Frage an Ralf Matheis von Oliver W. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Matheis,
wie viele Studien (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, PISA, LIFE...) mittlerweile belegt haben besteht in Deutschland eine starke Abhängigkeit des Bildungserfolgs von sozialer Herkunft.
Hierzu würde mich Ihre Meinung interessieren:
Halten Sie Kinder aus sog. Arbeiterfamilien generell für weniger intelligent als Kinder aus sog. Bildungsschichten?
Und wenn nicht, halten Sie diese Abhängigkeit überhaupt für änderungswürdig, z.B weil sie ungerecht ist und eine Verschwendung on Potential darstellt?
Und wenn ja, wodurch sehen Sie diese Abhängigkeit in erster Linie verursacht und welche Möglichkeiten der Änderung seitens der Politik würden Sie persönlich für wünschenswert und machbar halten?
Halten Sie es für richtig, dass die "Kulturhoheit" in Deutschland auf 16 Bundesländer verteilt ist?
Für die Beantwortung meiner zahlreichen Fragen bedanke ich mich vorab und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Oliver Warda
Sehr geehrter Herr Warda,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Ich bin zwar nicht sehr tief in diesem Thema, aber das wird mich nicht davon abhalten, mir trotzdem eine Meinung dazu zu leisten.
Ich sehe natürlich keinen Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft von Menschen und ihren generellen intellektuellen Fähigkeiten. Von dieser Annahme ausgehend, finde ich es in der Tat ungerecht, unwirtschaftlich und undemokratisch, daß es Kindern aus weniger finanzstarken Elternhäusern offenbar schwerer gemacht wird, ihren Bildungsweg erfolgreich zu Ende zu gehen. Wodurch diese Abhängigkeit in erster Linie verursacht, möchte ich nicht beurteilen. Allerdings bin ich schon der Meinung, daß eine Hauptursache die finanzielle „Ausstattung“ ist.
Aus eigener Beobachtung darf ich behaupten, daß z.B. der Erfolg im Studium auch mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu tun haben kann. Wer z.B. neben dem Studium noch arbeiten muß, hat einfach weniger Aussicht auf einen erfolgreichen Abschluß. Nicht nur hier könnte die Politik lindernd wirken, indem sie zum einen dafür sorgt, daß die Kosten der Bildung von der Gemeinschaft - auch und gerade von den „Starken“ - und nicht vom Einzelnen getragen werden (z.B. Abschaffung von Studiengebühren) und zum anderen, daß Kinder und Jugendliche aus weniger finanzkräftigen Elternhäusern entsprechend finanziell gefördert werden.
Mich über das Bildungsthema auszulassen, bereitet mir etwas Unbehagen. denn es ist eines dieser Themen, das vor Wahlen in den Blickpunkt gezerrt und mit schönen Reden zugekleistert wird, um nach der Wahl wieder in der Versenkung zu verschwindet. Was zu tun ist, ist klar: wir müssen Geld in die Hand nehmen, um Qualität und Chancengleichheit zu gewährleisten. Das werden in diesen Wochen vermutlich nur wenige bestreiten und ich blase hier in ein schön tönendes Horn. Wofür der Staat, also wir, dann tatsächlich Geld in die Hand nehmen – uns aus der Hand nehmen lassen -, lässt sich in den letzten Monaten gut beobachten. Ich befürchte an trüben Tagen, daß die Bildungspolitik unter dem großen Manko leidet, daß sich ihr Erfolg nicht direkt auf die nächsten Wahlen auswirkt. Gute Bildungspolitik wirkt sich eben erst nach Jahren aus, schöne Reden mit etwas Glück schon heute. Ich bin etwas abgeschweift.
Komme ich zu Ihrer letzten Frage. Die Frage zur Kulturhoheit. Ich bin ein Freund des Föderalismus und auch der Kulturhoheit. Allerdings halte ich es auch für wünschenswert, daß bei den Themen Schule & Bildung eine einheitliche Linie verfolgt wird. Ein Schulabschluss sollte ein einheitliches Niveau garantieren, egal in welchem Bundesland er gemacht wurde. An dieser Stelle würde ich mich also einer bundeseinheitlichen Regelung nicht verweigern.
Ich hoffe, daß ich Ihre Fragen befriedigend beantworten konnte und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Ralf Matheis