Frage an Sabine Bätzing-Lichtenthäler von Jürgen S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Bätzing,
Folgend ein paar fragen an Sie bezüglich der aktuellen Drogenpolitik:
1. Weist pflanzliches Cannabis nach wissenschaftlichen Kriterien das gleiche gesundheitliche Gefährdungspotential wie Heroin/Diamorfin auf? Falls ja, warum wird Heroin-Substitution in Deutschland geduldet und gefördert, aber eine Vergabe von Cannabis an Schwerkranke nicht?
2. Liegen den politischen Entscheidungsträgern für den staatlich geduldeten und mit Steuern belegten Handel von Alkohol, Nikotin und abhängigkeitserzeugenden Medikamenten ebenfalls Positivzeugnisse im Sinne sogenannter Unbedenklichkeitsbescheinigungen vor?
3. Werden wegen Verstoßes gegen das BtM - Gesetz vorbestrafte Patienten mit ärztlicher Indikation auf Cannabis mit der nicht–medizinischen Begründung einer „Unzuverlässigkeit“ seitens des BfArM quasi zu Kranken zweiter Klasse erklärt und bis zum Versterben von palliativmedizinischer Betreuung ausgenommen, indem ihnen der aus ethisch-moralisch und karitativen Gründen unkomplizierte Zugang zum Therapiemittel ihrer Wahl unmöglich gemacht wird?
4. Verfügt das BfArM über hinreichende Verwaltungsvorschriften zur im Sinne der Patienten befriedigenden Lösung der Problematiken von medizinisch begründeter Cannabis-Bedürftigkeit und wo können diese zur Schaffung von Rechtssicherheit unter den Betroffenen eingesehen werden?
5. Verstößt die aktuelle Haltung der Bundesregierung und ihrer gesundheitspolitischen Entscheidungsträger zur medizinischen Verwendung von pflanzlichem Cannabis aufgrund der bis dato ergangenen deutschen Rechtsprechung gegen die Menschenrechts-Charta und gegen das Grundgesetz, Artikel 2 ?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
mit freundlichen Grüßen.
Jürgen Schwab
Sehr geehrter Herr Schwab,
da ich mich im Abgeordnetenwatch bereits hinreichend zum Thema der therapeutischen Verwendung von Cannabis geäußert habe, verzichte ich an dieser Stelle bei der Beantwortung Ihrer Fragen auf weitere Wiederholungen.
zu1) Cannabis weist ein sich von Heroin unterscheidendes gesundheitliches Gefährdungspotential auf. Bei Diamorphin handelt es sich um ein standardisiertes Heroin-Präparat, das im Rahmen eines bundesweiten Modellprojektes in sieben deutschen Kommunen zur Substitutionsbehandlung Heroin-Schwerstabhängiger eingesetzt wurde. Es handelt sich dabei um einen klar eingegrenzten Kreis von schwerstopiatabhängigen Patienten, die für eine Behandlung mit Diamorphin in Frage kommen. Im Rahmen einer international anerkannten Arzneimittelstudie wurde die Wirksamkeit für diese Zielgruppe nachgewiesen (mehr unter ). Eine solche Studie gibt es derzeit für Behandlungen mit Cannabis nicht.
zu2) Das Schädigungspotential jeglicher Suchtstoffe ist unbestritten. Selbst Medikamente mit wissenschaftlich nachgewiesenem therapeutischen Nutzen können bei missbräuchlicher Verwendung im Einzelfall statt zu nutzen auch Schaden verursachen.
zu3) Nein, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte teilt Kranke weder in solche erster und zweiter Klasse ein, noch verwehrt es Sterbenden eine aus palliativmedizinischer Sicht erforderliche Behandlung.
zu4) Ihre Frage zum Vorhandensein von Verwaltungsvorschriften bzw. der Möglichkeit einer Einsichtnahme in diese bitte ich im unmittelbaren Kontakt mit der betreffenden Behörde zu klären.
zu5) Ich bin nicht der Meinung, dass die aktuelle Haltung der Bundesregierung ... zur medizinischen Verwendung von Cannabis ... gegen die Menschenrechts-Charta und gegen Artikel 2 des Grundgesetzes verstößt.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Bätzing