Frage an Sabine Bätzing-Lichtenthäler von Denis R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Bätzing,
ich bin etwas überrascht, weil Sie meine Frage in Bezug auf eine Änderung des § 31 b im BtMG http://www.abgeordnetenwatch.de/sabine_baetzing-650-5812--f110889.html#frage110889 nicht so ganz befriedigend beantwortet haben.
Sicherlich haben Sie sich schon mehrmals hinsichtlich des Gebrauches von Cannabis hier in diesem Forum geäußert. Aber Sie haben meine Frage vielleicht nicht so ganz verstanden?
Leider kann ich den Entwurf hier in diesem Forum nicht vollständig zitieren (dafür reicht der "Zeilenplatz" einfach nicht aus).
Aber es wäre doch durchaus möglich, dass eine Gesetzesänderung hinsichtlich des Entwurfes des § 31 b BtMG durch die Bundesregierung befürwortet werden könnte? Schließlich verabschiedet die Bundesregierung ja ständig Gesetze.
Es gibt verschiedene wissenschaftliche Studien, die belegen, dass Cannabis durchaus als Medikament bei bestimmten Krankheiten eingesetzt wird. Ein Beispiel haben Sie ja schon genannt: das Dronabinol.
Wenn Dronabinol schon längst als Medikament eingesetzt wird, warum wird der Entwurf des § 31 b nicht in einer der nächsten Sitzungen angesprochen und bearbeitet?
Was muss ein "Normalbürger" wie ich tun, damit dieser Entwurf in den Regierungskreisen vorgeschlagen wird?
Gibt es überhaupt eine Möglichkeit oder gibt es sie nicht?
Ich bin mir sicher, dass Sie, als Drogenbauftragte, die Möglichkeit haben, eine Gesetzesänderung einzubringen. Oder täusche ich mich dahingehend so sehr?
Liebe Grüsse
Denis Reinhardt
Sehr geehrter Herr Reinhardt,
zu Ihrer Kernfrage, "wenn Dronabinol schon längst als Medikament eingesetzt wird, warum wird der Entwurf des § 31 b nicht in einer der nächsten Sitzungen angesprochen und bearbeitet?" verweise ich erneut in Ergänzung meiner Antworten im Abgeordnetenwatch auf die Lektüre der Antwort der Bundesregierung vom 13. November 2006 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die sich eingehend mit der "Verwendung von Cannabis zu therapeutischen Zwecken" beschäftigt (Bundestags-Drucksache 16/3393).
Der pharmazeutisch produzierte Wirkstoff Dronabinol ist ein verkehrsfähiges und verschreibungsfähiges Betäubungsmittel. Wie Sie richtig feststellen, liegen für dronabinolhaltige Arzneimittel Wirksamkeitsnachweise für spezifische Indikationen in Form klinischer Studien vor. Für eine Zulassung als Medikament erfolgte seitens der Hersteller von Dronabinol in Deutschland bisher keine Antragstellung. Bei Cannabis handelt es sich eine Pflanze, deren Exemplare den Wirkstoff THC in jeweils unterschiedlicher Konzentration enthalten. Cannabis ist nach wie vor ein nicht verschreibungsfähiges Betäubungsmittel, dessen therapeutischer Nutzen bis heute nicht hinreichend wissenschaftlich nachgewiesen ist. Es existieren zwar Hinweise auf eine Wirksamkeit bei neuropathischem Schmerz sowie Multipler Sklerose, die jedoch weiterer Bestätigung bedürften. Insbesondere fehlen Nachweise zur Wirksamkeit von Cannabispräparaten, die erforderlich wären, um z. B. einen Cannabis-Extrakt als Arzneimittel zulassen zu können. Eine Änderung des BtMG entspricht daher derzeit weder der Zielsetzung der Bundesregierung noch meiner persönlichen Intention.
Weiterhin teilen Sie mit, "ich bin mir sicher, dass Sie, als Drogenbeauftragte, die Möglichkeit haben, eine Gesetzesänderung einzubringen. Oder täusche ich mich dahingehend so sehr?"
Ich begrüße es, wenn sich die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes für politische Themen interessieren. Unser gesellschaftliches Zusammenleben wird im Wesentlichen durch Gesetze geregelt; sich für deren Zustandekommen zu interessieren, zeigt ein erfreuliches Interesse für die Wirkungsmechanismen unserer durch das Grundgesetz geschützten parlamentarischen Demokratie. Ich antworte Ihnen daher gern etwas ausführlicher:
Bundesgesetze werden vom Bundestag beschlossen (Art. 77 GG); die ihnen zugrunde liegenden "Gesetzesvorlagen werden beim Bundestage durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestages oder durch den Bundesrat eingebracht" (Art. 76 Abs. 1 GG). Ein von der Bundesregierung einzubringender Gesetzentwurf muss zuvor durch Entscheidung des Kabinetts beschlossen werden. Auch Gesetzentwürfe des Bundesrates müssen vor ihrer Einbringung in den Deutschen Bundestag durch den Bundesrat beschlossen werden. Ich selbst bin als Drogenbeauftragte der Bundesregierung weder Mitglied des Regierungskabinetts noch des Bundesrates, sondern als Abgeordnete durch Direktwahl in meinem Wahlkreis Mitglied des Deutschen Bundestages. Die Arbeit der Mitglieder des Deutschen Bundestages wird durch die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages geregelt. Danach ist ein gemäß Grundgesetz "aus der Mitte des Bundestages" einbebrachter Gesetzentwurf durch eine Fraktion dieses Bundestages oder aber durch Abgeordnete des Bundestages mindestens in Fraktionsstärke einzubringen. Als einzelne Abgeordnete könnte ich, auch als Drogenbeauftragte der Bundesregierung, somit entgegen Ihrer Annahme keinen Gesetzentwurf zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes einbringen.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Bätzing