Wie priorisieren Sie ganz persönlich „Patientensicherheit“, wenn ab 2022 EU-weit mutmasslich gesundheitsschädliches Titandioxid in Lebensmitteln zwar verboten, in Medikamenten aber erlaubt bleibt?
Die EU-Kommission hat ab 2022 den Einsatz von Titandioxid in allen Lebensmitten verboten und folgt damit dem Vorsorge- und Präventiongedanken im Sinne des Verbraucherschutzes in allen Mitgliedsstaaten, also auch in Deutschland. Das ist gut! Bei der Herstellung und Inverkehrbringung von Arzneimitteln, die in besonderer Weise das Vertrauen des Konsumenten bedingen, gilt diese Regel nicht. Das ist schlecht! Die Pharmawirtschaft adressiert das Argument in Gefahr stehender Versorgungssicherheit oder gar unterbrochener Lieferketten an die Politik, um entweder dauerhaft von der Regel ausgeklammert zu bleiben oder mindestens Übergangsfristen von sehr vielen Jahren auszuhandeln.
Wie werden Sie als Mitglied des Gesundheitsausschusses auf das Thema reagieren? Ist Patientensicherheit weniger „wert“, als allgemeiner Verbraucherschutz? Können Sie bitte Stellung nehmen zu der Frage, warum die Politik hier erkennbar gegenüber marktmechanistischen Argumenten der Pharma-Lobby einbricht?
Sehr geehrter Herr M.,
als Arzt und Bundestagsabgeordneter steht die Patientensicherheit bei mir ganz weit oben auf der Prioritätenliste. Deswegen finde ich es gut, dass Titandioxid in Lebensmitteln verboten wird; auch wenn, wie Sie ganz richtig darlegen, der Zusammenhang zu gesundheitlichen Schäden bisher nur mutmaßlich und mithin nicht gänzlich evident ist.
Ich finde es auch gut, dass die Pharmaindustrie aufgerufen ist, Alternativen zu prüfen und in drei Jahren noch einmal über ein Verbot gesprochen werden wird. Allerdings können wir Medikamente nicht mit Kuchenglasur vergleichen. Die Zusammenstellung der Medikamente können nicht einfach ausgetauscht werden und ggf. müssen neue Tests gemacht werden. Deshalb hielte ich es im Sinne der Patientensicherheit für unverantwortlich, durch ein kurzfristiges Verbot von Titandioxid in Medikamenten die Versorgung der Patientinnen und Patienten mit lebenswichtigen Medikamenten aufs Spiel zu setzen.
Mit den besten Grüßen
Andrew Ullmann