Frage an Sabine Bätzing-Lichtenthäler von Anton M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Bätzing,
Ich habe ein paar Fragen an Sie, die Ihnen vielleicht etwas naiv vorkommen mögen. Wie glauben Sie kann eine Drogenprohibition funktionieren, die es nicht einmal schafft in Arealen maximaler staatlicher Überwachung, in den Justizvolllzugsanstalten, den Drogenhandel und -konsum zu unterbinden? Warum kauft die Weltgemeinschaft den Afghanen den Schlafmohn nicht zu fairen Preisen ab, um damit Medikamente herzustellen und Süchtige zu versorgen statt der organisierten Kriminalität eine unerschöpfliche Goldgrube zu überlassen? Glauben Sie dass der Krieg gegen Drogen noch zu gewinnen ist, wo die Fakten doch eine ganz eindeutige Sprache sprechen?: http://www.guardian.co.uk/drugs/Story/0,2763,1521501,00.html Inwiefern glauben Sie, dass Jugendliche sich von Gesetzen beeindrucken lassen, die offensichtlichst auf Doppelmoral gründen (Alkohol = Kulturgut, Cannabis = böses Rauschgift) ? Sind das die Botschafter gegen den Drogenkonsum?: http://www.spiegel.de/fotostrecke/0,5538,10147,00.html
Mit freundlichen
Grüßen A. Mayer
Sehr geehrter Herr Mayer,
der Gebrauch von Drogen ist ein komplexes Phänomen, das sich nicht auf die einfache ökonomische Formel geringerer Profit = geringere verkaufte Menge reduzieren lässt. Auch wenn die Reduzierung des Angebots ein Ziel der Drogen- und Suchtpolitik ist, gibt es noch das Ziel der Reduzierung der Nachfrage, die mindestens ebenso wichtig ist, um Gesundheitsgefahren durch den Suchtmittelkonsum zu vermindern. Die Drogen- und Suchtpolitik beruht daher auch auf vier Säulen: Prävention; Beratung, Behandlung und Rehabilitation; Überlebenshilfe und Schadensreduzierung sowie Repression und Angebotsreduzierung. Ich bezweifle, dass ein staatlicher Drogenhandel, wie Sie ihn vorschlagen, die durch den Drogengebrauch verursachten Gesundheitsprobleme vermindern würde. Auch würde Suchtkranken damit nicht geholfen, Ihre Krankheit zu überwinden. Im Gegenteil: Es wäre gesundheitspolitisch verantwortungslos, sie staatlicherseits mit Ihrem Suchtstoff zu versorgen und Ihnen keine Hilfsangebote zu machen.
Auch der afghanischen Bevölkerung wäre mit einem staatlichen Aufkauf der Mohnernte nicht geholfen. Ein weiterer Aufkäufer am Markt würde den Preis nur noch höher treiben.
Für die afghanische Bevölkerung kommt es darauf an, Alternativen zum Mohnanbau zu finden, die Ihnen trotzdem einen Lebensunterhalt sichern. Dies ist ein langwieriger Prozess, der voraussetzt, die Zivilgesellschaft in Afghanistan aufzubauen und Rechtssicherheit herzustellen. Hierin wird Afghanistan vielfältig unterstützt. Dieser Kampf um die Zivilgesellschaft in Afghanistan ist aus meiner Sicht noch lange nicht verloren.
Die in Ihrer letzten Frage vorgenommene Wertung kann ich nicht nachvollziehen. Weder Alkohol noch Cannabis sind an sich "gut" oder "böse". Ob sich aus ihrem Gebrauch eine Suchterkrankung entwickelt, hängt im Einzelfall von vielen Faktoren ab. Ich traue jedem Jugendlichen zu, selbst die Entscheidung über mögliche Risiken zu treffen. Das Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung im Fall des Cannabisbesitzes oder -handels gehört dazu.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Bätzing