Frage an Roderich Kiesewetter bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

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Roderich Kiesewetter
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Frage von Simon K. •

Frage an Roderich Kiesewetter von Simon K. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Sehr geehrter Herr Roderich Kiesewetter,

was halten Sie davon die Steuerpflicht an die Staatsangehörigkeit zu knüpfen?

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CDU

Sehr geehrter Herr Klanke,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Leider ist diese etwas kryptisch und ließe sich mit einem: gut oder schlecht beantworten. Ich nehme jedoch an, daß Sie an einer etwas ausführlicheren politischen Bewertung interessiert sind.

Die Steuerpflicht ist in der EU an den Wohnort geknüpft, an welchem nach jeweiligem Landesrecht entsprechende Steuern abzuführen sind. Ein beispielsweise in Polen lebender deutscher Staatsangehöriger zahlt nach den nationalen Steuergesetzen seine Abgaben an Polen. Ein in Deutschland lebender Pole, wird nach deutschen Steuerrecht behandelt und zahlt entsprechend Steuern an den deutschen Staat.

Darüber hinaus bedeutet die Tatsache, daß eine Person in einem "anderen" EU-Land lebt und arbeitet, nicht zwangsläufig, daß diese dort nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen diesem Land und dem Heimatland/Land Ihrer Staatsangehörigkeit Ihren steuerlichen Wohnsitz haben.

Wenn der EU-Bürger in einem anderen Land als ihrem/seinem Heimatland mehr als sechs Monate im Jahr lebt und arbeitet, gilt die Person in der Regel als dort steuerlich ansässig, und dieses Land kann jeweils das gesamte Einkommen besteuern – also sowohl das dort verdiente Gehalt als auch Einkünfte aus anderen Ländern, egal ob in der EU oder nicht. Bestehen jedoch starke familiäre und wirtschaftliche Bindungen zum Heimatland, kann die Person immer noch dort als steuerlich ansässig betrachtet werden, auch wenn sie sich weniger als 6 Monate im Jahr dort aufhält.

Wenn eine Person weniger als sechs Monate im Jahr in einem anderen EU-Land verbringt, bleibt der steuerlicher Wohnsitz normalerweise im Heimatland. In diesem Fall zahlen die Person in dem anderen Land wahrscheinlich nur Steuern auf ihr Gehalt und sonstige Einkünfte in diesem Land, und ihr Welteinkommen würde im Heimatland besteuert. (https://europa.eu/youreurope/citizens/work/taxes/double-taxation/faq/index_de.htm).

Ein anderes Modell herrscht beispielsweise in den USA vor - dort ist jede Amerikanerin und jeder Amerikaner in den USA weiterhin steuerpflichtig. Zunächst werden die anfallenden Steuern im Wohnland abgeführt und anschließend, sofern diese Steuerlast niedriger als in den USA ist, der Differenzbetrag an den amerikanischen Staat abgeführt.

Deutschland will mit seinem Steuerrecht sowohl die doppelte Besteuerung wie die doppelte Nichtbesteuerung von Personen und Unternehmen vermeiden. Jeder hat seinen fairen Anteil an Steuern zu zahlen - und zwar dort, wo er ansässig ist oder wo er seine wirtschaftliche Aktivität ausübt.

Doppelbesteuerungsabkommen verteilen Besteuerungsrechte zwischen den Staaten, d.h. sie lassen keinen Steueranspruch entstehen, sondern weisen bei bestehenden konkurrierenden Steueransprüchen zwischen verschiedenen Staaten das Besteuerungsrecht nur einem der beteiligten Staaten zu, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. (https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Internationales_Steuerrecht/Staatenbezogene_Informationen/doppelbesteuerungsabkommen.html)

Hauptargumente gegen eine Besteuerung nach Staatsangehörigkeit sind der unverhältnismäßige Verwaltungsaufwand und Defizite beim Steuervollzug. Der Verwaltungsaufwand ist in der Regel unverhältnismäßig, weil Deutschland die im Ausland (Ansässigkeitsstaat) gezahlte Steuer anrechnen müsste und sie dann häufig keinen zusätzlichen Steuerertrag ergäbe. Der Vollzug wäre in der Regel defizitär, weil Deutschland keinen administrativen Zugriff auf Personen außerhalb des eigenen Souveränitätsbereiches hat. Deutsche Staatsangehörige, die in ein Gebiet mit niedriger Besteuerung verziehen, unterliegen darüber hinaus unter bestimmten Voraussetzungen für einen Zeitraum von 10 Jahren einer erweitert beschränkten Steuerpflicht. Diese Steuerpflicht umfasst auch Einkünfte, die nicht aus inländischen Quellen stammen. Darüber hinaus ist es häufig nicht möglich, steuerlich bedeutsame Sachverhalte im Ausland umfassend und in angemessener Zeit aufzuklären und geschuldete Steuern im Ausland zwangsweise einzuziehen. So hat das Rechnungsprüfungsamt des US-Kongresses vor einigen Jahren festgestellt, dass maximal 40 % der im Ausland lebenden US-Bürger ihrer Steuererklärungspflicht nachkommen. Selbst die USA stoßen also trotz ihres weltweiten Einflusses auf Schwierigkeiten, die Besteuerung gegenüber im Ausland lebenden Staatsbürgern durchzusetzen.

Es ist deshalb in meinen Augen angebracht, die Steuerpflicht weiterhin am tatsächlichen Wohnort auszurichten. Innerhalb der EU könnte Ihre Frage überdies auch so beantwortet werden, daß die Steuerverpflichtung durchaus an die Staatszugehörigkeit geknüpft ist - innerhalb der EU sind schließlich alle StaatsbürgerInnen automatisch auch EU-Staatsbürger.

Herzliche Grüße

Ihr Roderich Kiesewetter

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