Frage an Petra Sitte bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Petra Sitte
DIE LINKE
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Frage von Steffen J. •

Frage an Petra Sitte von Steffen J. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Sitte,

die Partei die Linke hat eine sehr eingefahrene Position beim Thema Bundeswehr und Auslandseinsatz. Dies kann ich noch verstehen. Warum aber tragen viele Abgeordnete die Gelbe Schleife um Verbundenheit zu demonstrieren aber soweit mir bekannt keiner der Linken. Muss eine Demokratie nicht auch so etwas aushalten, dass man gegen etwas ist aber mit den Menschen(Soldaten). Wir sind im Ausland weil der Bundestag uns als Parlamentsarmee dort hinschickt und ich denke, dass es sich so gehört das den Soldaten dann auch die Anerkennung entgegengebracht wird die Sie verdienen. Ich denke, dass die Frage bei ihnen gut aufgehoben ist, da Floria Pauli ein gefallener Soldat aus Halle ihrer Stadt ist. Wie stehen Sie und die Linke zu ihren Soldaten?

Mit freundlichen Grüßen

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Janik,

vielen Dank für Ihre Frage, ich habe, bevor ich Ihnen nun antworte, länger darüber nachgedacht, wie ich Ihnen so antworten könnte, dass meine Überlegungen für Sie verständlich bzw. nachvollziehbar werden.

Ihr Frage hat auch in unseren Diskussionen bis in die Fraktionssitzungen hinein eine Rolle gespielt.

Für mich war und bleibt es eine sehr persönliche und insofern auch souveräne Entscheidung, ob man bei der Bundeswehr dient oder nicht. Ich gehe davon aus, dass auch Sie sich mit Freunden, mit der Familie und gegenüber anderen über Ihre Entscheidungsmotive pro Bundeswehr unterhalten. Vielleicht hat nicht jeder oder jede Verständnis dafür aufbringen können. Mag sein. Aber diese Entscheidung ist zu respektieren und kann überhaupt keinen Einfluss darauf haben, sich Ihrer Interessen und Rechte, Ihrer Probleme und Auffassungen mit dem gleichen Ernst, Respekt und Sorgfalt anzunehmen, wie wir das auch für andere Menschen versuchen. So haben wir es dann auch in der Politik umgesetzt.

Wir haben Gespräche mit Bundeswehrangehörigen geführt, wir haben Vertreter und Vertreterinnen ihrer Interessenverbände getroffen. Wir haben Dienst- und Einsatzorte besucht und konstruktiv mit dem Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages zusammengearbeitet. Die Probleme reichen von ganz alltäglichen Fragen über die Anhebung des Soldes und Ausbildungsfragen bis zu gravierenden unter anderem auch gesundheitliche Folgen nach Auslandseinsätzen der Bundeswehr.

Und auch hier gilt. Wir haben zwar gegen diese Auslandseinsätze im Bundestag gestimmt, weil wir in diesen Einsätzen keine Lösung für die jeweiligen Konflikte sehen. Aber die Menschen, die vom Parlament an die verschiedensten Orte der Welt geschickt wurden bzw. werden, haben aus unserer Sicht ein Recht darauf, dass wir uns um ihre Belange, d.h. auch um Einsatzbedingungen kümmern. Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, wie man den Tod von Kameraden verkraftet und wie man verarbeiten kann, dass man im Einsatz selbst den Tod anderer Menschen mit verantworten muss. Aus unseren Gesprächen wissen wir, wie Lebens prägend diese Erlebnisse und Erfahrungen sein können. Umso mehr haben wir auch diese Perspektive in unseren Vorschlägen mit zu denken. Und das haben wir auch getan – nicht weil wir es mussten, sondern weil wir es wollten. Mitmenschlichkeit und Solidarität gelten uns als Werte, die ,wie Menschenrechte überhaupt, universal menschliche Gemeinschaften und demzufolge auch Gesellschaften prägen sollten.

Wir haben verschiedenste Initiativen zur Verbesserung der Lage von Bundeswehrangehörigen entweder unterstützt oder auch selbst in den Bundestag eingebracht. Zu nennen seien hier beispielsweise unsere Anträge zur Verbesserung der Versorgung bei besonderen Auslandsverwendungen ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/074/1707499.pdf ), zum Ausbau von Behandlungs- und Betreuungsangeboten für traumatisierte Soldatinnen und Soldaten, zivile Kräfte und Angehörige ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/063/1706342.pdf ) und unseren Antrag für eine kostenfreie und umfassende Betreuungskommunikation im Einsatz ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/087/1708795.pdf ).

Ich finde, dass sich aktive Solidarität und Respekt vor allem im Handeln ausdrückt. Zwar gibt es ganz sicher auch Momente, in denen auch Symbolik wichtig wird und gezeigt werden sollte. Aber mit dem ständigen Tragen von Symbolen und dazu gehören auch die gelben Schleifen, die ich bei KollegInnen anderer Fraktionen im Bundestag bereits gesehen habe, tue ich mich schwer. Ganz abgesehen davon, dass der Bundestag zu wenig unternommen hat, um auf Interessen und Bedürfnisse von Bundeswehrangehörigen angemessen zu einzugehen, habe ich in meinem Leben und gerade auch in der Politik bereits zu viele Symbole gesehen, um nicht zu wissen, dass Symbole sehr wohl auch im Konflikt zu daraus abgeleiteten Ansprüchen und Erwartungen standen bzw. stehen können.

Insofern gehe ich überaus sparsam mit Symbolen und symbolischen Handlungen um. Das mögen andere entspannter sehen. Für mich ist es die Form, die mir und meiner Art Politik zu gestalten entspricht.

Ich hoffe, Sie können diese Haltung nachvollziehen. Sollten Sie es anders sehen, lassen Sie es mich ruhig wissen. Ich wünsche Ihnen alles Gute, erst recht nachdem das Neue Jahr gerade seine ersten Schritte geht.

Mit interessierte Grüßen,
Petra Sitte.

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