Frage an Petra Sitte bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

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Petra Sitte
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Frage von Uta K. •

Frage an Petra Sitte von Uta K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrte Frau Dr. Petra Sitte,
mein Sohn hat letztes Jahr eine Ausbildung an einer Privatschule begonnen,bei welcher Schulgeld aufgebracht werden muss.Um dieses Schulgeld begleichen zu können,bezieht er BAföG.Leider ist er ALG II-Empfänger und somit benachteiligt,da das BAföG laut Sozialgesetz auf das ALG II angerechnet werden muss.Da er dies aber nicht zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes bezieht,haben wir im August 2008 einen Beschluss am Sozialgericht Halle erwirkt,in welchem der ARGE SGB II Halle GmbH diese Anrechnung untersagt wurde.Leider mussten wir feststellen,das selbst ein rechtsgültiger Beschluss nicht von Bedeutung ist und uns nur der erneute Klageweg am Sozialgericht übrig bleibt.Dies ist für mich lediglich eine Verschwendung von Steuergeldern und unterstreicht die Einstufung von ALG II-Empfängern als Menschen 3. und 4.Klasse.Leider ist dies kein Einzelfall und es stellt sich die Frage,wie die Bildungsmoral und die Einstellung zu Schule und Ausbildung verändert werden kann,wenn Seitens der Politik und der Gesetzeslage nichts geändert wird.
Was sind Sie bereit dafür zu unternehmen,das dies keine "Einzelfälle" mehr bleiben?
Ich bedanke mich im Voraus für Ihr Bemühen um eine Antwort

Uta Kuklok

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Kuklok,

es ist eine der wichtigsten Aufgaben der Politik, allen jungen Menschen eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Hierzu gehört natürlich auch, dass Menschen, die auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind, jede Unterstützung erfahren, die sie hierfür brauchen. Es kann nicht sein, dass diese Menschen Nachteile erfahren, weil sie eine Ausbildung aufnehmen. Ich kann Ihre Kritik an der Praxis einiger ARGEn bzw. Jobcenter, das BAföG voll auf Arbeitslosengeld II anzurechnen, daher nur unterstützen.

Sie sind mit Ihrer Kritik nicht allein. Um auf das Problem Ihres Sohnes - und vieler anderer Menschen - aufmerksam zu machen und von der Bundesregierung hierzu eine Stellungnahme zu erhalten, habe ich gemeinsam mit KollegInnen in meiner Fraktion zu diesem Thema eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung eingereicht. Die Antworten können Sie im Internet nachlesen unter:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/086/1608645.pdf

Die Bundesregierung bestätigt in ihrer Antwort unsere Auffassung, dass der Teil der Ausbildungsförderung, mit dem Ausbildungskosten abgedeckt werden, nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet werden darf. Die Bundesregierung spricht sich allerdings dagegen aus, hierbei auch Schulgebühren zu berücksichtigen, sondern geht stattdessen davon aus, dass das Angebot an gebührenfreien Ausbildungsstätten ausreichend sei. Dem Auszubildenden sei außerdem auch zumutbar, dass er den Wohnort wechselt, um an einem anderen Ort eine gebührenfreie Ausbildung zu absolvieren.

Aus Sicht der LINKEN muss es das Ziel sein, dass alle SchulabgängerInnen an ihrem Wohnort eine gebührenfreie Ausbildung absolvieren können. Solange dies nicht gewährleistet ist, dürfen den jungen Menschen keine Nachteile entstehen, wenn sie ihre Ausbildung an einer Privatschule aufnehmen und hierfür Schulgebühren zahlen müssen. Auch der Petitionsausschuss des Bundestages hat der Bundesregierung empfohlen, BAföG-Leistungen nicht auf das Arbeitslosengeld II anzurechnen, sofern entsprechende Ausbildungsgebühren gezahlt werden (Pet 4-16-11-81503-002423). Leider ist die Bundesregierung dieser Empfehlung nicht gefolgt. Beim Bundessozialgericht ist außerdem ein Verfahren zu dieser Frage anhängig (Az. B 14 AS 61/07 R), dessen Ausgang ich mit Interesse erwarte.

Ich werde mich gemeinsam mit meiner Fraktion weiter dafür einsetzen, dass hier eine Änderung erfolgt. Denn gerade diejenigen, die schwierige Startchancen haben, brauchen in der Ausbildung die beste Unterstützung durch die öffentliche Hand.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Petra Sitte

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