Frage an Viola von Cramon-Taubadel bezüglich Energie

Portrait von Viola von Cramon-Taubadel
Viola von Cramon-Taubadel
Bündnis 90/Die Grünen
0 %
/ 10 Fragen beantwortet
Frage von Till K. •

Frage an Viola von Cramon-Taubadel von Till K. bezüglich Energie

Sehr geehrte Frau von Cramon,

in einem Kreis politisch interessierter Freunde diskutieren wir Kriterien, die uns helfen am 27.09.09 eine qualifizierte Wahlentscheidung zu treffen.
Deshalb bitte ich Sie um die Beantwortung folgender Fragen:

- Energieversorgung

Welche zukünftige Rolle messen Sie der Kernkraft zu? Wie soll der Atommüll endgelagert werden und wer soll dafür die Kosten tragen?

Wie definieren Sie die zukünftige Rolle von Kohle, Öl und Erdgas für die Stromerzeugung?

Welche Rolle sprechen Sie der Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen zu? Welche staatliche Förderung dazu werden Sie fordern?

- Umweltschutz

Für welche Maßnahmen zum Klimaschutz, zur Erhaltung der biologischen Vielfalt (Artenschutz) und im Umgang mit der Gentechnik bei Mensch, Tier und Pflanze werden Sie sich einsetzen?

Wie stehen Sie zur Patentierung von Leben?

Portrait von Viola von Cramon-Taubadel
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Krüger,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage, gerne möchte ich Ihre Fragen wie folgt beantworten:

6. ENERGIEVERSORGUNG
Wir GRÜNEN haben mit Jürgen Trittin als Umweltminister ein Atomgesetz auf den Weg gebracht und verabschiedet, dass eines zum Ziel hatte: Den Ausstieg aus der Atomkraft. Wir sehen in der Atomkraft eine hochgefährliche Technologie, die selbst mit sehr vielen Forschungsgeldern bisher nicht ansatzweise für die Entsorgung des Atommülls gesorgt hat bzw. sich auch nicht dafür verantwortlich fühlt. Die neueste Studie belegt, dass bisher über 160 Mrd Euro an Forschungsgeldern in die Atomwirtschaft geflossen sind. (siehe http://www.gruene-bundestag.de/cms/atomausstieg/dok/301/301356.die_luege_vom_billigen_atomstrom.html ) Wir haben aktuell mit der Asse in Wolfenbüttel leider ein Lehrstück, wie Politik, Wissenschaft und Atomlobby ohne Kontrolle und Verantwortung zusammenwirken und am Ende die Gemeinschaft, also die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für das Versagen aufkommen müssen. Das darf in Zukunft auf keinen Fall mehr passieren. Wir müssen die Kosten für eine mögliche Entsorgung bereits in den Strompreis „einpreisen“, dann wird sich schnell zeigen, wie wenig wettbewerbsfähig der sogenannte billige Atomstrom sein wird. Als Zielvorgabe haben wir uns bis 2020 einen Anteil von 40% der Erneuerbaren Energien für die Strom- und 30% für die Wärmeproduktion gesetzt. Für die nächste Zeit werden wir – bis der Anteil der Erneuerbaren Energien die entsprechende Quote erfüllt hat, Übergangstechnologien benötigen. Dazu zählen wir GRÜNEN die hocheffizienten Gaskraftwerke und den Ausbau in dezentrale Kraft-Wärme-gekoppelte Anlagen. Dennoch müssen wir alle Signale Richtung Erneuerbare Energien setzen, denn ein Weiterlaufen der Atomkraft und ein Neubau von Kohlekraftwerken ist mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht kompatibel. So verlegt beispielsweise die dänische Firma Vestas (einer der größten Windkraftproduzenten weltweit) ihren Produktionssitz von Großbritannien in die USA, weil Großbritannien - anders als zunächst von Labour angekündigt - nicht im großen Stil in die Windenergie investiert, sondern zunächst wieder in die Fänge der Atomlobby geraten ist. An einem solchen Beispiel kann gezeigt werden, wie wichtig staatliche Rahmenbedingungen für den Ausbau von zukunftsfähigen Energieträgern sind oder wie diese Signale ganz eindeutig in die falsche Richtung gehen können. Andererseits wird vor allem im Sommer Strom aus Deutschland exportiert – auch Richtung Frankreich, weil die Atomkraftwerke dort unter den sommerlichen Bedingungen gedrosselt werden müssen. Es gibt viele Studien, die beweisen, dass die sogenannte Stromlücke eine Agitation der Atomindustrie ist, die damit versucht, die Erneuerbaren Energien von der Überholspur wieder zu verdrängen. Diese Politik wird es mit uns GRÜNEN nicht geben.

7. UMWELTSCHUTZ
Ich fange bei der Gentechnik an: Wir lehnen den Einsatz der Gentechnik in der freien Natur bzw in der Landwirtschaft ab. Ich persönlich habe mich in den letzten Jahren im Rahmen meiner politischen Arbeit immer für Gentechnikfreie Zonen / Regionen in der Landwirtschaft eingesetzt. Auch die Patentierung auf Leben lehnen wir aus vielen verschiedenen Gründen ganz entschieden ab, dazu haben wir im Wahlkreis eine Diskussion mit Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Landwirtschaft veranstaltet. (Das Ergebnis hierzu war interessanterweise sehr einvernehmlich – der Kriterien für echte Patente müssen deutlich verschärft werden. Patente auf Pflanzen und Tiere darf es nicht geben, denn diese können per definitionem nicht „erfunden“ werden.)
Der Klimaschutz kann zum einen auf Bundesebene, muss aber vor allem auf internationaler Ebene ansetzen. Denn erst wenn wir die großen Emittenten mit einer sehr ineffizienter Verbrennung der endlichen Ressourcen dazu bewegen, sich dem 2°C-Ziel verpflichtet zu fühlen, werden wir bei den nächsten internationalen Klimaschutzverhandlungen in Kopenhagen wirklich etwas erreichen. Dazu müssen wir als Bundesrepublik den finanziell schwächeren Ländern etwas anbieten, um ihre Kooperationsbereitschaft im Klimaschutz zu sichern. Als Vorbild können wir allerdings nur dienen, wenn wir als Bürgerinnen und Bürger in Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen und an vielen, vielleicht empfindlichen Stellen Einschnitte hinnehmen oder ggfs Mehrkosten zu übernehmen bereit sind. Um an diesem langfristigen Ziel des dringend erforderlichen Klimaschutzes mitzuwirken, möchte ich gerne bundespolitisch Verantwortung tragen.
Konkret heißt dieses, die Ökosteuern, die eine wichtige ökologische Lenkungsfunktion haben, nicht zu verteufeln, sondern zu einem ökologischen Steuersystem weiter zu entwickeln, in dem Preise für die Benutzung der Öffentlichen Güter (Luft, Wasser etc) gezahlt werden, die auch die echten Kosten wider spiegeln.

Mit freundlichen Grüßen,

Viola von Cramon.

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Viola von Cramon-Taubadel
Viola von Cramon-Taubadel
Bündnis 90/Die Grünen