Frage an Andreas Otto bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Andreas Otto, MdA
Andreas Otto
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Manuel B. •

Frage an Andreas Otto von Manuel B. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Sehr geehrter Herr Otto,

seit dem vergangenen Wochenende hängt vor meinem Terrassenfenster ein Plakat mit ihrem Gesicht. Unter Ihrem Namen prangt der vielversprechende Spruch: „WOHNEN FÜR ALLE“.

Dazu möchte ich Ihnen einige kurze Fragen stellen:

1. Ist Ihnen bekannt, dass sich der Preis auf Märkten (in diesem Fall dem Wohnungsmarkt) meist aus Angebot und Nachfrage, sowie der Knappheit bzw. Verfügbarkeit von jeweiligen Gütern bildet?

2. Ist es für Sie nachvollziehbar, dass hohe Preise oft die Knappheit von Gütern (in diesem Fall Wohnungen) als Ursache haben?

3. Wissen Sie von einer möglichen Wohnraumknappheit im Bezirk Berlin Pankow?

4. Denken Sie, dass die stark steigenden Mieten in den Bezirken Kreuzberg, Mitte, Pankow (und auch anderswo) möglicherweise durch zu wenig verfügbaren Wohnraum zustande kommen könnten?

5. Soweit ich weiß möchte Ihre Partei "Luxussanierungen" und "zu starken Mietanstieg" gesetzlich verhindern. Ist dies korrekt?

6. Was denken Sie, wie kann man Wohnungsknappheit lösen? (Ich nehme es vorweg: indem neue Wohnungen entstehen. Wie entstehen neue Wohnungen? Indem man (u.A. Investoren) Anreize bietet, diese zu bauen bzw. bauen zu lassen)

7. Denken Sie allen Ernstes mit den in 5. beschriebenen Maßnahmen lässt sich das Problem der steigenden Mieten an der Wurzel packen und es wird für Wohnungsbaugesellschaften reizvoll mit den genannten Auflagen neuen Wohnraum zu schaffen, um so die Wohnungsknappheit zu entschärfen?

8. Gibt es kommunale Wohnungsbaugesellschaften in Berlin bzw. Wohnungsbaugesellschaften im Besitz des Landes Berlin? Wenn ja, wie gedenken Sie diese bei der Beseitigung einer möglichen Wohnraumknappheit (Siehe 3.) zu beteiligen, um die Preislage durch größeres Angebot möglicherweise wieder auf ein gesundes Level zu senken?

Über den Nachweis rationaler Lösungsvorschläge zu ihrer prägnanten Wahlbehauptung freue ich mich.

Viele Grüße
Manuel Bieh

Andreas Otto, MdA
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Bieh,

danke für Ihre Fragen, die ich nachfolgend beantworten möchte:

1. Übliche Marktmechanismen sind mir natürlich bekannt. Aber Wohnen ist zunächst mal ein Grundrecht, das in der Berliner Verfassung garantiert ist. Daraus leite ich eine politische Verantwortung ab, insbesondere für Haushalte mit wenig Einkommen am Wohnungsmarkt faire Bedingungen und ggf. auch finanzielle Unterstützung zu organisieren.

2. Hohe Preise deuten auf Knappheit in Relation zum Bedarf hin. Allerdings gibt es neben dem tatsächlichen Wohnungsbedarf im Augenblick auch einen großen Anlagebedarf, der treibend auf die Preise wirkt. In der Finanzkrise rollt eine Kapitalwelle nach Berlin, die sich auch jederzeit wieder entfernen und woanders Anlageformen finden kann.

3. In Pankow gibt es eine Wohnraumverknappung wie in vielen Ortsteilen in Berlin. Der Leerstand wird auch hier auf unter drei Prozent geschätzt.

4. Die steigenden Mieten entwickeln sich durch hohe Nachfrage und die steigenden Preise, siehe auch Antwort 2. Das aktuelle Mietrecht ist für Wohnungssuchende unfair, weil Vermieter bei der Wiedervermietung starke Aufschläge realisieren, für die es oft keine materiellen Gegenwerte gibt. Neue Mietverträge gelten als der Mietenmotor in Berlin schlechthin. Deswegen wollen wir eine neue Regelung in das BGB aufnehmen, die den Abschluss von Mietverträgen in Städten wie Berlin an den Mietspiegel anknüpft.

5. Ich schlage eine Modifizierung des Paragr. 559 BGB vor, dort ist die sogenannte Modernisierungsumlage geregelt. Energieeinsparung und Barrierefreiheit sind gesellschaftliche Zukunftsaufgaben. Die müssen durch Mieter, Vermieter und Staat finanziert und als Baumaßnahme auch geduldet werden. Balkone, Einbauküchen und andere Standarderhöhungen können freiwillig vereinbart werden. Im Wahlprogramm sind weitere Vorhaben beschrieben: http://www.gruene.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Wahlprogramm-Q-Unsere-Politik-vor-Ort-Beschluss-BDK-04-2013.pdf

6. Für Neubau haben wir als Fraktion im Abgeordnetenhaus vor wenigen Tagen ein Förderprogramm beschlossen. Private Bauherren und die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sollen animiert werden, mehr Wohnungen zu bauen.

7. Ich bin überzeugt, dass der Wohnungsmarkt Regulierung braucht. Das Mietrecht, die Vorschriften im Baugesetzbuch wie der Paragr. 172 und eine Förderpolitik sind die Wege dazu. Das denke ich im Ernst.

8. Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften haben den Auftrag, Wohnungen insbesondere für Menschen mit wenig Einkommen anzubieten. Im Bezirk Pankow sind das u.a. die GEWOBAG und die GESOBAU. Die Gesellschaften sollen ihren Bestand ausweiten und neu bauen. In der Vergangenheit wurden viele Wohnungen und auch ganze Gesellschaften durch die Große Koalition und rot-rot an Finanzinvestoren veräußert. Das war falsch. Die GEHAG (heute Deutsche Wohnen) und die GSW (an der Börse und bald Deutsche Wohnen)sind so für die Versorgung von Menschen mit geringen Einkommen verloren gegangen, auch in Pankow.

Lassen Sie mich zusammen fassen:
Berlin braucht eine Bestandspolitik, die Mietwucher verhindert und den Mietenanstieg dämpft. Berlin braucht einen Neubau, der den Bestand sinnvoll ergänzt. Wohnungseigentum soll vorzugsweise im Neubau geschaffen werden, da ist das Ersparte besser angelegt, als in überteuerten Altbauwohnungen, deren Vormieter auch noch verdrängt werden. Wohnen für alle.

Frdl. Gruß

Andreas Otto, MdA

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