Wieso distanziert sich die AfD kaum vom Rechtsextremismus?

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Rüdiger Lucassen
AfD
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Frage von David H. •

Wieso distanziert sich die AfD kaum vom Rechtsextremismus?

Sehr geehrter Herr Lucassen,

ich kann mir nicht dieses Verhalten der Abgeordneten erklären, hier ist der Link: https://katapult-mv.de/artikel/76-prozent-rechtsextrem

Es ist zwar parteiisch u.a wegen dem Gendern, aber wenn es wahr sein sollte spielt es keine Rolle. Ich bin AfD-Wähler, aber wenn ich sowas lese bekomme ich Angst und weiß nicht wem man glauben soll. Zu dem verstehe ich nicht wieso fast alle AfD-Gründer die AfD verlassen haben und sich einige, wie zum Beispiel Bernd Lucke für eine Beobachtung des Verfassungsschutzes aussprechen, hier ist der Link: https://www.stern.de/politik/deutschland/afd-mitbegruender-bernd-lucke-fuer-ueberwachung-der-partei-8557816.html

Ich bedanke mich bei Ihnen für die Antwort, weil ich diese Frage für wichtig halte.
Mit freundlichen Grüßen
David H.

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AfD

Ich bedauere, dass Sie es so empfinden, dass sich die AfD zu wenig vom Rechtsextremismus distanziert. Denn das tun wir in unseren Aussagen, in unserer Programmatik und in unserer Parteiorganisation. Wir teilen nur nicht die Einschätzung linker Aktivisten, politischer Mitbewerber oder des Verfassungsschutzes, was der Begriff Extremismus eigentlich beschreibt. Denn leider werden Begriffe wie "extremistisch" heute inflationär im politischen Wettbewerb benutzt, um dem Gegner, in diesem Fall der AfD, zu schaden. Auch der Inlandsgeheimdienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, beschuldigt die AfD regelmäßig und immer heftiger des Extremismus (https://www.deutschlandfunk.de/afd-gesichert-verfassungsfeindlich-dlf-1e6a4e77-100.html).

Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist Teil der Exekutive, eine dem BMI untergeordnete Bundesoberbehörde, ihr Präsident Thomas Haldenwang ist ein politischer Beamter und damit weisungsgebunden. Haldenwang bekräftigt regelmäßig und öffentlichkeitswirksam seine "Einschätzung, dass innerhalb der Partei starke verfassungsfeindliche Strömungen bestehen, deren Einfluss weiter zunimmt." (https://www.tagesschau.de/inland/haldenwang-afd-verfassungsfeindlichkeit-europawahl-100.html). In einem Tagesschau-Interview sagte er wortwörtlich: "Nicht allein der Verfassungsschutz ist dafür zuständig, Umfragewerte der AfD zu senken." (https://www.tagesschau.de/inland/verfassungsschutz-haldenwang-102.html). 

Nun muss man wissen, dass die Aufgabe des Verfassungsschutzes, also des Inlandsgeheimdienstes, nach BVerfSchG  §3 nicht im öffentlichen Einordnen von Parteien oder im Abgeben von Wahlempfehlungen im Sinne eines "Demokratiewächters" liegt. Seine Aufgabe ist das Sammeln und Auswerten von Informationen über Bestrebungen gegen die FDGO. Ob eine Partei gegen diese agitiert, kann allein das BVerfG endgültig beurteilen (s. u.). Aus unserer Sicht überschreitet der Verfassungsschutz eindeutig seine Kompetenzen, er lässt sich politisch instrumentalisieren und greift in den freien Parteienwettbewerb ein (https://www.nzz.ch/meinung/afd-der-chef-des-verfassungsschutzes-faellt-aus-der-rolle-ld.1743669).

Früher war unter Verfassungsrechtlern, Politikwissenschaftlern und Politikern völlig klar, dass Extremist ist, wer organisiert und durch Einsatz von Gewalt die Freiheitlich-Demokratische Grundordnung abzuschaffen versucht. Für die FDGO konstitutiv sind dabei laut Bundesverfassungsgericht das Demokratieprinzip, das Rechtsstaatsprinzip und die Bindung staatlicher Gewalt an die Menschenwürde (Artikel 1 Grundgesetz). Nichts davon bekämpft die AfD, im Gegenteil: Wir wollen Gewaltenteilung stärken und mehr direkte Demokratie - etwa durch Volksabstimmungen.

Es wird vonseiten unserer politischer Gegner vor allem behauptet, die AfD verletze in ihrer Programmatik die Menschenwürde. Der Verfassungsschutz unterstellt uns, dass wir Bürger mit Migrationshintergrund als Bürger zweiter Klasse behandeln (https://www.welt.de/politik/deutschland/article250982986/AfD-und-Verfassungsschutz-streiten-vor-Gericht-ueber-Volksbegriff.html). Dabei haben wir bereits mehrfach in unserer Programmatik, in Äußerungen von Verantwortungsträgern oder in unserer parlamentarischen Arbeit klargestellt, dass für uns alle deutschen Staatsbürger rechtmäßiger Teil des deutschen Staatsvolkes sind und die gleichen Rechte besitzen (https://www.afd.de/staatsvolk/).

Dabei ist die Argumentation des Verfassungsschutzes einer Unrechtmäßigkeit der simplen Unterscheidung von "Volk" und "Staatsvolk" auch augenscheinlich falsch. Nicht das Grundgesetz schuf das deutsche Volk, sondern das deutsche Volk gab sich das Grundgesetz, wie es auch die Präambel des Grundgesetzes besagt. Außerdem ist das Selbstbestimmungsrecht der Völker Grundlage des Völkerrechts. Die UN-Erklärung von Mexiko City über Kulturpolitik 1982 bekräftigt außerdem das Recht „eines jeden Volkes, seine kulturelle Identität zu erhalten und zu schützen“.

Wir machen keinen Unterschied zwischen Staatsbürgern mit und ohne Migrationshintergrund. Aber gerade weil wir uns für eine deutsche Leitkultur und den Erhalt unserer Heimat einsetzen, möchten wir ein Einwanderungs- und Staatsbürgerschaftsrecht, das die Verleihung der Staatsbürgerschaft ans Ende des Integrationsprozesses stellt. Das bedeutet aber mitnichten eine Abwertung oder Verletzung der Menschenrechte von Ausländern oder Deutschen mit Migrationshintergrund.

Der Artikel (aus 2021), den Sie hier zitieren, ist keine neutrale Darstellung unserer Partei, sondern versucht anhand von teils tatsächlich inakzeptablen Äußerungen von Ex(!)-Parteimitgliedern, sinnentstellenden Zitaten und unterstellten Absichten und Wertungen Stimmung gegen die AfD zu machen. 

Unbestritten ist dabei auch, dass man mit mittlerweile 50.000 Mitgliedern leider nicht verhindern kann, wenn das ein oder andere schwarze Schaf dabei ist. Man würde die SPD aber auch nicht allein auf Sebastian Edathy (der übrigens immer noch SPD-Parteimitglied ist) reduzieren. Denn in solchen Fällen reagieren wir als Partei und verhängen Sanktionen bis hin zu Parteiausschlussverfahren.

Maßgeblich für eine Bewertung unserer Partei ist unsere Programmatik, sind unsere Inhalte. Und die sind eindeutig weder verfassungsfeindlich noch extremistisch. Das sieht man u. a. auch daran, dass die anderen Parteien mittlerweile unsere Forderungen übernehmen, etwa in der Migrations- und Asylpolitik (Grenzschutz, Abschiebungen, Asylverfahren außerhalb Europas usw.)

Wenn die anderen Parteien überzeugt davon wären, dass die AfD extremistisch und verfassungsfeindlich ist, dann würden sie nach Artikel 21 (4) GG ein Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht einleiten. Denn einzig unser oberstes Gericht darf letztlich darüber urteilen und nicht die Regierung, nicht der Verfassungsschutz, keine NGO, keine Zeitung, kein Aktivist, kein Journalist. Warum stellen unsere politischen Gegner also keinen Verbotsantrag, um diese Frage durch das BVerfG prüfen zu lassen und ein für alle mal zu klären? Weil sie wissen, dass die AfD nicht verfassungswidrig ist. Sie versuchen es stattdessen weiter mit der Diffamierung einer Oppositionspartei als "extremistisch".

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