Frage an Stefan Ruppert bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Stefan Ruppert
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Frage von Dr.Udo G. •

Frage an Stefan Ruppert von Dr.Udo G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Finanztransparenz unserer Abgeordneten

Sie hatten sich vor einigen Monaten hier schon dazu geäußert. Jetzt gibt es neue Fakten: Abgeordnetenwatch.de schreibt u.a. Zitat: ....... gibt es in Deutschland nicht einmal ein wirksames Gesetz gegen korrupte Volksvertreter! Und eine Partei will, dass das so bleibt: die FDP. Der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Siegfried Kauder (CDU), hat letzte Woche zusammen mit SPD, Grünen und Linkspartei einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Korruption bei Abgeordneten endlich unter Strafe stellt. Nicht zugestimmt hat die FDP. Zitat Ende

Können sie bitte zur Position der FDP UND zu ihrer dazu etwas sagen?

MfG
Dr.U.Greibsch

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Dr. Greibsch,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Korruptionsbekämpfung bei Mitgliedern von Volksvertretungen. Ich bedauere, dass ich es erst jetzt schaffe Ihnen zu antworten. Ich kann Ihren Wunsch nach einer gesetzlichen Regelung zu diesem Thema verstehen. Die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Volksvertreter sind hohe demokratische Güter, die es zu schützen gilt. Das angesprochene Gesetzesvorhaben wird allerdings dieser sensiblen und zugleich auch komplexen Thematik nicht gerecht.

Zwar ist in Deutschland die Abgeordnetenbestechung nach § 108 e StGB strafbar, dagegen ist die Abgeordnetenbestechlichkeit gesetzlich nicht geregelt. Zudem hat Deutschland als einer von wenigen Staaten die UN-Konvention gegen Korruption nicht ratifiziert. Für viele Bürger entsteht so der Anschein, dass die Abgeordneten sich einen straffreien Raum erhalten. Dies entspricht allerdings nicht der Wahrheit. Vielmehr sollen – entgegen der UN-Konvention – die bestehenden Unterschiede zwischen Amtsträgern, wie Beamten, und Mandatsträger, wie z.B. Bundestagsabgeordneten, beibehalten werden. Amtsträger müssen ihre Tätigkeit objektiv und neutral ausführen. Sie sollen Entscheidungen innerhalb des rechtlichen Rahmens unparteiisch und frei von sachlichen Einflüssen treffen. Außerdem sind sie streng zum Gemeinwohl verpflichtet.

Dagegen besteht aufgrund des freien Mandats keine Pflicht des Abgeordneten sich gänzlich dem Gemeinwohl zu unterwerfen. Dies kann er auch nicht, weil er beispielsweise einen Wahlkreis vertritt oder bestimmten Vereinigungen wie den Gewerkschaften angehört. Der einzelne Abgeordnete des Bundestages repräsentiert nicht die Gesamtheit des Volkes, sondern der Bundestag repräsentiert als Ganzes das Volk. Die Repräsentation wird geradezu durch die vielfältigen Interessensvertretungen erst erreicht. Dass der Abgeordnete sich für diese Interessen einsetzt und bei Ausübung seines Stimmrechts auf diese Interessen Rücksicht nimmt, ist daher nachvollziehbar. Der Versuch hier eine strafrechtliche Grenze zwischen parlamentarischen und politischen Geschehen zu ziehen gestaltet sich schwierig.

Darüber hinaus bestehen bei dem von Ihnen angesprochenen Entwurfs erheblich Bedenken bezüglich des Bestimmtheitsgebots aus Art. 103 II GG, wonach der Bürger aus den strafrechtlichen Normen heraus nachvollziehen können muss wann sein Verhalten unter einen anwendbaren Straftatbestand fällt. Die Abgeordnete wären bei diesem Gesetzentwurf unter Androhung strafrechtlicher Sanktionen erheblicher Rechtsunsicherheit ausgesetzt. Bei der Ausschussanhörung wurde dieser Gesetzentwurf durchgängig von allen Sachverständigen als verfassungswidrig eingestuft.

Die FDP-Bundestagsfraktion steht daher insgesamt dem Wunsch einer gesetzlichen Regelung offen gegenüber. Allerdings muss das Gesetzesvorhaben den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen. Eine überzeugende Lösung konnte bisher dafür nicht gefunden werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Stefan Ruppert, MdB