Frage an Viola von Cramon-Taubadel bezüglich Umwelt

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Viola von Cramon-Taubadel
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Harald R. •

Frage an Viola von Cramon-Taubadel von Harald R. bezüglich Umwelt

Hallo Frau von Cramon Taubadel,

leider ist der Text beim ersten Mal verloren gegangen! Deshalb nochmal:
Habe in der heutigen Ausgabe der GZ Goslarschen Zeitung Ihre Stellungnahme zu den Erweiterungsplänen am Wurmberg in Braunlage gelesen.
Damit machen Sie es einem hellgrünen Harzer nicht leicht. Weshalb soll für den Harz nicht das gelten, was für jede Region gilt: Dass ein strukturschwaches Gebiet auf alle Fälle die wenigen Ressourcen einsetzt, über die es verfügt, um wirtschaftlich - und bevölkerungsmäßig - zu überleben. Den Tourismus!
Ein Skigebiet, das seinen Namen verdient, im Harz: Was ist dagegen einzuwenden? Haben Sie schon mal den Winter auf Harzer Pisten genossen? Grauenhaft! Kurz, schmal, schlecht erschlossen, lange Schlangen, schimpfende Leute. Die fahren das nächste Mal in die Alpen - CO2 spielt keine Rolle. Schon allein deshalb wäre ein Ausbau umweltschonend.
Anstatt nun eine Lösung zu suchen, mit der Umwelt und Menschen gleichermaßen leben können, lancieren einige NABU-Vertreter aus Goslar (genau zwei, ich kenne sie) eine Kampagne und verbünden sich mit 5 Sternbeobachtern aus St. Andreasberg, einem maßgeblichen Nationalparkmitarbeiter, einer Abgeordneten aus Quedlinburg und nun auch Ihnen, um eine wirtschaftliche Nutzung zu verhindern. Sind Sie da missbraucht worden? Unkritische Solidarität ist manchmal gefährlich. Im Ernst: Dark Sky Harz - gehts noch? Sachlich falsch sind die Argumente diesbezüglich ohnehin.

Die Geburtswehen des NP Harz waren seinerzeit nicht ganz schmerzfrei. Die Bevölkerung hatte große Vorbehalte. Der NP wurde als möglicher Hemmschuh für eine touristische Nutzung des Harzes vermutet. Inzwischen sind die Vorbehalte geringer geworden. Eine Verweigerungshaltung wäre daher kontraproduktiv für die Akzeptanz.

Würde mich freuen, wenn ich ein wenig Nachdenklichkeit erntete. Gemeinsame Lösungen sind meist die besseren.

Gruß
HR

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Rauch,

ich habe mich am 20. Juni mit dem Bürgermeister von Braunlage Stefan Grote getroffen und mit ihm auch über den geplanten Ausbau der Skipiste am Wurmberg gesprochen. Ich möchte dies als Anlass nehmen, um auf Ihre Anfrage zum Thema zu antworten.

Wir sind uns absolut einig, dass der Ausbau des Tourismus für die strukturschwache Harzregion eine sehr wichtige ökonomische Chance ist. Ich plädiere deswegen ganz unmissverständlich für den gezielten Ausbau von touristischen Angeboten im Harz.

Allerdings müssen wir uns ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen, welche Art von Tourismus dem Harz und seinen Bewohnern dient und welche nicht. Da sage ich vor dem Hintergrund von Erfahrungen an anderen Orten und im Einklang mit den Stellungnahmen der Umweltverbände der Region http://goslar.bund.net/presse/wurmberg/ ganz eindeutig: Der Ausbau von Skipisten für den alpinen Skisport dient dem Harz und seiner Bevölkerung dauerhaft nicht. Das gilt für das Wurmberg-Projekt genauso wie für das Projekt in Schierke. Diese Projekte schaffen eine fatale Abhängigkeit der Kommunen von gewagten Kalkulationen eines privaten Investors.

Damit sich die hohen Investitionskosten des privaten Investors in Wurmberg lohnen wird es zu einem starken Einsatz von Flutlichtbeleuchtung und Beschneiungsmaschinen kommen, um die Anzahl und Länge der Ski-Tage zu erhöhen. Die Beschneiung an sich ist auf einem Südhang wie der Wurmberg-Piste schon mit einem erheblichen Energie- und Wassereinsatz verbunden. Dazu kommt, dass die Auswirkungen des Klimawandels auch im Harz immer stärker zu spüren sein werden und die Kosten für die Beschneiung entsprechend steigen werden. Selbst in den Alpen haben sich schon so manche Betreiber von Skigebieten durch die hohen Kosten der Beschneiung in den Ruin gewirtschaftet.

Hinzu kommt, dass das Wurmberg-Projekt einen massiven Eingriff in die Natur darstellt. Es werden für die Pisten allein knapp 17 Hektar Wald gerodet. Die Kommune finanziert zudem den Ausbau der gegenwärtig 100 Parkplätze auf 600. Solch eine Rodungspolitik ist nicht nur aus Naturschutzgründen abzulehnen. Sie gefährdet auch das wichtigste touristische Potential, dass der Harz zu bieten hat: seine Wälder. Die Planungen in Wurmberg stellen den größten Eingriff in das Naturschutzprojekt des Grünen Bandes entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs dar.

Es ist gerade in Zeiten des Klimawandels ein Gebot der ökonomischen Vernunft, dass sich die Harzregion nicht tiefer in die Abhängigkeit vom alpinen Skitourismus begibt. Für Wintersportfreunde müssen und können im Harz alternative Angebote ausgebaut werden, vom Skilanglauf über Rodeln und Schneeschuhwandern bis zum Eislaufen.

Vor allem aber brauchen wir den Ausbau eines nachhaltigen Ganzjahrestourismus, der über das ganze Jahr und auf lange Sicht Arbeitsplätze für die Bevölkerung und Einnahmen für die Kommunen im gesamten Harz sichert. Der Harz bietet dazu mit seiner fantastischen Naturlandschaft, seinen Wander- und Erholungsmöglichkeiten und dem UNESCO Weltkulturerbe Oberharzer Wasserwirtschaft vielfältige Möglichkeiten. An Vielem wird bereits gearbeitet. Doch es braucht dringend weiterer politischer Impulse und weiterer Ideen. Ich denke, dass zum Beispiel im Bereich des Mountainbiking noch erhebliches Potential steckt. Und auch die Idee eines Sternenparks könnte zu einem nachhaltigen Ganzjahrestourismus beitragen – Gemeinden in der Rhön und im Westhavelland bewerben sich bereits um eine entsprechende internationale Zertifizierung http://www.berliner-zeitung.de/berlin/sternenpark-die-dunkelkammer-europas,10809148,11168144.html .

In solche Richtungen müssen wir verstärkt weiterdenken und -handeln wenn wir dauerhafte ökonomische Perspektiven für den gesamten Harz schaffen wollen. Das Wurmberg-Projekt dagegen setzt genau das falsche Signal.

Mit freundlichen Grüßen

Viola von Cramon

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