Frage an Stephan Stracke bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Stephan Stracke
CSU
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Frage von Marietta S. •

Frage an Stephan Stracke von Marietta S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Stracke,

derzeit wird eine neue Gesetzesvorlage beraten, um die eskalierende Asylbewerber-/Flüchtlingswelle in den Griff zu bekommen.
Hierbei wird meines Erachtens ignoriert, dass eine umfassende Gesetzgebung zum Thema Asyl vorhanden, aber von den Verantwortlichen nicht beachtet wird.
Der derzeit viel und gerne zitierte Artikel 16a GG beinhaltet auch noch den Absatz (2), welcher ganz klar besagt, dass sich Einreisende aus sicheren Dritt- oder EU-Staaten ausdrücklich nicht auf Absatz (1) – „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“ berufen können. Damit stünde diesen Flüchtlingen auch kein Asylverfahren zu.
Weiter ist in § 18 Absatz (2) und (3) AsylVfG geregelt, dass den oben genannten die Einreise zu verweigern ist, bzw. diese von Grenzbehörden zurückzuschieben sind. Somit ist eigentlich allen derzeit in Bayern einreisenden Flüchtlingen der Grenzübertritt zu verweigern.
Frau Merkel, assistiert von weiten Teilen unseres Bundestags, hat mit Ihrer unverantwortlichen Äußerung eine beispiellose Flüchtlingswelle in Gang gesetzt; die Zeche wird das deutsche Volk bezahlen müssen. Es steht der Politik nicht zu, aus einer Laune heraus, an geltenden Gesetzen vorbei, Deutschland derart zu belasten.
Ich möchte konkret wissen, auf Basis welcher Gesetze den hunderttausenden angeblichen Asylbewerbern bzw. Flüchtlingen die Einreise, das aufwändige Asylverfahren und nicht zuletzt Leistungen gewährt werden. Ebenso dürfen Sie mich aufklären, wann z.B. § 16a GG und § 18 Absatz 2 und 3 außer Kraft gesetzt wurden.

Mit freundlichen Grüßen
Marietta Stelzer

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CSU

Sehr geehrte Frau Stelzer,

vielen Dank für Ihre Frage zu den Rechtsgrundlagen nach Art. 16a GG und § 18 Abs. 2 Asylgesetz (AsylG) im Zusammenhang mit der aktuellen Flüchtlingssituation.

Sie stellen die aktuelle Rechtslage richtig dar. Nach deutschem Recht ist es grundsätzlich möglich, einem Ausländer, der in Deutschland Schutz sucht, die Einreise zu verweigern. Und zwar wenn er aus einem sicheren Drittstaat einreist (Art. 16a Abs. 2 GG) oder ein anderer Mitgliedsstaat der Europäischen Union für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und ein Auf- oder Wiederaufnahmeverfahren eingeleitet wird (§ 18 Abs. 2 AsylG).

Das deutsche Recht wird allerdings in diesem Fall durch die europäische Dublin-III-Verordnung überlagert, die einen grundsätzlichen Anwendungsvorrang vor nationalem Recht hat. Die Dublin-III-Verordnung regelt, welcher Mitgliedsstaat für die Prüfung eines Asylantrages zuständig ist. Damit wird sichergestellt, dass jeder Asylantrag nur von einem Mitgliedsstaat inhaltlich geprüft wird. Zuständig ist in der Regel der Staat, in dem der Schutzsuchende zuerst die Europäische Union betreten hat. Der Staat hat auch die entsprechende Registrierung der Schutzsuchenden vorzunehmen.

Deutschland prüft also vor jedem Asylantrag, ob es zuständig ist oder ob der Flüchtling an ein anderes Mitgliedsland überstellt werden kann. Zu diesem Zweck gibt es die EURODAC, eine Datenbank mit den Fingerabdrücken aller in der EU registrierten Asylbewerber.

Jedoch wird die Dublin-III-Verordnung derzeit von einer Vielzahl der EU-Mitgliedstaaten in der Praxis nicht angewandt und Flüchtlinge ohne Registrierung einfach nach Deutschland „durchgelassen“. Für Deutschland ist es in der Praxis kaum möglich, den zuständigen Mitgliedsstaat zu bestimmen.

Sehr geehrte Frau Stelzer,

ich teile Ihre Auffassung, dass die Aufnahme- und Belastungsfähigkeit Deutschlands und insbesondere Bayerns absehbar erreicht ist. Aus diesem Grund drängt die CSU so vehement auf eine Begrenzung des Zustroms von Asylbewerbern und die konsequente Anwendung der Dublin-III-Verordnung durch alle Mitgliedstaaten. Dazu gehört neben der Registrierung auch die Einhaltung der EU-Aufnahme- und Verfahrensstandards in allen Mitgliedstaaten, so dass in jeden Mitgliedstaat zurück überstellt werden kann.

Für den Fall, dass die Dublin-III-Verordnung in anderen Mitgliedstaaten weiterhin nicht angewandt wird, hat beispielsweise die Bayerische Staatsregierung bereits betont, dass in diesem Fall als Notmaßnahme auch Zurückweisungen von Flüchtlingen unmittelbar an der Grenze in Betracht kommen müssten. Es könne nicht allein von Deutschland verlangt werden, sich weiterhin an diese Verordnung zu halten. Diese Auffassung halte ich für richtig.

Mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz haben wir einen ersten wichtigen Schritt in die richtige Richtung hin zu mehr Begrenzung und Steuerung des Asylbewerberzustroms beschlossen. Das Gesetz trägt die klare Handschrift der CSU. Die Neuregelungen, die seit dem 1. November dieses Jahres in Kraft getreten sind, stellen die schärfsten Änderungen des Asylrechts seit den 90er Jahren dar. Diese umfassen zahlreiche Änderungen, um Fehlanreize zu vermeiden und die Verfahren effektiver und schneller zu gestalten. Außerdem haben sich Bund und Länder auf eine konsequente Durchsetzung bestehender Ausreisepflichten verständigt. Die neuen Regelungen müssen nun zügig deutschlandweit umgesetzt werden.

Die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD haben zudem am 05.11.2015 weitere Maßnahmen beschlossen, die nun gesetzgeberisch umgesetzt werden müssen. So soll für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern, mit Wiedereinreisesperren, mit Folgeanträgen oder solche, die keine Mitwirkungsbereitschaft zeigen, ein beschleunigtes Asylverfahren durchgeführt werden. Dessen zeitliche Abläufe sollen in Anlehnung an das Flughafenverfahren so gestaltet werden, dass das Verwaltungsverfahren innerhalb einer Woche und das Rechtsmittelverfahren innerhalb von zwei weiteren Wochen durchgeführt werden können. Hierzu werden besondere Aufnahmeeinrichtungen bestimmt, die für die diese Personengruppen ausschließlich zuständig sind und in denen das gesamte Verfahren - von der Asylantragstellung über die Antragsbearbeitung und -entscheidung, das Rechtsmittelverfahren und die Rückführung abgelehnter Bewerber - beschleunigt abgewickelt wird. Dort soll eine verschärfte Residenzpflicht gelten, die bei Verstößen mit dem Wegfall des Leistungsanspruchs und dem Ruhen des Asylantrages sanktioniert wird.

In darf Sie in diesem Zusammenhang ergänzend auf meine vorhergehende Antwort zu dieser Thematik auf dieser Plattform verweisen ( http://www.abgeordnetenwatch.de/stephan_stracke-778-78508--f441121.html#q441121 ).

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Stracke
Mitglied des Deutschen Bundestages

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