Frage an Stefan Liebich bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Portrait von Stefan Liebich
Stefan Liebich
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Stefan Liebich zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Gerd H. •

Frage an Stefan Liebich von Gerd H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Welche Maßnahmen sind geplant um Arbeitsplätze bei der S-Bahn Berlin und der DB AG zu erhalten.
Und was macht die PDS gegen Lohndrückerei bei anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen.
Oder müssen demnächst AN nur noch für einen Satz arbeiten der etwas höher liegt als der ALG II in Empfang nehmen

Portrait von Stefan Liebich
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geeherter Herr Himmstädt!

Vielen Dank für Ihre Frage vom 04. August 2009 zum Erhalt der Arbeitsplätze bei der Deutschen Bahn AG und der S-Bahn Berlin GmbH sowie zum Lohnniveau in Eisenbahnverkehrsunternehmen. Zunächst zur besonderen aktuellen Situation bei der Berliner S-Bahn:
DIE LINKE.Berlin hat sich nach dem S-Bahn-Desaster deutlich gegen eine Kündigung des Verkehrsvertrages zwischen dem Land Berlin und der S-Bahn Berlin GmbH ausgesprochen. Der Vorschlag, die Leistungen der Berliner S-Bahn sofort neu auszuschreiben, würde dazu führen, dass sich der neoliberale Wettbewerbsdruck verschärft. Ein solcher Weg hilft gerade denjenigen, die mit Dumping-Löhnen und noch größerer Arbeitsverdichtung die öffentlichen Verkehrsunternehmen privatisieren wollen. DIE LINKE.Berlin hat bereits erfolgreich Einfluss darauf ausgeübt, dass die Nord-Süd-Strecken der Berliner S-Bahn nicht vorzeitig separat ausgeschrieben wurden.

Die wahren Ursachen, die zu dem gegenwärtigen S-Bahn-Desaster geführt haben, sind in der Bahnreform und in dem auf einen Börsengang gerichteten Kurs der Deutschen Bahn AG zu sehen. Der Eigentümer Bund nahm damit eine Unternehmensstrategie, die auf Rendite und nicht auf Daseinsvorsorge zielt, bewusst in Kauf. Dies führte bei der S-Bahn Berlin als Tochter der DB AG zum Abbau von Werkstattkapazitäten, von Personal und von Fahrzeugreserven.

DIE LINKE ist die einzige Partei, die sich entschieden gegen den Börsengang der DB AG gestellt hat. Der Börsengang ist bis heute jedoch nicht abgesagt. Eine neue Bundesregierung wird nach der Bundestagswahl diesen Kurs mit großer Wahrscheinlichkeit fortsetzen. Um das regional agierende und für den Berliner Nahverkehr unverzichtbare Unternehmen S-Bahn Berlin diesem Renditedruck zu entziehen, schlägt DIE LINKE.Berlin vor, die S-Bahn Berlin aus dem DB Konzern herauszulösen und als eigenständiges öffentliches Verkehrsunternehmen fortzuführen. Das jahrelange Auspressen der Berliner S-Bahn zugunsten eines angestrebten Börsengangs muss beendet und die Betriebsfähigkeit dieses Nahverkehrsunternehmens durch mehr Personal, mehr Fahrzeuge, mehr Werkstattkapazitäten und mehr Kundenservice wieder hergestellt werden.

Bei der Ausschreibung des Regionalbahnverkehrs im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg haben wir sehr deutlich die Loslimitierung kritisiert. Durch sie konnte die Deutsche Bahn AG, auch wenn sie das beste Angebot für alle Lose abgegeben hatte, nicht den Zuschlag für alle Strecken erhalten. Dies wird wahrscheinlich zu einem Verlust zahlreicher Arbeitsplätze innerhalb der Deutschen Bahn AG in der Region führen. DIE LINKE fordert: Wenn es aufgrund von Ausschreibungen zu einem Betreiberwechsel kommt, sollten Beschäftigte außerhalb des Managements übernommen werden, also ein Betriebsübergang nach EU-Richtlinie 2001/23/EG festgelegt werden. Es kann nicht sein, dass die Fahrzeuge übernommen werden, die Beschäftigten aber aufs Abstellgleis kommen.
Eine Loslimitierung ist nach unserer Auffassung bei der Vergabe von Leistungen im Schienenpersonenverkehr künftig auszuschließen, da sie der wirtschaftlichen Vernunft widerspricht und das Risiko birgt, dass nicht das wirtschaftlichste Angebot zum Tragen kommt.

DIE LINKE fordert, dass bei künftigen Ausschreibungen im Schienenpersonenverkehr ausschließlich Unternehmen berücksichtigt werden, die die am Ort der Leistung für ihre Tätigkeitszweige geltenden Tarifverträge einhalten. Daher wollen wir die so genannte Tariftreue grundsätzlich als Auftragsbedingung festschreiben, weil so Lohndumping im Wettbewerb verhindert wird. Bei Eisenbahnverkehrsunternehmen sollten sich die Tarife an der Tarifhöhe für Bedienstete des Mutterkonzerns Deutsche Bahn AG orientieren.

Wir sehen auch den Bedarf für eine einheitliche Regelung der Arbeitszeiten des Eisenbahnfahrpersonals auf nationaler oder europäischer Ebene. Die Gestaltung der Arbeitszeiten des Fahrpersonals bietet bei Ausschreibungen erhebliche Spielräume, sich auf dem Rücken der Beschäftigten einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Das lehnen wir eindeutig ab. Vernünftige Arbeitsbedingungen und die Sicherheit der Fahrgäste haben für uns absolute Priorität.

Beschäftigung bei der Bahn zu sichern, kann schließlich dadurch erreicht werden, dass deutlich mehr Verkehr auf die Schiene verlagert wird. Deswegen haben wir uns in unserem Bundestagswahlprogramm darauf festgelegt, mehr Geld für das Schienennetz auszugeben, mit einem Gesetz den Schienenpersonenfernverkehr auszuweiten und die Regionalisierungsmittel aufzustocken.

Freundliche Grüße

Stefan Liebich