Frage an Petra Sitte bezüglich Gesundheit

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Petra Sitte
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Frage von Stefan H. •

Frage an Petra Sitte von Stefan H. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Sitte,

mit ziemlichem Unwohl verfolge ich die Diskussion um verpflichtende Impfungen. Es werden hier tragische Einzelbeispiele angeführt, um zu zeigen dass vielleicht einige wenige Meschenleben gerettet werden könnten. Allerdings steht dem gegenüber, dass nicht mehr ich die Körperverletzung, die das Einstechen mit einer Spritze nun mal ist, erlauben kann, sondern dass diese staatlich verordnet wird. Zumal die Pharma- und Medizinindustrie allen Anlass bietet, skeptisch gegenüber deren wissenschaftlichen Praktiken zu sein (z.B. Versuche in der ehemaligen DDR).

Wie stehen Sie dazu, Tempo 30 innerhalb aller Ortschaften und eine technische Abregelung aller Autos über das Navigationssystem einzuführen, so dass man nicht mehr schneller fahren kann?
Damit könnten hunderte Leben jedes Jahr gerettet werden und nicht nur evtl. 2 in 10 Jahren wie durch eine verpflichtende Masernimpfung. Für die Beantwortung dieser Frage wäre ich sehr dankbar.

Mit freundlichen Grüssen
Stefan Horender

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Sehr geehrter Herr Horender,

vielen Dank für Ihre Frage, mit der Sie ein wichtiges Problem ansprechen: Wie weit dürfen staatliche Vorgaben die individuellen Entscheidungen über den Umgang mit dem eigenen Körper und der eigenen Gesundheit regulieren?
Die beiden von Ihnen angesprochenen Beispiele haben allerdings gemeinsam, dass es sich mitnichten um rein individuelle Fragen des Lebensstils handelt: Wer mit überhöhter Geschwindigkeit durch Wohngebiete rast, gefährdet das Recht auf Unversehrtheit seiner Mitmenschen. Zum Wohle aller gibt es deshalb Geschwindigkeitsbegrenzungen. Ähnlich verhält es sich im Fall der Masernimpfung, denn jede Nicht-Impfung gefährdet die sogenannte Herdenimmunität, die z.B. auch eine Erkrankung von Kleinkindern verhindern würde, die noch nicht geimpft wurden.
Laut WHO hätten die Masern bis 2010 in Westeuropa ausgerottet werden können. Allein im ersten Halbjahr 2013 wurden jedoch über 900 Fälle in Deutschland registriert, weltweit gibt es laut WHO jährlich mehr als 500.000 Erkrankungen, die nicht selten mit Lungenentzündungen, Enzephalitis oder Meningitis einher gehen.
Die Pocken wurden bereits durch umfassende Impfkampagnen "besiegt" und auch im Kampf gegen die Kinderlähmung wurden weltweit große Fortschritte erzielt. Beim Kampf gegen die Masern - die potenziell tödlich, in jedem Falle aber sehr unangenehm und sehr ansteckend sind - werden wir auf massenhafte Impfungen nicht verzichten können. An erster Stelle sollte hierbei nicht über Impfzwänge, sondern über intensivierte Aufklärungskampagnen gesprochen werden, die sowohl den individuellen Schutz vor einer Erkrankung als auch das gesellschaftliche Ziel der Ausrottung der Masern transportieren. Denn wenn dieses Ziel erreicht ist, haben künftige Generationen die Masernschutzimpfung gar nicht mehr nötig.

Mit freundlichen Grüßen,
Petra Sitte

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