Frage an Stefan Ruppert bezüglich Kultur

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Stefan Ruppert
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Frage von Chris P. •

Frage an Stefan Ruppert von Chris P. bezüglich Kultur

Ich möchte gerne Ihnen drei Fragen stellen, zwei die Sie wohl bereits kennen.

1) Sind Sie der Meinung, dass zur allgemeinen Erhaltung der Kultur in Deutschland die GEMA reformiert werden muss?
2) Ist die Monopolstellung eines einzelnen Vereins zur Wahrung des Urheberrechts mit unserem Grundgesetz vereinbar?

Die dritte Frage ist praktischer Natur - wie es sein kann, dass andere Länder es schaffen, mit den Geldern der GEZ (oder vergleichbaren), Vereinbarungen mit Contentprovidern wie Youtube (Google Inc.) treffen können und wir nicht? Warum kann ein Bürger der vereinigten Staaten Amerikas ein Musikvideo sehen, das in Deutschland geschrieben wurde, in Deutschland aufgenommen wurde und in Deutschland vermarktet wird, aber deutsche Staatsbürger "dürfen" das nicht?

Ich kenne die Forderungen der GEZ an Google. Es ist nicht nur lächerlich, es ist eine Schande.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Poerschke,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 16. September 2011 auf www.abgeordnetenwatch.de zu den Verwertungsgesellschaften, speziell der GEMA.
Um Ihre Fragen zu beantworten, möchte ich zunächst einmal darauf eingehen, was die Aufgaben der Verwertungsgesellschaften, insbesondere die der GEMA, sind.

Die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) ist als wirtschaftlicher Verein (§22 BGB) organisiert und nimmt als Verwertungsgesellschaft für sich und andere Verwertungsgesellschaften den Einzug von Lizenzgebühren vor. Sie ist nicht selbst Inhaber der Verwertungsrechte; diese verbleiben bei den Künstlern und Werkschaffenden.

Das Urheberrecht gewährt Autoren, Filmregisseuren, Komponisten etc. ein zeitlich befristetes Exklusivrecht an ihren Werken. Damit hat allein der Urheber die Befugnis darüber zu entscheiden, ob und zu welchen Bedingungen sein Werk genutzt werden soll. Es handelt sich faktisch um ein Monopol, dass jedoch dadurch gerechtfertigt ist, als dass es dem Urheber und seinen Erben möglich sein muss, für einen bestimmten Zeitraum das Werk wirtschaftlich auszuwerten.

Der einzige Zweck der GEMA ist die wirtschaftliche Verwertung von urheberrechtlich geschützten Werken sicherzustellen. Der Rechtinhaber kann selbst entscheiden, ob er Mitglied der GEMA wird und diese mit dem Inkasso der ihm zustehenden Lizenzgebühren betraut. Die GEMA lizensiert verschiedene Nutzungen der urheberrechtlich geschützten Werke. Die Verwertung der Urheberrechte werden von den Verwertungsgesellschaften treuhänderisch übernommen und kontrolliert. Der Urheber kann hierbei frei darüber entscheiden, ob er Mitglied der Verwertungsgesellschaft werden möchte oder lieber selbst seine Rechte wahrnehmen will.

Gesetzgeberischer Handlungsbedarf meines Erachtens zur Zeit nicht. Bereits im Wahlprogramm 2009 wurde festgeschrieben: „Die FDP bekennt sich zur kollektiven Wahrnehmung von Urheber- und Leistungsschutzrechten durch Verwertungsgesellschaften mit effizienten und transparenten Strukturen." Nach liberalem Verständnis bildet das Urheberrecht die Grundlage künstlerischer Erwerbstätigkeit.

Zudem verkennen diejenigen, die den Bundestag auffordern speziell die GEMA zu reformieren, dass es sich bei der GEMA um keine staatliche Stelle handelt. Vielmehr ist die GEMA ein rechtskräftiger Verein kraft staatlicher Verleihung (§ 22 BGB) und somit nicht vom Bundestag reformierbar. Der eben bereits erwähnten Berechtigungsvertrag kann bei Mitgliederversammlungen geändert werden. Die Mitglieder müssen darüber dann informiert werden.
Die GEMA kann aber auch zu Reformen aufgefordert werden, wenn das Deutsche Patent- und Markenamt im Rahmen seiner Aufsicht über die GEMA Defizite feststellt. Das rechtliche System, in dem sich die urheberrechtlichen Verwertungsgesellschaften (also auch die GEMA) bewegen, sieht vor, dass die Verwertungsgesellschaften für die von ihnen wahrgenommenen Rechte Tarife aufstellen. Diese Tarife sind von den Lizenznehmern bzw. von deren Verbänden vor der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt bzw. gerichtlich auf ihre Angemessenheit überprüfbar.

Wenn ich Ihre dritte Frage richtig verstehe, dann fragen Sie mich unter anderem, wie ich zu einer Kulturflatrate stehe. Die FDP ist gegen die Einführung einer Kulturflatrate. Ein solches Vergütungsmodell würde rechtswidrige Nutzungen im Internet faktisch legalisieren und das Urheberrecht als Eigentumsrecht in der digitalen Welt vollständig entwerten. Eine solche Kultursteuer ist aus ordnungspolitischer und auch aus kulturpolitischer Sicht abzulehnen. Abgesehen davon, dass die Kulturflatrate die falsche Antwort auf die offenen Fragen im Urheberrecht ist, würde für das Inkasso und die Verteilung der Abgabe zwangsläufig ein neues bürokratisches Monstrum geschaffen werden. Schließlich ist eine Kulturflatrate auch sozialpolitisch abzulehnen, denn um wenigstens annähernd die Verluste der Rechteinhaber ausgleichen zu können, müsste eine solche Abgabe sehr hoch sein. Diese Internetsteuer müsste dann auch von Bürgerinnen und Bürgern bezahlt werden, die tatsächlich keine geschützten Werke aus dem Internet herunterladen. Die Kulturflatrate würde also zu einer ungerechtfertigten Sozialisierung der Kosten für illegale Downloads führen.

Sie sprechen in Ihrer Frage zudem an, ob nicht Gelder der GEZ für die Nutzung der urheberrechtlich geschützten Werke verwendet werden könnten. Bei der GEZ handelt es sich um die Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland. Die GEZ ist im Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag festgesetzten und zieht, wie der Name schon sagt, die Rundfunkgebühren für Rundfunkempfangsgeräte (Radios, Fernseher und neuartige Rundfunkempfangsgeräte) von den Rundfunkteilnehmern ein.

Bei YouTube bzw. der Google Inc. handelt es sich um kein staatliches Unternehmen, insofern können keine Gelder der GEZ hierfür verwendet werden.
Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass Sie nicht die GEZ sondern die GEMA meinten, denn diese verhandelt nun schon seit längerem mit YouTube/ Google. Knackpunkt hierbei ist, dass sich beide Parteien nicht einigen können, welcher Betrag pro Klick auf etwa ein Musikvideo angemessen ist. Dies ist auch meines Erachtens bedauerlich, jedoch muss ich Sie hier wieder nach oben verweisen. Weder bei der GEMA noch bei dem Google handelt es sich um staatliche Unternehmen. Die Politik kann hier nicht in die Verhandlungen eingreifen, denn solange Marktteilnehmer sich an die gesetzlich geregelten Rahmenbedingungen halten, liegt es an den Akteuren, ob und wann und zu welchen Bedingungen diese sich einigen.

Ich hoffe, dass ich Ihre Anfrage zufriedenstellend beantwortet habe und verbleibe

mit freundlichen Grüßen
Dr. Stefan Ruppert, MdB