Frage an Stefan Ruppert bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Stefan Ruppert
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Frage von Walter G. •

Frage an Stefan Ruppert von Walter G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Bitte erklären Sie den Unterschied, zwischen der parlarmetarischen und der politischen Bestechung eines Abgeordneten.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Gerichow,

vielen Dank für Ihre Frage auf www.abgeordnetenwatch.de. Ich bedauere, dass ich es erst jetzt schaffe, Ihnen zu antworten. Aus Ihrer kurzen Anfrage entnehme ich, dass Sie eine gesetzliche Sanktion der Abgeordnetenbestechlichkeit fordern. Ich kann Ihren Wunsch nach einer Regelung zu diesem Thema verstehen. Die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Volksvertreter sind hohe demokratische Güter, die es zu schützen gilt. Das kürzlich zu diesem Thema eingebrachte Gesetzesvorhaben wurde allerdings dieser sensiblen und zugleich komplexen Thematik nicht gerecht.

Zwar ist in Deutschland die Abgeordnetenbestechung nach §108e StGB strafbar, dagegen ist die Abgeordnetenbestechlichkeit gesetzlich nicht geregelt. Zudem hat Deutschland als einer von wenigen Staaten die UN-Konvention gegen Korruption nicht ratifiziert. Für viele Bürger entsteht somit der Anschein, dass die Abgeordneten sich einen straffreien Raum erhalten. Dies entspricht jedoch nicht der Wahrheit. Vielmehr sollen – entgegen der UN-Konvention – die bestehenden Unterschiede zwischen Amtsträgern, zum Beispiel Beamten, und Mandatsträgern, wie Bundestagsabgeordneten, beibehalten werden. Das ist der von Ihnen angesprochene Unterschied zwischen parlamentarischer Bestechung, also solcher gegenüber Mitgliedern des Bundestages, und politischer Bestechung, so genannt bei Beamten. Dieser Unterschied ist von großer Bedeutung, denn Amtsträger müssen ihre Tätigkeit objektiv und neutral ausführen. Sie sollen Entscheidungen innerhalb des rechtlichen Rahmens unparteiisch und frei von sachlichen Einflüssen treffen. Außerdem sind sie streng zum Gemeinwohl verpflichtet.

Dagegen besteht aufgrund des freien Mandats keine Pflicht des Abgeordneten, sich ganz dem Gemeinwohl zu unterwerfen. Dies kann er auch nicht, da er zum Beispiel einen Wahlkreis vertritt oder bestimmten Vereinigungen wie Gewerkschaften angehört. Der einzelne Abgeordnete des Bundestages repräsentiert nicht die Gesamtheit des Volkes, sondern der Bundestag selbst als Ganzes das Volk. Die Repräsentation wird geradezu durch die vielfältige Interessensvertretungen erst erreicht. Dass der Abgeordnete sich für diese Interessen einsetzt und bei der Ausübung seines Stimmrechts auf diese Interessen Rücksicht nimmt, ist daher nach vollziehbar. Der Versuch hierbei eine strafrechtliche Grenze hierbei zu ziehen, ist schwierig zu gestalten.

Darüber hinaus müsste ein diesbezüglicher Entwurf dem Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 II GG erfüllen, wonach der Bürger aus den strafrechtlichen Normen heraus nachvollziehen muss, wann sein Verhalten unter einem anwendbaren Straftatbestand fällt. Die Abgeordneten wären beim kürzlich vorgelegten Entwurf unter Androhung strafrechtlicher Sanktionen erheblicher Rechtsunsicherheit ausgesetzt. Bei der Ausschussanhörung wurde dieser Gesetzesentwurf durchgängig von allen Sachverständigen als verfassungswidrig eingestuft.

Die FDP-Bundestagsfraktion steht daher insgesamt dem Wunsch einer gesetzlichen Regelung offen gegenüber. Allerdings muss das Gesetzesvorhaben den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen. Eine überzeugende Lösung konnte bisher dafür noch nicht gefunden werden, sollte aber unbedingt erarbeitet werden. Dafür setze ich mich ein.
Mit freundlichen Grüßen

Dr. Stefan Ruppert, MdB