Was tun Sie bzw. die Grünen in der Regierung zum Schutz der Pressefreiheit und insbesondere dem Schutz investigativer Journalisten im Fall Assange?

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Bettina Hoffmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Johannes M. •

Was tun Sie bzw. die Grünen in der Regierung zum Schutz der Pressefreiheit und insbesondere dem Schutz investigativer Journalisten im Fall Assange?

Angesichts des neuen Urteils gegen Julian Assange hoffe ich, dass die Ankündigung einer werteorientierten Außenpolitik im Fall Assange gilt und dass die Außenministerin und die Grünen generell sich für eine Ausreisemöglichkeit nach Australien und gegen eine Auslieferung in die USA einsetzen. Der vorherige Außenminister Maas hat zu diesem Thema leider immer beredt geschwiegen. Das Aufdecken von Kriegsverbrechen kann niemals eine Straftat sein.
Dass die USA ihr Militär vor jeder Strafverfolgung schützen und den internationalen Gerichtshof nicht anerkennen, ist ein weiteres Argument für die Notwendigkeit solcher investigativer Journalisten/Whistleblower. Die Unabhängigkeit der Justiz in UK ist kein Grund, auf diplomatische Aktionen zum Schutze von Assange und möglicher anderer Betroffener zu verzichten. Der UN-Sonderbeauftragter Nils Melzer sagte zum Assange-Urteil: „Das ist schockierend!“ Es gehe um die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr M.,

vielen Dank für Ihre Zuschrift und Ihr Engagement für Pressefreiheit weltweit und insbesondere für Julian Assange. Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen verfolgt den Fall von Julian Assange seit langem mit großer Aufmerksamkeit und Sorge.

 Julian Assange, Gründer der Plattform Wikileaks, kann seit mehr als elf Jahren nicht mehr in Freiheit leben. Seit April 2019 ist er im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in Großbritannien inhaftiert, wo er auf die Entscheidung des Vereinigten Königreichs über seine von den Vereinigten Staaten von Amerika beantragte Auslieferung wartet.

Wegen seiner Veröffentlichungen, einschließlich der Aufdeckung von US-Kriegsverbrechen im Irak und in Afghanistan, drohen ihm in den Vereinigten Staaten bis zu 175 Jahre Haft.

Wie viele Menschenrechtsorganisationen sind wir sehr besorgt über den Abschreckungseffekt, den eine Auslieferung und ein Gerichtsverfahren in den USA für Pressefreiheit weltweit haben könnten. Es braucht international mehr Schutz für Plattformen wie Wikileaks, für Whistleblower*innen und Journalist*innen und nicht weniger. Eine freie Presse und Kontrolle von Regierungshandeln sind  Grundvoraussetzung für das Funktionieren von Demokratien. Die Auslieferung Julian Assanges wäre ein fatales Symbol für Presse- und Medienschaffende weltweit. Wir halten sie deswegen für falsch.

Darüber hinaus fürchten wir um die Gesundheit von Julian Assange, der sich derzeit  in Einzel- und Isolationshaft befindet. Die nationalen Parlamente aus 46 europäischen Staaten haben sich für die Bewertung elementarer Menschenrechtsfragen mit ihrer parlamentarischen Versammlung des Europarats ein Gremium gegeben, das genau diesem Zweck dient. Wir weisen ausdrücklich auf die Resolution 2317 dieses Gremiums und die dort enthaltenen Forderungen hin.

Anlässlich des Internationalen Tags der Pressefreiheit am 3. Mai 2022 hat eine Gruppe von Unterstützer*innen mit einem interfraktionellen Brief an britische Abgeordnete diesen Sorgen Ausdruck verliehen, die britischen Kolleg*innen gebeten sich für Julian Assange einzusetzen und ihnen Unterstützung in der Sache angeboten.

 Darüber wurde auch medial berichtet, u.a.

https://www.rnd.de/politik/julian-assange-bundestagsabgeordnete-fordern-freilassung-PBY3JI56R5D4RAH4UP5POCON6I.html;

https://www.spiegel.de/politik/julian-assange-bundestagsabgeordnete-fordern-fraktionsuebergreifend-freilassung-a-7cb03917-c3f4-41b7-85c7-f8f784ccfd8f

zum Brief: https://jimdo-storage.global.ssl.fastly.net/file/bbae5f60-fbf5-4afe-98ca-ba45406021b2/OpenLetter_Assange_WorldPressFreedomDay2022.pdf.

Die in der Europäischen Menschenrechtskonvention verbrieften Menschenrechte, zu deren Achtung und Umsetzung sich auch das Vereinigte Königreich verpflichtet hat, müssen im Mittelpunkt der endgültigen Entscheidung von Innenministerin Priti Patel stehen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bettina Hoffmann

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