Sehr geehrte Frau Fluchs,

Thüringen liegt im Herzen von Europa. Immer häufiger merken wir, dass unsere gesellschaftlichen Herausforderungen nicht an nationalen Grenzen halt machen. Deswegen haben wir in den letzten Jahren europäische Themen immer wieder in den Landtag geholt und ihre Auswirkungen auf die Thüringer BürgerInnen diskutiert. Dabei ging es insbesondere um die Ausgestaltung der neuen EU-Strukturfonds, die darüber entscheiden, welche Vorhaben in Thüringen mit europäischen Finanzhilfen gefördert werden. Insbesondere bei der EFRE-Förderung konnten wir gemeinsam mit unseren Partnern bei den Umweltverbänden große Verbesserungen erzielen, was die Förderung von ökologischen, nachhaltigen und ressourcenschonenden Projekten angeht.

Im Europaausschuss des Landtags haben wir uns in erster Linie mit dem sogenannten „Subsidiaritätsfrühwarnsystem“ beschäftigt. Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon im Dezember 2009 haben die Länderparlamente die Kompetenz, Verordnungen und Richtlinien der EU auf die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips zu prüfen. In einer Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung haben wir ausgehandelt, dass sich die Landesregierung bei den Abstimmungen im Bundesrat an das Votum des Ausschusses halten soll.

Als bündnisgrüne Fraktion haben uns in den letzten Jahren dafür eingesetzt, dass Europa stärker als bisher vor Ort stattfindet. Der europäische Gedanke lebt davon, dass wir unsere gesellschaftliche Vielfalt als Chance begreifen und Menschen, die aus dem Ausland zu uns kommen, willkommen heißen. Die Situation der 130 jungen SpanierInnen, die im vergangenen Jahr mit falschen Job-Versprechen nach Thüringen gekommen sind, hat gezeigt, dass wir in punkto Willkommenskultur noch einiges dazulernen können. In einer Reihe von Veranstaltungen zur europäischen Migrationspolitik sind wir mit Menschen aus Spanien und Rumänien sowie deutschen Entscheidungsträgern ins Gespräch gekommen, um die Situation von Migranten zu verbessern. Weitere europapolitische Diskussionsveranstaltungen unserer Fraktion beschäftigten sich u.a. mit den Themen Finanz- und Staatsschuldenkrise sowie der Europäischen Bürgerinitiative.

Ein aktuelles Thema, zu dem derzeit auch eine Europäische Bürgerinitiative initiiert wird, ist das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP). Als grüne Fraktion haben wir dazu im Landtag einen Antrag ins Plenum eingebracht, in dem wir u.a. den intransparenten Verhandlungsprozess, die drohende Absenkung von europäischen Gesundheits-, Umwelt- und Datenschutzstandards sowie die Einführung von Investor-Staat-Klagen kritisieren. Neben TTIP haben wir auch das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada (CETA) thematisiert. Die Debatte zu diesen beiden Abkommen wird uns auch in der nächsten Legislatur beschäftigen, denn wir gehen davon aus, dass sie als sogenannte gemischte Abkommen auch vom Bundesrat bestätigt werden müssen.

Jeder stehe ich Ihnen gerne für Rückfragen zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Anja Siegesmund