeiertage friedlich lebende Aramäer vertreiben. http://www.welt.de/welt_print/article2901096/Die-Tuerkei-will-ihre-letzten-Aramaeer-vertreiben.html#reqNL Von der CDU hört man nicht ein einziges Wort über diese Ungerechtigkeit. Sie sitzen doch im Ausschuss für auswertige Angelegenheiten. Ist das dann nicht genau Ihr Bereich?
Warum setzt sich die CDU nicht für christliche Werte ein?
Warum sind Ihnen die Christen derart egal?
Wann werden Sie, Herr Dr. Liese sich endlich für christliche Werte einsetzen?

In der Hoffnung, dass Sie das C in Ihrer Partei wieder finden, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen.

Frank Borgmann

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Borgmann,

vielen Dank für Ihre Email vom 22. Dezember 2008, die mich über die Internetplattform abgeordnetenwatch.de erreichte. Sie sprechen darin die Frage an, wofür das C in der CDU steht. Sie stellen die Frage, warum in Deutschland die Eröffnung und der Bau von Moscheen mit Unterstützung der CDU passiert. Darüber hinaus schreiben Sie von eine Weggucktaktik der CDU beim Thema Aramäer.

Für mich persönlich, und ich glaube für die große Mehrheit der Mandatsträger der CDU bedeutet das C im Parteinahmen sehr viel. Ich versuche auf der Basis des christlichen Menschenbildes Politik zu machen und dies hat Auswirkungen in fast allen Politikfeldern. Dazu später mehr. Zunächst möchte ich auf zwei von Ihnen genannten konkreten Fragen eingehen.

Die Verantwortung vor Gott und den Menschen ist in der Präambel des Grundgesetzes festgeschrieben, aber genauso ist im Grundgesetz die Religionsfreiheit festgeschrieben. Ich glaube, es wäre falsch verstandene christliche Politik, wenn wir der Religionsfreiheit für Christen in allen Ländern, z.B. in islamisch beherrschten Ländern, fordern und gleichzeitig Religionsfreiheit für die in Deutschland lebenden Moslems verweigern würden. Gerade selbstbewusste Christen können mit gemäßigten Moslems gut zusammenarbeiten, da wir trotz aller Unterschiede auch viele gemeinsame Werte haben. Ich ziehe einen gemäßigten Moslem einem militanten Atheisten vor. Die vom Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit ist aber nicht Schrankenlos. Die Religionsfreiheit findet ihre Grenze in den konkurrierenden Grund- und Menschenrechten andere Menschen, die durch die Ausübung religiöser Praktiken und Überzeugungen ihre Grundfreiheiten verletzt sehen. Der Staat hat heute die Aufgabe, die konkurrierenden Grundrechte zu sichern und zu einem Ausgleich zu bringen. Daher können fundamentalistische oder gewalttätige Strömungen in Deutschland nicht toleriert werden und müssen mit allen Mitteln des Rechtstaates bekämpft werden.

Die gleichen Rechte, wie Sie für alle Glaubensgruppen in Deutschland garantiert werden, fordere ich für Christen in der ganzen Welt ein. In Ihrem Schreiben haben Sie als ein konkretes Beispiel die Situation der Aramäer in der Türkei genannt. Lassen Sie mich darauf konkret antworten:

Die Europäische Kommission legt regelmäßig so genannte Fortschrittsberichte zur Lage der Türkei vor. Diese Fortschrittsberichte haben uns ebenso regelmäßig die ungenügende Gewährleistung von Menschenrechten und Religionsfreiheit in der Türkei aufgezeigt. Aus diesem Grund habe ich schon sehr frühzeitig die Aussetzung der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei gefordert (Vgl.: http://www.peter-liese.de/cms/front_content.php?idcat=81&idart=445 ). Diese Position vertrete ich weiterhin, da ich diesbezüglich keinerlei Fortschritte in der Türkei feststellen konnte.

Auch die CDU/CSU auf Bundesebene vertritt diese Position. Durch von der Schröder-Regierung zu verantwortende internationale Verpflichtungen und durch die Koalition in Berlin, ist die Situation leider nicht so einfach. Umso mehr sind wir als CDU/CSU-Abgeordnete im Europäischen Parlament dabei die Argumente gegen eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union immer wieder vorzutragen. Wir kämpfen im Europäischen Parlament für eine Mehrheit gegen die Vollmitgliedschaft der Türkei und das Ergebnis der nächsten Europawahl wird auf diese Frage sicher einen großem Einfluss haben, da ohne die Zustimmung des Europäischen Parlaments kein Beitritt stattfinden kann.

Lassen Sie mich auf die weltweite Situation der Christen eingehen. Mehr als 200 Millionen der rund 2,2 Milliarden Christen sind 2008 von Verfolgung und Diskriminierung betroffen, wie die katholische Menschenrechtsorganisation "Kirche in Not" in einem aktuellen Bericht bilanziert. Keine andere Religionsgemeinschaft wird härter und grausamer verfolgt als die christliche, mehr als 90 Prozent der aus religiösen Gründen Ermordeten und Verfolgten sind Christen. Diese Zahlen sind erschreckend und verdeutlicht mir, dass wir nicht nur die Rechte von Christen vor unserer Haustür einfordern müssen, sondern ebenso global. Dies wird eine der wesentliche Aufgaben in den kommenden Jahren sein, um die Situation der Christen weltweit, Schritt für Schritt zu verbessern. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion und die CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament setzen sich engagiert für die Rechte der Christen auf der ganzen Welt ein, hervorzuheben ist insbesondere, dass Engagement unseres Parlamentspräsidenten Hans-Gert Pöttering erwähnen, der bei seinen internationalen Kontakten immer wieder ohne falsche Diplomatie für die Rechte der Christen eintritt.

Nun möchte ich noch etwas umfassender zu der Frage Stellung nehmen, wofür das C im Parteinahmen der CDU steht. Die CDU ist nach dem zweiten Weltkrieg teilweise aus der Zentrumspartei der Weimarer Republik hervor gegangen. Die Zentrumspartei war eine rein katholische Partei. Dies wurde mehr und mehr zum Ärgernis für Christen, die über Konfessionsgrenzen hinweg, politische Entscheidungen gestalten wollten. Daher hat man die CDU und in Bayern die CSU gegründet, um Christen von beiderlei Konfessionen zusammen zu führen. Auch wenn in den 60 Jahren vieles passiert ist, so bin ich trotzdem davon überzeugt, dass die Mehrheit der Amts- und Mandatsträger der CDU das C nicht als lästiges Beiwerk oder als unbedeutend ansehen, sondern als ein Kern unserer Politik.

Meine Partei und ich begreifen Europa nicht nur als eine Wirtschafts-, sondern vor allem auch als eine Wertegemeinschaft. Wir Europäer haben seit vielen Jahrhunderten gemeinsame Wurzeln. In Geschichte, Kultur, Religion, Tradition und Werteverständnis sind wir in vielfältiger Hinsicht miteinander verbunden. Bei allen Konflikten und Krisen, die unser Kontinent erleiden musste, sind diese Grundlagen unser einigendes Band.

Die CDU strebt ein Europa an, das über sein gemeinsames europäisches Erbe und die gemeinsame kulturelle Tradition vereint ist. Fundament dieser Gemeinsamkeit sind das Christentum, die Antike und die Aufklärung. Freiheit, Demokratie und Achtung der Menschenrechte, der Parlamentarismus, die Tradition des dem Prinzip der Subsidiarität verpflichteten Sozialstaates sowie die Ökologische und Soziale Marktwirtschaft haben sich erfolgreich daraus entwickelt.

Für mich persönlich ist ein besonders wichtiges Thema, der Schutz des menschlichen Lebens und der Menschenwürde, von der Befruchtung bis zum natürlichen Tod, deswegen habe ich mich beispielsweise erfolgreich gegen die Patentierung von Technologien eingesetzt, bei denen menschliche Embryonen zerstört werden. Diese Technologien sind in ganz Europa nicht patentierbar, weil Christdemokraten im Europäischen Parlament entsprechende Anträge gestellt haben und dafür Mehrheiten erzielt haben. Auch setzen wir uns für die Förderung von Palliativmedizin als Alternative zur Tötung auf Verlangen (Euthanasie) ein. Das 7. Forschungsrahmenprogramm fördert deshalb Projekte um sterbenskranken Menschen in ganz Europa zu helfen, und zwar nicht durch die ethisch unakzeptable Euthanasie, sondern durch bessere Schmerztherapie und andere moderne Entwicklungen.

Ich hoffe Ihnen mit meinen Ausführungen geholfen zu haben und stehe für Rückfragen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Peter Liese, MdEP

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