Frage an Thomas Händel bezüglich Verbraucherschutz

Portrait von Thomas Händel
Thomas Händel
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Thomas Händel zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Volker Z. •

Frage an Thomas Händel von Volker Z. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr gehrter Herr Händel,

Ihnen ist die gegenwärtige Diskussion zum Thema Wasserwirtschaft sicher bekannt. Dazu meine Frage:
In einer Pressemitteilung der EU (IP/12/5470 vom 14.4.2012) ist die Rede von einer geplanten Innovationspartnerschaft zur Lösung von Wasserproblemen. In der Pressemitteilung wird nur sehr vage auf die Probleme bei der Wasserversorgung hingewiesen; auf die Absicht, konkrete ´Lösungen für bestimmte Wasserprobleme´ zu erarbeiten; Innovationshemmnisse zu beseitigen usw. Diese Aufzählung erweckt den Eindruck einer katasrophalen Wasserversorgung in der EU, und damit u.a. auch in Deutschland, die es m.E. nicht gibt.
Desweiteren wird als Hintergrund des Plans auf das Potential des globalen Wassermarktes verwiesen, gepaart mit den (zwischenzeitlich) üblichen Hinweis auf mögliche Schaffung von Arbeitsplätzen und einigem mehr. Hier wird Wasser also zur Handelsware mit goldenen Renditechancen erhoben.
Wasser soll ein Lebensmittel bleiben, und kein Produkt mit wirtschaftlichem Potential. Im Übrigen, wirtschaftliches Potential für wen? Die EU, die EU-Staaten, oder die Prvatwirtschaft?
Wasser (z.B. Zugang, Verfügbarkeit) soll ein Grundrecht für jeden Menschen sein, frei von privatwirtschaftlichen Eingriffsmöglichkeiten.

Wie stehen Sie zu diesem Thema?

Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen aus Augsburg
Volker Zepf

Portrait von Thomas Händel
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Zepf,

Ihre Anfrage hier bei abgeordnetenwatch.de gehörte zu den rund 60.000, die uns von Bürgerinnen und Bürgern, Verbänden, Stadtverwaltungen, Gemeinderäten, Land- und Bundestagsabgeordneten erreicht haben. Das ist zum einen ein sehr positives Zeichen. Die Menschen interessieren sich sehr wohl für das politische Geschehen in Europa und mischen sich ein. Der Anlass und das Ergebnis der Abstimmung in dieser Woche ist allerdings alles andere als positiv.

Seit fast einem Jahr habe ich mich als Berichterstatter meiner Fraktion im Ausschuss für Beschäftigung und Soziales (EMPL) und im federführenden Ausschusses für Binnenmark und Verbraucherschutz (IMCO) für die Ablehnung der gesamten Konzessions-Richtlinie eingesetzt. Auch meine Kolleginnen und Kollegen der deutschen Delegation der LINKEN und der Fraktion der GUE/NGL sind strikt gegen eine Privatisierung des Wassers. Sicherheitshalber haben wir auch Änderungsanträge eingereicht. Ohne Erfolg. Für die Ablehnung konnten wir zwar einige MitstreiterInnen gewinnen, aber eine Mehrheit u.a. aus Konservativen und Sozialdemokraten haben für die Richtlinie gestimmt. Auch den Anträgen zur Herausnahme der Wasserversorgung haben nur wenige zugestimmt.

Aus meiner Sicht erhöht die Richtlinie zur Vergabe von Konzessionen den Druck zur europaweiten Ausschreibung von Konzessionen. Dies betrifft insbesondere Stadtwerke und kommunale Zweckverbände. Bisher konnten Konzessionen direkt von der öffentlichen Hand vergeben werden. Dies möchte die Europäische Kommission ändern. Ab einer Auftragshöhe von 8 Mio. Euro würde eine europaweite Ausschreibung von Konzessionen Pflicht, auch bei einer Neuvergabe von bereits bestehenden Konzessionen. Zwar könnten sich auch städtische Unternehmen um eine Konzession bewerben, allerdings nicht mit den Möglichkeiten, die großen, europa- und weltweit tätigen privaten Konzernen zur Verfügung stehen. Soziale Kriterien oder gar eine Tariftreue würde die Richtlinie entgegen unserer Forderungen nicht vorschreiben. Da viele Gemeinden verschuldet sind, könnte das zu Druck zur Vergabe von Konzessionen und damit zu Liberalisierung und Privatisierung führen. Den Preis dafür zahlten Arbeitnehmer durch Druck auf Löhne, die Bürger durch explodierende Wasserpreise und die Kommunen durch den Verlust von wichtigen Teilen der öffentlichen Daseinsvorsorge.

Bitte halten Sie weiterhin Ihren Protest aufrecht. Jetzt geht es darum, die Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments zu gewinnen - damit das Allgemeingut Wasser weiter in öffentlicher Hand bleibt. Der Zugang zu Wasser ist ein Menschenrecht.

Weitere Hintergrundinformationen findet finden Sie hier:

http://www.thomas-haendel.eu/de/article/8132.konzessionsvergabe-eine-neue-welle-der-liberalisierung.html

http://www.right2water.eu/de

Für Rückfragen und weitere Informationen steht mein Büro zu den üblichen Bürozeiten gern zur Verfügung

Ihr

Thomas Händel