Frage an Stefan Ruppert bezüglich Recht

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Stefan Ruppert
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Frage von Manuela K. •

Frage an Stefan Ruppert von Manuela K. bezüglich Recht

Sehr geehrter Hr. Dr. Ruppert,

In Ihrer Rede während der aktuellen Stunde über den unterstellten Antisemitismus in der Linkspartei am 25. Mai 2011 behaupten Sie unrühmliche Beispiele Ihrer (der Linkspartei) antisemitischen Handlungen wurden bereits (von Ihren Vorrednern) vorgetragen. Ich habe den gesamten Wortlaut der Debatte in der Sonderausgabe der Zeitschrift Der Semit gelesen (die Ausgabe müsste Ihnen ebenfalls vorliegen, denn sie wurde an alle Abgeordneten des Bundestages geschickt) und konnte nicht feststellen, dass der Partei die Linke, antisemitische Handlungen bewiesen wurden.

Weder ist die Unterstützung der BDS-Boykott-Kampagne antisemitisch, wer das behauptet hat den Aufruf offensichtlich nicht gelesen, noch ist die Mitfahrt bei der Gazaflotille im letzten Jahr ein antisemitischer Akt gewesen.

Ich empfehle Ihnen die Website bds-info.ch zur Information über die internationale, gewaltfreie BDS-Kampagne, die die palästinensische Zivilgesellschaft für notwendig hält, angesichts der skandalösen Untätigkeit der internationalen Politik, die eine fortgesetzte israelische Kolonisierung in der Westbank und in Ostjerusalem ermöglicht, obwohl dies schon seit Dekaden! völkerrechtswidrig ist.

Vielleicht können Sie mir tatsächliche Beispiele antisemitischer Handlungen der Mitglieder der Linkspartei aufzählen?

In Erwartung Ihrer Antwort,

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Kunkel,

vielen Dank für Ihre Frage bei http://www.abgeordnetenwatch.de vom 5. Juli 2011. Antisemitische Tendenzen haben in der Fraktion DIE LINKE in den letzten Jahren bedauerlicherweise zugenommen. Das lässt sich nicht nur mit den Handlungen und Äußerungen einiger Mitglieder der Fraktion im Zusammenhang mit der von Ihnen erwähnten Gaza-Flottille belegen. Auch in vielen Medienberichten sowie der Studie „Antisemiten als Koalitionspartner? Die Linkspartei zwischen antizionistischem Antisemitismus und dem Streben nach Regierungsfähigkeit“ der Autoren Samuel Salzborn und Sebastian Voigt wurden zahlreiche Beispiele aufgeführt, die diese negative Entwicklung bestätigen. Lassen Sie mich kurz auf ein paar Beispiele eingehen:

o Inge Höger, seit 2005 Mitglied des Deutschen Bundestags und Teilnehmerin an der Gaza-Flottille, trat vor kurzem auf einer Palästinenser-Konferenz in Wuppertal mit Sympathisanten der radikal-islamischen Hamas auf. Dabei trug Frau Höger einen Schal, auf dem eine Landkarte des Nahen Ostens abgebildet war, allerdings ohne Israel. Die öffentliche Verteidigung von Frau Höger durch Herrn Gysi, der betonte, es habe sich bei dem Schal um ein Geschenk gehandelt, den man aus Höflichkeit nicht habe ablehnen wollen, kann man zurecht als gescheitert ansehen. Jeder verantwortungsvoll denkende Politiker hätte sich von einem solchen „Geschenk“ klar distanziert.

o Christine Buchholz, seit 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages, ist schon in der Vergangenheit durch offenes Sympathisieren mit der Hamas und der Hisbollah aufgefallen. Das haben zahlreiche Medienberichte dokumentiert. Erst kürzlich wurde Frau Buchholz im Focus vom 20. Juni 2011 mit den Worten zitiert, die Hamas sei eine Befreiungsbewegung, „die wir zu unterstützen haben als Linke.“ Beide Organisationen haben sich eindeutig dem Terrorismus und Kampf gegen Israel verschrieben. Es spricht für sich, dass Frau Buchholz die Organisationen für unterstützenswert hält.

o Am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2010 sprach der israelische Präsident Schimon Peres als Gast im Deutschen Bundestag. Nach seiner Rede blieben drei Abgeordnete der Linkspartei demonstrativ sitzen, während sich das übrige Parlament erhob: Christine Buchholz, Sahra Wagenknecht und Sevim Dağdelen. Ein solches Verhalten an einem solchen Tag gegenüber einem Menschen, der selbst Opfer der Nationalsozialisten war und dessen Großvater von den Nazis ermordet wurde, ist schlicht unerträglich.

Selbst andere Mitglieder der Fraktion DIE LINKE sehen die antisemitischen Tendenzen in Partei und Fraktion mit Sorge. Dietmar Bartsch stimmte beispielsweise in der Mitteldeutschen Zeitung vom 21. Juni 2011 der Kritik von Zentralratspräsident Dieter Graumann an der Linkspartei zu. Bartsch sagte: „Herr Graumann hat uns etwas ins Stammbuch geschrieben, das wir sehr, sehr ernst nehmen sollten.“ Auch Dagmar Enkelmann und Petra Pau äußerten sich im Tagesspiegel vom 1. Juni 2011 besorgt über die antisemitischen Äußerungen in ihrer Fraktion. An diesem Befund ändert auch der „einstimmige“ Fraktionsbeschluss der Linkspartei gegen Antisemitismus nichts. Denn offensichtlich haben einige Mitglieder der Fraktion, die den Beschluss nicht mittragen wollten, die Fraktionssitzung bereits vor der Abstimmung verlassen.

Zum Schluss noch ein paar Worte zur Zeitschrift „Der Semit“, auf die Sie verweisen. Die reißerisch-populistische und wenig sachliche Art, in der der Autor Abraham Melzer die Debatte im Plenum des Bundestags am 25. Mai 2011 kommentiert, spricht schon für sich. Wenn Herr Melzer dann allen Ernstes behauptet, die Linkspartei sei „momentan leider die einzige Partei im Deutschen Bundestag, die sich glaubwürdig für die Unteilbarkeit der Menschenrechte und den Kampf gegen Antisemitismus einsetzt“, so kann die Frage der politischen Unabhängigkeit der Zeitung klar verneint werden.

In der Hoffnung, Ihre Anfrage zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen
Dr. Stefan Ruppert, MdB