Was ist ihr Standpunkt zu Sozialabgaben auf Kapitalerträge?
Sehr geehrter Herr Dr. Brodesser,
in Deutschland ist die Investorenquote offenbar mentalitätsbedingt niedrig, doch immer mehr junge Menschen legen ihr bereits versteuertes Einkommen in Aktien und ETFs an – übrigens auch ohne staatliche Anreize per Neo-Broker.
Der nicht gerade großzügige Sparerpauschbetrag erlaubt nur die steuerfreie Realisierung von 1.000€ an Kapitalerträgen pro Jahr, für jeden weiteren Euro fallen 25% Kapitalertragssteuer an. Das war nicht immer so.
Während Kleinanleger sich auf eigenes Risiko an den Kapitalmärkten Vermögen aufbauen oder fürs Alter vorsorgen, irritiert nun eine Debatte über mögliche Sozialabgaben auf Kapitalerträge.
Wie stehen Sie zu diesem Vorschlag? Ist der Gedanke, ausgerechnet auch Kleinanleger, die bereits privat vorsorgen, zusätzlich zu belasten, nicht fehl am Platz? Wäre eine Erhöhung des Sparerpauschbetrags nicht der beste staatliche Anreiz, damit Kleinanleger (weiterhin) investieren wollen?
Mit freundlichen Grüßen
Bastian B.
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für ihre Frage. Sie treffen mit Ihrer Bemerkung genau den Kern auch meiner Befürchtungen. Seit Jahren bemühen wir uns die Menschen in unserem Land für die Chancen am Kapitalmarkt zu interessieren, da die meisten Deutschen zwar kräftig sparen, aber ihr Geld recht unproduktiv auf Spar- und Girokonten liegen haben. Dieses Geld könnten wir über den Kapitalmarkt dringend brauchen und nutzen, um unsere Infrastruktur in vielen Bereichen auf- und auszubauen. Die nötigen Instrumente sind da. Die Neo-Broker haben hier mit innovativen Ansätzen und einfachen und übersichtlichen Produkten schon viele Kleinanleger an den Kapitalmarkt herangeführt.
Die Bundesregierung versucht dies nun mit der Frühstart-Rente auch noch einmal bei jungen Menschen zu befördern. Da wäre eine zusätzliche Belastung mit Sozialabgaben auf die Kapitalerträge meines Erachtens kontraproduktiv, da es das kleine Pflänzchen der voraussichtlichen Erträge gerade bei Kleinanlegern schmälern würde. Es würde die Produktverständlichkeit und Berechnung für den Anleger verkomplizieren, so dass er am Ende dann doch lieber die Finger davonlässt und auf gute Renditen und Chancen verzichtet. Das wäre fatal!
Die Erhöhung oder Dynamisierung des Sparerpauschbetrages wären in der Tat Maßnahmen, die Sparen attraktiver machen würde.
All diese Punkte werden daher sicher auch in die vor uns liegende Diskussion der Rentenkommission bzw. der Reformierung unserer Sozialen Sicherungssysteme einfließen, die zunächst einmal ergebnisoffen geführt werden sollen.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Brodesser
