Frage an Andreas Schwab bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Andreas Schwab
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Frage von Friedhelm R. •

Frage an Andreas Schwab von Friedhelm R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Ich gehe 2022 in Rente - mein Arbeitgeber und ich selbst haben in eine Direktversicherung einbezahlt, die ich steuerfrei 2022 ausbezahlt bekomme. Auf diese Beiträge habe ich im Laufe meines Berufslebens bereits Steuern und Sozialversicherungsbeiträge bezahlt. Bei Vertragsabschluss (90' Jahre) wurde mir zugesagt, dass ich keine Sozialversicherungsbeiträge auf diese Auszahlung bezahlen muss.
Meine Krankenkasse teilte mir jetzt mit, dass ich nach derzeitigem Stand 18,05% für 10 Jahre zahlen muss - also nicht 0 %, wie versprochen sondern sogar den Arbeitgeber + Arbeitnehmeranteil, zahlen muss. Ich zahle also insgesamt die Sozialversicherungsbeiträge drei Mal.
Es gibt Diskussionen, diese Ungerechtigkeit zu beenden, zumindest aber abzumildern - was verspricht die CDU hierzu. (Wahl Oktober 2018 in Bayern).

Mit schönen Grüßen

Friedhelm Riegel

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Sehr geehrter Herr R.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 24.08.2018 bezüglich der Erhebung von Krankenkassenbeiträgen auf Direktversicherungen, auf die ich Ihnen sehr gerne antworten möchte.

Wie Sie in Ihrem Schreiben richtig wiedergeben, sind Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge sowie andere mit der Rente vergleichbare Einnahmen bzw. Versorgungsbezüge nach §229 SGB V beitragspflichtig. Ihren Unmut als Betroffener darüber kann ich nachvollziehen und möchte Ihnen gerne die Hintergründe erläutern, warum die Versorgungsbezüge beitragspflichtig sind.

Im Rahmen einer parteiübergreifenden Gesundheitsreform wurde 2003 das GKV-Modernisierungsgesetz verabschiedet, mit welchem wir das deutsche Gesundheitswesen unter Kostengesichtspunkten grundlegend reformiert haben.

Dabei waren auch Maßnahmen und Einschnitte notwendig, von denen ich weiß, dass sie schmerzhaft waren und von Betroffenen als ungerecht empfunden werden. Die Veränderungen waren jedoch notwendig, damit die gesetzliche Krankenversicherung, die damals ein hohes Defizit und Schulden von über acht Mrd. Euro zu verzeichnen hatte, auch zukünftig noch die Gesundheitsversorgung der Versicherten finanzieren kann, wenn bei der demographischen Entwicklung immer mehr ältere Menschen unter den Versicherten sind und – nicht zuletzt auch dank des medizinischen Fortschritts – schönerweise auch immer höhere Lebensalter erreicht werden.

Im Zuge dieser umfassenden Reform wurden pflicht- und freiwillig versicherte Rentner in der GKV gleichgestellt. So müssen seit 2004 auch pflichtversicherte Rentner den vollen Beitragssatz auf ihre Versorgungsbezüge entrichten.

Zugleich wird seit 2004 auch nicht mehr zwischen monatlichen Auszahlungen von Direktversicherungen und einmaligen Auszahlungen in Form von Kapitalabfindungen unterschieden. Dadurch wurde die Verbeitragung von Versorgungsbezügen gerechter, denn die Auszahlungsform alleine darf nicht darüber entscheiden, welche Beiträge zur GKV gezahlt werden müssen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Anordnung des vollen allgemeinen Beitragssatzes auf Versorgungsbezüge als verfassungsgemäß bestätigt und festgehalten, dass die Maßnahme zur Deckung einer zunehmenden Finanzierungslücke erforderlich und für die betroffenen Rentner zumutbar war (grundlegend siehe BVerfG, Beschluss vom 28. Februar 2008 - 1 BvR 2137/06).

Ein entscheidender Aspekt in der Diskussion um die Verbeitragung von Versorgungsbezügen ist die Generationengerechtigkeit. Der Anteil von Rentnerinnen und Rentnern an der Bevölkerung und in der gesetzlichen Krankenversicherung steigt und die jüngeren Generationen müssen zur Versorgung mehr zur Solidargemeinschaft beitragen als die vorherigen Jahrgänge. So tragen Rentner selbst aktuell nur noch rund 40 Prozent ihrer Leistungsausgaben in der GKV mit ihren Beiträgen, während es 1973 noch circa 73 Prozent waren. Das heißt im Umkehrschluss, dass der größte Teil der Versorgungskosten, also rund 60 Prozent, von der Solidargemeinschaft der Versicherten insgesamt getragen wird. Das GKV Modernisierungsgesetz und insbesondere die Verbeitragung von Versorgungsbezügen trägt daher der Generationengerechtigkeit und der Beschränkung der Lohnkosten Rechnung und stärkt die Beitragsgerechtigkeit. Die Einnahmen der GKV aus der Verbeitragung von Versorgungsbezügen der versicherungspflichtigen Mitglieder betragen derzeit jährlich rund 5,7 Mrd. Euro, wobei der größte Teil hiervon auf Beiträge für Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge entfällt. Eine Halbierung des Beitragssatzes auf Betriebsrenten würde zu Beitragsausfällen in der GKV in Höhe von 2,5 Mrd. Euro im Jahr führen; eine komplette Rückabwicklung des GMG würde rund 40 Mrd. Euro kosten und hätte GKV-Mindereinnahmen von knapp drei Mrd. Euro im Jahr zur Folge. Diese Einnahmeausfälle wären durch andere Versicherte mit gegebenenfalls geringeren Einnahmen mit auszugleichen.

Ich kann Ihnen versichern, dass meine Kollegen im Bundestag die Entscheidung nicht leichtfertig getroffen haben, sondern sich – auch in der jüngsten Zeit - intensiv mit dieser Regelung auseinandergesetzt haben. Dies beispielsweise zuletzt im Rahmen einer erneuten Sachverständigenanhörung am 25. April 2018. Besonders deutlich sind dabei die vielen rechtlichen und vor allem haushälterischen Probleme geworden, die besonders eine mögliche Gegenfinanzierung der Vorschläge betreffen. In diesem Zusammenhang hat die Anhörung die Argumente, die ich Ihnen vorgetragen habe, bestätigt. Daher ist es folgerichtig, an der geltenden Rechtslage innerhalb des geltenden Solidarprinzips der gesetzlichen Krankenversicherung festzuhalten."

Ich hoffe, sehr geehrter Herr R., Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen konnte.

So verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Ihr

Andreas Schwab

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