Wie versuchen Sie die Verfettung unserer Gesellschaft in den Griff zu bekommen?

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Susanne Mittag
SPD
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Frage von David M. •

Wie versuchen Sie die Verfettung unserer Gesellschaft in den Griff zu bekommen?

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SPD

Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für Ihre Frage zu einem absolut wichtigen Themen, mit dem sich auch die SPD-Bundestagsfraktion intensiv befasst. Eine ausgewogene Ernährung ist lebenswichtig und gesund – gutes Essen ist Genuss und Lebensfreude. Zu viel, zu süßes, zu fettes oder zu salziges Essen macht jedoch krank.

Die Zahl der von Übergewicht, Adipositas und ernährungsbedingte Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck und Herz-Kreislauferkrankungen Betroffenen hat sich in den vergangenen vierzig Jahren mehr als verzehnfacht. Die Allgemeinen Ortskrankenkassen AOK schätzen die Folgekosten von Fehlernährung und ernährungsbedingten Krankheiten für das deutsche Gesundheits- und Sozialsystem auf rund 70 Milliarden Euro pro Jahr. Adipositas und deren Folgeerkrankungen schreiten mit dramatischen persönlichen, sozialen und gesundheitsökonomischen Folgen für den Einzelnen und die Gesamtgesellschaft weiter voran. Aufklärungskampagnen helfen hier nur bedingt.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung ernährungsbedingter Krankheiten. Neben Ernährungsbildung und der Verbesserung der Gemeinschaftsverpflegung muss dies auch Maßnahmen enthalten, die die Lebensmittelwirtschaft in die Verantwortung nehmen, Verbraucherinnen und Verbrauchern eine gesunde Ernährung zu erleichtern. Dazu gehören ein Verbot von an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Produkte (wie Softdrinks, Süßigkeiten und Snackwaren), und eine für Laien verständliche Nährwertkennzeichnung wie die Ampel für zusammengesetzte Produkte. Damit wird beim Einkauf auf einen Blick vergleichbar, welches Lebensmittel weniger Zucker, Salz oder Fett hat.

Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Verbesserung des Lebensmittelangebots durch eine Nationale Reduktionsstrategie für weniger Zucker, Fett und Salz in zusammengesetzten Produkten. Auf Initiative der SPD-Fraktion ist bereits 2015 mit dem Koalitionsantrag „Gesunde Ernährung stärken“ (BT-Drs. 18/3726) eine Nationale Reduktionsstrategie im Bundestag beschlossen worden, mit der Zucker, Fett und Salz in Lebensmitteln schrittweise verringert und gesündere Rezepturen entwickelt werden sollen. Doch bis heute hat das zuständige Ernährungsministerium kein Konzept vorgelegt. Die globale Lebensmittelwirtschaft hat längst bewiesen, dass sie die Lebensmittel durch eine Reduktion von Zucker, Salz und gesättigten Fetten gesünder machen kann. So sind andere Länder wesentlich weiter. Verschiedene Reduktionsstrategien zur Verminderung von Zucker, Salz oder Fett in Lebensmitteln gibt es in Großbritannien, Finnland, Frankreich, Spanien, Italien, Dänemark, Schweiz, Polen, Niederlande, Belgien, Norwegen, Schweden, Island, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn, Litauen, Finnland und Österreich. In Großbritannien zum Beispiel ist als Erfolg der Salzreduktion das Bevölkerungsrisiko für Schlaganfälle und Herzerkrankungen um 40% gesunken. Es wird Zeit, dass endlich auch in Deutschland die Verbraucherinnen und Verbraucher von einer Reduktionsstrategie für Zucker, Fett und Salz und gesünder zusammengesetzten Lebensmitteln profitieren können.

Die SPD-Bundestagfraktion setzt sich deshalb für folgende Punkte ein:
- die Festlegung von verbindlichen Zielen zur Reduktion des Zucker-, Salz- und Fettgehaltes. Dabei müssen Gesundheitsaspekte Vorrang vor den Interessen der Lebensmittelwirtschaft haben. Deshalb müssen die Zielmarken für die verschiedenen Produktgruppen von unabhängigen Ernährungsexperten, Ärzten, Krankenkassen, Gesundheits- und Verbraucherorganisationen erarbeitet werden.
- einen verbindlichen Zeitplan für die Umsetzung der Reduktionsziele in den verschiedenen Produktgruppen, um die Qualität des Lebensmittelangebots zu verbessern;
- die wissenschaftliche Begleitung und transparente Evaluierung der Fortschritte der Reduktionsstrategie,
- eine gesetzliche Regelung für den Fall, dass sich die Unternehmen nicht freiwillig an der Nationalen Reduktionsstrategie beteiligen.

Wir brauchen klare Vorgaben, bis wann bei welchen Produkten welche Reduktionsziele erreicht sein sollen. Und wir brauchen eine klare Ansage an die Unternehmen, denn auch sie haben eine Verantwortung, Verbraucherinnen und Verbrauchern eine gesunde Ernährung zu erleichtern. Wenn Freiwilligkeit nicht funktioniert, brauchen wir eine gesetzlich vorgeschriebene Reduktion von Zucker, Fett und Salz in verarbeiteten Lebensmittel. Das alles sind jedoch Punkte, denen sich CDU/CSU im Bundestag, aber auch die zuständige CDU-Bundesministerin Julia Klöckner, verweigern. Sie wollen die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht. Stattdessen, setzen sie auf Werbekampagnen, Gesprächsrunden oder freiwillige Vereinbarungen – alles Maßnahmen, die der Lebensmittelindustrie nicht weh tun, aber dafür am Ende den Verbraucherinnen und Verbrauchern.

Mit freundlichen Grüßen nach Dötlingen

Susanne Mittag

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