Frage an Wolfgang Heubisch bezüglich Soziale Sicherung

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Wolfgang Heubisch
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Frage von Renate W. •

Frage an Wolfgang Heubisch von Renate W. bezüglich Soziale Sicherung

Lieber Herr Dr. Heubisch,

auf die Einführung eines Semestertickets für Studenten angesprochen, antworten Sie am 29.08.2008:

"als Münchner und Schwabinger weiß ich wie teuer das Leben hier ist. Deshalb bin für das Semesterticket. Auch wenn dies kein direktes Landesthema ist, fühle ich mich als Direktkandidat in München-Schwabing schon direkt angesprochen."

Ein paar Tage vorher haben Sie auf die Frage nach Studiengebühren geantwortet, daß Sie diese für verantwortbar, sinnvoll und richtig halten. Studiengebühren (500 Euro im Semester/83 Euro im Monat) kosten die Studenten aber etwa doppelt so viel wie ein Semesterticket, sind also noch schwerer bezahlbar. Ist das für Sie kein Widerspruch?

Wer soll eigentlich das Semesterticket bezahlen, etwa der Staat oder das Land? Was ist mit der Eigenverantwortung der Studenten?

Sie behaupten (fälschlich), die Staatsquote läge bei 50% (richtig ist: ca. 44%), und fordern im Einklang mit Ihrer Partei eine Staatsquote von 33%. Unser Staat ist (nach Ihrer eigenen Aussage) hochverschuldet, Bildung, Infrastruktur usw. sind chronisch unterfinanziert. Eine Absenkung der Staatsquote um 17 Prozentpunkte (nach Ihrer Lesart) entspräche ca. 420 Milliarden Euro im Jahr, fast die gesamten jährlichen Steuereinnahmen (ca. 510 Milliarden Euro jährlich).

Wen wollen Sie um 420 Milliarden Euro entlasten, und wer soll vom Staat weniger bekommen? Wie stellen Sie sich eine solche gigantische Umstellung im Detail vor? Ist Ihnen bekannt, daß sowohl die sogenannte "private", "kapitalgedeckte" Rentenversicherung als auch die sogenannte "private", "kapitalgedeckte" Krankenversicherung, auf die Sie das staatliche/gesetzliche System umstellen möchten, ca. 10-15% der Beiträge nur für Vertriebsprovisionen, Verwaltung und Aktionärsdividenden verwendet bzw. aus Versichertensicht verschwendet werden?

Mit freundlichen Grüßen,

Ihre Renate Weinzierl

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FDP

Sehr geehrte Frau Weinzierl,

herzlichen Dank für Ihre dedizierten Nachfragen.

Das Semesterticket als preiswertes – und von den Studenten zu tragendes – Angebot, den MVV zu benutzen, halte ich ökonomisch und ökologisch für sehr sinnvoll.

Dieses hat aber aus meiner Sicht aber wenig mit den Studiengebühren zu tun, die von den Universitäten nachweislich für ein deutlich verbessertes Studienangebot genutzt werden. Insofern sehe ich da keinen Widerspruch.

Mit der Staatsquote verhält es sich so wie mit fast allen Statistiken. Glaube keiner, die du nicht selbst gefälscht hast. Je nach Berechnungsmodell ergeben sich sehr unterschiedliche Werte. Wir Liberale sind jedoch der Auffassung, dass unser Staat aktuell deutlich zu viele Aufgaben an sich gerissen hat und darüber hinaus sehr verschwenderisch mit unserem Geld umgeht. Das muss sich aus unserer Sicht ändern.
Den Wert von 33% habe ich als "erstrebenswert" bezeichnet und bewusst nicht als absolutes Ziel formuliert. Vertiefend lassen Sie mich ergänzen, dass ein solcher Wert bestenfalls langfristig und wenn überhaupt nur mit großen Anstrengungen verbunden erreichbar sein dürfte.

In der aktuellen politischen Landschaft arbeiten wir an ausreichend politischem Einfluss, der es uns ermöglicht, wenigstens eine Trendwende zu erreichen. Ein Trendwende weg von einem Staat, der Steuersenkungen entlarvender Weise als "Steuergeschenke" bezeichnet. In unserem Verständnis sind Steuern unsere Geldmittel, die wir dem Staat zum Zwecke der Erledigung gemeinschaftlicher Aufgaben überlassen. Wir nehmen uns doch auch nicht die Rosen aus Nachbars Garten, um diese dann seiner Frau zu "schenken".

Genauso ärgerlich ist die Behauptung, der Staat könne leider nicht sparen, weil er das Geld halt brauche und außerdem Schulden tilgen müsse. Seit 2005 freut sich unser Finanzminister über rund 100 Milliarden Euro Mehreinnahmen (!), schafft keinerlei Erleichterung für die breite Masse der Bürger und verschiebt einen (möglichen) Stop von Neuverschuldung (wohl gemerkt: nicht den Beginn von Schuldenrückführung) auf 2011. Ein Meisterwerk staatspolitischer Haushaltsführung!

Wir Liberalen wollen mit unserem Steuerkonzept im ersten Schritt lediglich rund 32 Mrd. Euro den Bürgern über Steuerentlastungen zurückgeben. Das ist weit weg von den von Ihnen kolportierten 420 Mrd. Diese 32 Mrd. sind sauber durchgerechnet und gegenfinanziert. Alles nachlesbar auf http://www.steuern.fdp.de .

Wenn Sie bei der kapitalgedeckten Rentenversicherung bzw. bei der privaten Krankenversicherung Verwaltungs- und Vertriebskosten anführen und anmerken, dass diese Unternehmen auch einen Gewinn erzielen wollen, so lassen Sie mich anführen, dass jede private Altersvorsorge im Vergleich zu BfA-Rente aktuell deutlich höhere Renditen abwirft und die Mitglieder der privaten Krankenkassen in ganz erheblichen Umfang zu Finanzierung des staatlichen Gesundheitssystems beitragen. Kaum ein Arzt könnte heute ohne einen Mindestanteil am Privatpatienten wirtschaftlich arbeiten. Und bitte berücksichtigen Sie bei Ihrem Vergleich auch die Bürokratiekosten der verwaltenden Ämter und Behörden, die ebenfalls nicht wirklich effizient und preiswert arbeiten. Wenn Sie hierzu noch die immensen Bürokratiekosten hinzuzählen, die der gerade beschlossene Gesundheitsfonds verschlingen wird, wird das von uns favorisierte Modell noch attraktiver.

Beste Grüße

Ihr Dr. Wolfgang Heubisch