Frage an Birgit Sippel

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Birgit Sippel
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Frage von Gerhard R. •

Frage an Birgit Sippel von Gerhard R.

Sehr geehrte Frau Sippel,

darf die Geltendmachung des Asylrechts nur möglich sein, wenn vorher ein Weg mit höchster
Lebensgefahr zurückgelegt werden muss oder ist das eine faktische Asylverweigerung?

Können europäische Staaten gezwungen werden, Flüchtlinge aufzunehmen oder muss ein Weg gesucht werden, der auch ihre Interessen berücksichtigt?

Vorschlag: Nach vorheriger Zustimmung von Anrainerstaaten wie zum Beispiel Türkei oder Irak entstehen auf ihrem Gebiet europäische Flüchtlingslager für Flüchtlinge mit einem offensichtlichen Asylanspruch.Wenn diese sich für diese Lager(und nicht für UN-Flüchtlingslager) entscheiden, müssen sie sich mit Folgendem schriftlich einverstanden erklären: Mehrjähriger Aufenthalt mit Sprachunterricht und vor allem mit einer Aus- bzw. Fortbildung in Berufen mit sehr guten Vermittlungschancen. In den Lagern werden nicht nur die dafür erforderlichen Einrichtungen und Lehrkräfte vorhanden sein. Es wird auch eine Arbeitsagentur geben, die nach dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung in Zusammenarbeit mit europäischen Agenturen Arbeitsverträge ermöglicht. Nach Abschluss dieser Verträge und nach Genehmigung des Ziellandes folgt die Weiterreise der Flüchtlinge per Flugzeug. Die Flüchtlinge zahlen also nach ihrer Ankunft Steuern und Beiträge für die Sozialversicherung. Stimmen wir darin überein, dass die hohen Kosten für die Lager durch die weitgehende Beseitigung des jetzigen Zustands mehr als gerechtfertigt sind?

Mit freundlichen Grüßen
G. R.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr R.,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Als innenpolitische Sprecherin der Europäischen Sozialdemokraten im Europäischen Parlament befasse ich mich intensiv mit der Flüchtlingsfrage.

Sie sprechen in Ihrem Schreiben mehrere Aspekte an. In der Tat ist es ein Skandal, dass Schutzbedürftige meist erst dann ihren Anspruch auf Asyl geltend machen können, wenn sie vorher einen oft lebensgefährlichen Weg durch irreguläre Einreise hinter sich gelegt haben. Die Lösung für dieses Problem ist vor allem die Stärkung existierender legaler Zugangswege für Flüchtlinge nach Europa, wie humanitärer Visa, aber auch die Neuansiedlung direkt aus Drittstaaten.

Flüchtlingslager in Drittstaaten gibt es bereits, die EU ist bei deren Finanzierung auch mit beteiligt. Allein für die syrische Flüchtlingskrise haben EU und Mitgliedstaaten über 8 Milliarden Euro an Hilfen mobilisiert, diese müssen nun auch tatsächlich fließen.
Über die so genannte „Neuansiedlung“ (auch „Resettlement“) können Flüchtlinge direkt aus Drittstaaten in einen Mitgliedstaat geholt werden, wo sie dann Flüchtlingsschutz bekommen. Zwar gibt es auf europäischer Ebene bereits ein Neuansiedlungs-Instrument, es beruht allerdings nur auf freiwilligen Selbstverpflichtungen, außerdem hapert es erheblich an der Umsetzung. So wurden, beispielsweise, von den im vergangenen Juli vom Ministerrat beschlossenen 22 000 Neuansiedlungen, bis jetzt gerade einmal 4 000 von den Mitgliedstaaten durchgeführt. Das wirkliche Problem ist daher nicht der Mangel an passenden Instrumenten, sondern die geringe Bereitschaft der Mitgliedstaaten, bereits existierende legale Wege auch zu nutzen.

Ich hoffe, diese Erläuterungen waren hilfreich.
Mit freundlichen Grüßen

Birgit Sippel

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