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Sie lehnen das Mercosurhandelsabkommen ab, weil in Südamerika geringere Bürokratie als in der EU bei Agrarprodukten vorliege. Kann die geringere Bürokratie nicht aber den Wohlstand in der EU anheben?

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Frage von Friedrich B. •

Sie lehnen das Mercosurhandelsabkommen ab, weil in Südamerika geringere Bürokratie als in der EU bei Agrarprodukten vorliege. Kann die geringere Bürokratie nicht aber den Wohlstand in der EU anheben?

Nach David Ricardos Theorie der komparativen Kostenvorteile steigt der Wohlstand in der EU selbst dann an, wenn Südamerika sämtliche Produkte wegen besserer Standortvorteile effizienter produzieren könnte als die EU. Arbeitslosigkeit resultiert in der EU allerdings keiner, wenn Südamerika überall effizienter wäre, da Südamerika nur begrenzte Produktionskapazitäten hat. Die Arbeitsplätze verlagern sich nur in andere Bereiche.Zusätzlich meint die EU Kommission: "Die Agrarlebensmittelexporte der EU in den Mercosur dürften um fast 50 % zunehmen" (https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_25_1644).Selbst das Bauernblatt schreibt, dass das "Mercosur-Abkommen damit „keine Bedrohung für Europas hochpreisiges Fleisch dar“, resümierte Matthews" (https://www.bauernblatt.com/mercosur-effekt-auf-rindermarkt-ueberbewertet/).Ich glaube, dass Bauernlobbyisten Konkurrenz vom Markt drängen wollen, um Monopolpreise zu Lasten der deutschen Verbraucher durchzusetzen.

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Antwort von AfD

Vielen Dank für Ihre Frage zu unserer Position zum EU-Mercosur-Handelsabkommen. Die wirtschaftstheoretischen Argumente für Handel und Spezialisierung sind mir selbstverständlich bewusst. Als AfD sind wir fest davon überzeugt, dass internationaler Handel die Grundlage unseres Wohlstands und des friedlichen Miteinanders ist. Entscheidend ist für uns jedoch, unter welchen Bedingungen Handel stattfindet und welche Folgen er für unsere Regionen, unsere Bauernfamilien und die Versorgungssicherheit hat.

Genau hier unterscheiden wir uns in der Bewertung. Die theoretischen Vorteile geringerer Bürokratie oder komparativer Kostenvorteile setzen voraus, dass alle Marktteilnehmer unter vergleichbaren Standards, Auflagen und Produktionsbedingungen agieren. Genau das ist beim Mercosur-Abkommen nicht der Fall.

Südamerikanische Erzeuger können mit Methoden arbeiten, die in der EU aus Gründen des Verbraucher-, Tier- und Umweltschutzes verboten sind. Wenn Produkte, die auf dieser Basis entstehen, in den europäischen Markt gelangen, entsteht kein fairer Wettbewerb, sondern eine systematische Benachteiligung derjenigen Landwirte, die die strengsten Standards der Welt einhalten.

Unsere Position ist daher nicht gegen Handel gerichtet, sondern für fairen Handel, der regionale Wertschöpfung, Ernährungssouveränität und hohe Standards nicht unterläuft. Die ökonomischen Risiken für heimische Betriebe sind real. Selbst relativ kleine Importquoten, wie etwa bei Rindfleisch, Geflügel oder Zucker, wirken als Preisbenchmark in sehr preissensitiven Märkten. Familienbetriebe mit hohen Fixkosten und langen Produktionszyklen können darauf nicht kurzfristig reagieren. Die resultierenden strukturellen Verluste lassen sich auch durch nachträgliche Hilfspakete nicht auffangen.

Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, der uns politisch wichtig ist: Landwirtschaft ist nicht nur ein Marktsektor. Sie prägt unsere Regionen, schafft Arbeitsplätze im ländlichen Raum, sichert Lebensmittelversorgung und bewahrt Traditionen. Viele Menschen, die uns ihr Vertrauen schenken, leben diese Realität täglich. Es wäre aus unserer Sicht nicht verantwortungsvoll, ihre berechtigten Sorgen vor Dumpingimporten einfach mit abstrakten Effizienzargumenten zu übergehen.

Deshalb vertreten wir eine klare Linie: Freihandel ja, aber nicht auf dem Rücken unserer heimischen Landwirtschaft und nicht zu Bedingungen, die unsere eigenen Standards und unsere strategische Unabhängigkeit untergraben.

Ich respektiere Ihre Argumentation sehr, komme jedoch zu dem Schluss, dass das Mercosur-Abkommen in seiner derzeitigen Form unserem Land und unseren bäuerlichen Familienbetrieben eher schaden als nutzen würde.

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