Frage an Sabine Bätzing-Lichtenthäler bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Sabine Bätzing-Lichtenthäler
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Frage von Sebastian N. •

Frage an Sabine Bätzing-Lichtenthäler von Sebastian N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Ich möchte mit zwei Zitaten Ihrerseits beginnen:

"Ich meine aber auch, dass Mehrheiten falsch liegen können."

"Ich bin durchaus dafür, das System direkter Demokratie auszubauen. Dabei muss man aber sicherstellen, dass bestimmte unabänderliche Dinge eben auch durch Mehrheiten nicht verändert werden können."

Sabine Bätzing 22.05.2008

Nun stellen sich mir zwei für mich wichtige Fragen:

1. Eine Demokratie besteht aus der Meinung der Mehrheit (zumindest ist dies im Grundgedanken so angelegt). Auf welcher Grundlage argumentieren Sie in dem ersten Zitat? Wie kann man das als Diener des Volkes in dieser Weise behaupten?

2. In den vergangenen Jahren wurde des öfteren darüber Diskutiert (ohne das Volk) bestimmte Absätze des Grundgesetzes zu ändern, um bestimmte Dinge zu ermöglichen. Sollte das Grundgesetz abänderbar sein ohne das Volk zu befragen? Was sind Ihrer Meinung nach Dinge die "unabänderbar "sein sollten und wer sollte das entscheiden?

Mit freundlichem Gruß

Sebastian Neuber

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Sehr geehrter Herr Neuber,

vielen Dank für Ihre Fragen.

1.
Wir leben in einer parlamentarischen Demokratie. Der Wille des Volkes wird dort im Grundgedanken nicht durch eine Mehrheitsmeinung, sondern durch die Wahl parlamentarischer Vertreter, die für eine Meinung stehen, bestimmt.

Man mag eine andere Form der Demokratie für besser halten (diese Diskussion halte ich für legitim), aber so zu tun, als ob eine direkte Demokratie die einzig existierende Form der Demokratie wäre, würde deren Grundlagen unrichtigerweise einschränken.

Für die parlamentarische Demokratie gibt und gab es gute Gründe. Nicht umsonst haben sich fast alle größeren demokratischen Staaten für eine Form der repräsentativen Demokratie entschieden, nicht zuletzt deswegen, weil es schlichtweg unmöglich wäre, jede einzelne Gesetzesentscheidung per Volksabstimmung durch zu führen.

Auch der Gedanke, dass eine Mehrheitsmeinung keine richtige Meinung sein muss und Volksvertreter in der Lage sein sollten, durch Zeit und Arbeit eine Entscheidung besser treffen zu können, hat zur Entscheidung für eine parlamentarische Demokratie geführt.

Also noch einmal:
In der Bundesrepublik Deutschland ist vom Grundgesetz her nicht die Meinung der Mehrheit zu einer Sachfrage bestimmender Faktor unserer Demokratie.

2.
Hierzu kann ich mich ganz einfach äußern. Was unabänderlich ist, steht im Grundgesetz festgeschrieben:

Art 19 GG bestimmt:
*(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.*

Das heißt, der Gesetzgeber kann sehr wohl das Grundgesetz ändern, er kann aber nicht den Wesensgehalt der Grundrechte, also das, was ein Grundrecht ausmacht, antasten.

Natürlich könnte das Grundgesetz als ganzes erneuert werden. Ich vertrete aber die Auffassung, dass Werte, wie die Würde des Menschen oder das Recht auf körperliche Unversehrtheit unabhängig von einem Gesetz bestehen und demgegenüber auch gegenüber Mehrheiten Bestand haben.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Bätzing, MdB

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