Frage an Sabine Lösing bezüglich Gesundheit

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Sabine Lösing
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Frage von Carla K. •

Frage an Sabine Lösing von Carla K. bezüglich Gesundheit

Liebe Sabine Lösing,

beim "Nein" der Iren zum Lissabonvertrag letztes Jahr spielte eine große Rolle die Richtlinie zur Patientenmobilität, da die Iren fürchteten, dass Amerikaner und andere ihre Krankenhäuser aufkaufen würden.
Auch in Deutschland wird ja zumindest der Pflegebereich seit den 90er Jahren immer mehr kommerzialisiert. Hast Du vor, im Europaparlament etwas dagegen zu tun, und wenn ja, was? Im Programm stehen dazu eigentlich nur zwei Sachen: "Die bisher erkämpfte Herausnahme von Gesundheits- und Sozialdiensten aus der Dienstleistungsrichtlinie darf nicht wieder zurückgenommen werden." und: Wir (Linke) fordern "Zuständigkeit der Mitgliedstaaten bzw. ihrer regionalen und lokalen Untergliederungen für die Definition und den Zuschnitt der Dienstleistungen." Aber gegen die Patientenmobilitätsrichtlinie konntet Ihr bereits nichts machen, und ist es wirklich gesagt, dass die Mitgliedstaaten und Regionen und Kommunen weniger marktlüstern sind als Europa? Von der gegenwärtigen Bundesregierung kann man das m.E. nicht sagen, und die Kommunen und Regionen haben noch weniger Geld als die Zentralregierungen. Was ist Dein Plan, wie Du diese schwierige Problematik der Eigentumsverhältnisse im Gesundheits- und sozialen Sektor als EP-Abgeordnete wirklich angehen willst?
Liebe Grüße
Carla Krüger aus Berlin

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Antwort von
DIE LINKE

Liebe Carla Krüger,

bitte entschuldigen Sie, dass ich mir ein paar Tage Zeit gelassen habe Ihre Frage zu beantworten , aber ich mußte neben den auswärtigen Wahlkampfterminen seitenweise Fragen zu sehr verschiedenen Themen beantworten.

vielen Dank für Ihre Fragen. Ich stimme Ihnen zu, dass das Europawahlprogramm der LINKEN nicht sehr ausführlich zu Fragen der Gesundheitspolitik Stellung nimmt. Die Ablehnung eines EU-Binnenmarkts für Gesundheitsdienste und in diesem Rahmen auch die Ablehnung des Richtlinienvorschlags der Kommission zu "Patientenrechten in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung" gehen daraus allerdings klar hervor.

Im EP und auch in meiner sonstigen politischen Tätigkeit will ich mich für eine Erneuerung des Gesundheitswesens einsetzen, welche qualitativ hochwertige Gesundheitsdienstleistungen für alle nach den Prinzipien von Gleichheit und Solidarität wohnortnah durch integrierte Dienste bereitstellt. Dabei kommen Gesundheitsförderung und -Prävention eine wichtige Rolle zu. Gesundheitsdienste müssen eine öffentliche Dienstleistung bleiben, die Privatisierung von Krankenhäusern und anderen Gesundheitsinfrastrukturen und -diensten lehne ich ab.

Bei der Patientenmobilitätsrichtlinie ist das letzte Wort durchaus noch nicht gesprochen. Das konservativ-liberal dominierte Europäische Parlament hat zwar im April 2009 in seiner ersten Lesung alle wesentlichen strategischen Vorschläge des Richtlinienentwurfs der Kommission unterstützt. Damit ist das Gesetzgebungsverfahren auf EU-Ebene allerdings noch keineswegs abgeschlossen. Weil zwischen der noch laufenden und der kommenden Legislaturperiode des EP (2009 - 2014) eine Europawahl liegt, können bei der zweiten Lesung der Richtlinie im EP alle Themen nochmals mit Änderungsanträgen angesprochen werden, das kommende EP ist dabei nicht an die Entscheidungen aus erster Lesung gebunden. Außerdem stoßen wichtige Teile des Kommissionsentwurfs - insbesondere zu Fragen des Transfers von Zuständigkeiten zur Gesundheitsversorgung auf die EU-Ebene - auf erheblichen Widerstand bei einer ganzen Reihe von Mitgliedstaaten. Insofern ist es von dieser Seite her durchaus fraglich, ob die Richtlinie überhaupt, und wenn doch, in der vorgeschlagenen Form, verabschiedet wird. Das Verfahren kann noch recht lange dauern. Bei der Europawahl am 7. Juni 2009 haben die Wählerinnen zunächst das Wort und können beeinflussen, welche Kräfte sie im nächsten EP stärken wollen, auch und gerade beim Thema Patientenmobilitätsrichtlinie. Die Linksfraktion im EP (GUE/NGL) und DIE LINKE nehmen hier eine klare ablehnende und kritische Haltung ein.

Über Fragen der Eigentumsverhältnisse im Gesundheitswesen und bei sozialen Diensten - also z.B. Privatisierung von Krankenhäusern - hat die EU-Ebene keinerlei Kompetenzen und Entscheidungsgewalt. Nach Artikel 152 des EG-Vertrags obliegt die Organisation (das betrifft auch die Eigentumsverhältnisse) und die Finanzierung des Gesundheitswesens allein den Mitgliedstaaten. Natürlich werde ich auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene dafür eintreten, dass keine Privatisierungen von Krankenhäusern stattfinden - siehe meine Antwort weiter oben. Mit der Arbeit des EP hat das direkt nichts zu tun.

mit freundlichen Grüßen
Sabine Lösing