Frage an Ska Keller bezüglich Medien, Kommunikation und Informationstechnik

Ska Keller, Bild: Dominik Butzmann
Ska Keller
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Markus K. •

Frage an Ska Keller von Markus K. bezüglich Medien, Kommunikation und Informationstechnik

Sehr geehrte Frau Keller,

Werden Sie den Regelungen des Terreg zustimmen?

Die Bekämpfung terroristischer Inhalte ist wichtig.
Jedoch ist meiner Meinung nach diese Verordnung gerade für kleine Platformbetreiber wie z.B. Foren schwer umsetzbar. Diese werden meist privat betrieben. Sie haben nicht das Geld 27/7 einen Mitarbeiter zu beschäftigen,  um der einstündigen Löschfrist nachzukommen. Auch haben sie nicht das Geld einen Uploadfilter einzusetzen.
Setzen sie sich bitte für erleichterte Bedingungen wie einer verlängerten Löschfrist und der Entbindung der Pflicht für Uplosdfilter für kleine Plattformen ein.

Mit freundlichen Grüßen

Markus Klingler

Ska Keller, Bild: Dominik Butzmann
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Zuschrift. Unsere Fraktion Grüne/EFA im Europäischen Parlament lehnt die von der EU Kommission vorgelegte Verordnung zur Verhinderung der Verbreitung terroristischer Inhalte im Internet (TERREG) ab.

Die Verordnung soll nationalen Behörden ermöglichen, vermeintlich terroristische Internetinhalte ohne richterliche Anordnung innerhalb einer Stunde löschen zu lassen – auch wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat veröffentlicht wurden. Der Vorschlag wurde von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen sowie von UN-Sonderberichterstatterinnen, der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) und der Internationalen Juristenkommission (ICJ) als Gefahr für die Meinungsfreiheit kritisiert.

Trotz wichtiger Teilerfolge wie der Verhinderung einer Pflicht zum Einsatz fehleranfälliger Uploadfilter, dem gesonderten Schutz von Journalismus, Kunst und Wissenschaft und einer Ausnahme für kleine und nichtkommerzielle Plattformen von der 1-Stunden-Löschfrist, bedrohen die ultraschnellen grenzüberschreitenden Löschanordnungen ohne Richtervorbehalt die Meinungs- und Pressefreiheit im Netz. Die Anti-Terror-Gesetzgebung wird immer wieder für ganz andere Zwecke missbraucht, etwa um gegen spanische Separatisten und Künstler, französische Demonstranten oder Flüchtlinge in Ungarn vorzugehen.

Letztlich ist unwahrscheinlich, dass diese Verordnung terroristische Anschläge verhindern wird. Um der Radikalisierung und Rekrutierung von Terroristen vorzubeugen, wäre es sinnvoller, legitime Missstände wie die Diskriminierung von Muslimen und Menschenrechtsverletzungen anzugehen und die zivilgesellschaftliche Arbeit gegen Hassideologie und Islamismus sowie Programme zur Entradikalisierung und Aussteigerprogramme stabil zu finanzieren. Schließlich ist die entschlossene strafrechtliche Verfolgung des Terrorismus und der zu ihm aufstachelnden Inhalte wichtig. Zu oft waren Terroristen der Polizei schon lange bekannt, aber ihre Spuren wurden nicht weiterverfolgt. Ausgerechnet die Pflicht zur Anzeige strafbarer terroristischer Veröffentlichungen fehlt aber in dieser Verordnung, weil den Regierungen eine konsequente strafrechtliche Verfolgung zu viel Arbeit ist – das ist skandalös.

Unter anderen aus diesen Gründen wird die Fraktion Grüne/EFA im Europäischen Parlament der vorgelegten EU-Verordnung TERREG nicht zustimmen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Ska Keller

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