Sehr geehrter Herr Wichmann,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur Besteuerung von höheren Einkommen in Deutschland. Der von Olaf Scholz in einem Interview gemachte Vorschlag zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes widerspricht dem Koalitionsvertrag. In diesem haben wir uns darauf verständigt, in der laufenden Legislaturperiode keine Steuererhöhungen vorzunehmen. Die durchschnittliche Besteuerung liegt in Deutschland für Alleinstehende mit 50 zu 36 Prozent, bereits jetzt deutlich über dem OECD-Durchschnitt. Für Familien ist die deutsche Besteuerung mit 34 zu 26,4 Prozent ebenfalls höher als in den anderen Industrienationen.

Es ist zudem zu bedenken, dass der aktuelle Spitzensteuersatz bereits jetzt auch für zahlreiche Fachkräfte gilt, auf die die Wirtschaft angewiesen ist. Eine zu hohe Besteuerung schwächt die Attraktivität Deutschlands besonders für qualifizierte Arbeitnehmer aus dem Ausland.

Für die Bewertung der Entwicklung der sozialen Ungleichheit in Deutschland ist der Jahreswirtschaftsbericht 2020 aufschlussreich. Dieser weist aus, dass die Einkommensungleichheit hierzulande seit 2005 nicht zugenommen hat, obwohl es in diesem Zeitraum Zuwanderung vor allem in die unteren Einkommensbereichen stattgefunden hat.

Um die soziale Ungleichheit nachhaltig zu verringern sind gute Bildungsmöglichkeiten entscheidend. Kindern finanziell schwacher Familien gelingt noch immer zu selten ein Aufstieg und ein höherer Bildungsabschluss. Die weitere Förderung dieser Kinder im Sinne der Chancengerechtigkeit ist daher ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ungerechtigkeit in Deutschland. Mehr Investitionen in Bildung und eine bessere Ausstattung unserer Schulen können dazu beitragen soziale Unterschiede abzubauen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. André Berghegger