Was tun SIE, um die Rettung Afghanischer Ortskräfte und Schutzbedürftiger zu beschleunigen/ermöglichen?

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Carsten Müller
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Frage von Christian S. •

Was tun SIE, um die Rettung Afghanischer Ortskräfte und Schutzbedürftiger zu beschleunigen/ermöglichen?

Guten Tag Herr Müller,

was genau TUN Sie, um die aktuell durch die Taliban bedrohten Afghanischen Ortskräfte bzw. die übrigen Schutzbedürftigem im Land zu schützen? Die Frage bezieht sich konkret auf ihr Handeln, nicht auf Ihre Grundsätzliche Einstellung zum Thema. Geredet wurde genug, jede weitere Planung und dadurch bedingte Verschleppung einer Rettung gefährdet akut Menschenleben.
Ich richte diese Frage an Sie, da Sie einerseits abgeordneter meines Landkreises sind und andererseits der Regierungsfraktion, die den Bundeswehreinsatz sowie den herauf folgenden Abzug der Truppen über die letzten Jahre mitmandatiert hat. Somit sind Sie Ihren Wählern in meinen Augen als verantwortungstragende Person Aussagen schuldig, was Sie in der aktuellen Situation tun um Ihr und das Versagen Ihrer Fraktionskollegen, welches zu dem aktuellen Dilemma geführt hat, lösen zu wollen.

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Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Frage zur aktuellen Situation in Afghanistan und was ich persönlich zur Rettung der Ortskräfte beigetragen habe.

Die Lage in Afghanistan ist katastrophal. Innerhalb kürzester Zeit ist zusammengebrochen, was die westliche Welt in zwei Jahrzehnten gemeinsam aufgebaut hatte. Um es klar zu sagen: Wir sind mit unserem Anspruch, Afghanistan nach unseren Werten umzugestalten und die Menschen auf den Weg in ein freies, selbstbestimmtes und selbstbewusstes Leben zu begleiten, gescheitert. Dieses Scheitern ist auch für mich ein absolutes Desaster. Daran gibt es nichts zu deuten.

Alle am Wiederaufbau Afghanistans beteiligten Staaten haben die sich rasant verschlechternde Sicherheitslage der letzten Tage in dieser Geschwindigkeit unterschätzt. An dieser Stelle verweise ich darauf, dass an den Missionen „International Security Assistance Force (ISAF)“ und der Folgemission „Resolute Support (RS)“ immerhin 50 Staaten der Welt, mehr als jeder vierte, militärisch eingebunden waren. Weitere Staaten haben sich entwicklungspolitisch beteiligt. Warum diese Entwicklung in dieser erlebten Geschwindigkeit von allen Beteiligten derart unterschätzt wurde, muss aufgearbeitet werden. Alle Beteiligten werden die Ausgangslage, die Maßnahmen, die Entwicklungen und auch das Einsatzende umfassend analysieren. Dabei werden viele Aspekte zu untersuchen sein, auch die Frage nach Verantwortung und Konsequenzen. Diese Aufarbeitung wird auch parlamentarisch erfolgen.

Das ist aber jetzt noch nicht der Zeitpunkt der Aufarbeitung. In diesen Stunden geht es weiter darum, die Menschen zu schützen, die uns unterstützt haben, Hoffnungen in uns setzten und ganz konkret bedroht sind. Wir sind verpflichtet, diese Menschen zu schützen. Deutschland stellt sich dieser Verantwortung und war unter den ersten Alliierten, die dafür in Kabul eingetroffen sind. Die Bundeswehr hat seither mehr als 5.000 Menschen gerettet. Vor dem bevorstehenden Ende des militärischen Einsatzes zur Rettung der Menschen ist auch klar, dass wir unsere Bemühungen damit nicht einstellen. Die Bundeskanzlerin hat das in ihrer Regierungserklärung noch einmal betont: Deutschland wird sich weiterhin entschlossen dafür einsetzen, afghanische Ortskräfte zu schützen und den Afghanen zu helfen. Dazu steht die Bundesregierung auf allen Ebenen in Kontakt.

Zu Ihrer konkreten Frage, was ich persönlich unternommen habe, kann ich wie folgt ausführen: Mir stehen privilegierte Möglichkeiten zur Verfügung. Ich habe als Abgeordneter einer Regierungsfraktion des Deutschen Bundestages nicht nur den direkten Zugang zur Bundesregierung, sondern über jahrzehntelange persönliche Freundschaften zu Vertretern Afghanistans einen ganz persönlichen Bezug zur Situation und den Menschen in Afghanistan und Kabul selbst. Durch diese konkreten Möglichkeiten ist es mir gelungen, mehr als 150 bedrohte Afghaninnen und Afghanen mit ihren Familien auf die Evakuierungslisten setzen zu lassen. Darüber hinaus stehe ich mit ihnen in Mailkontakt und werde mich auch in Zukunft für sie und ihre Familien persönlich einsetzen, um ihnen Schutz und Sicherheit zu ermöglichen. Ich bin mir bewusst darüber, dass ich über diese persönlichen Kontakte zur Bundesregierung und zu maßgeblichen afghanischen Akteuren mehr erreichen kann, als auch viele meiner Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag. Nicht jeder hat diesen Zugang zu den in dieser besonderen Ausnahmesituation maßgeblichen Verantwortungsträgern. Weil man diesen spezifischen Zugang nicht überall haben kann, kann von keiner Seite gegenüber den anderen Abgeordneten ein Vorwurf der Nichts-Tuns oder gar der Gleichgültigkeit konstruiert werden. Das wäre absolut falsch!

Sehr geehrter Herr Schmidt, Ihren Vorwurf, dass Bundestagsabgeordnete durch die Mandatierung der Bundeswehreinsätze in den letzten 20 Jahren für die aktuell katastrophale Situation unmittelbar verantwortlich sind, teile ich nicht. Sehr gern wiederhole ich noch einmal, dass am Ziel des Aufbaus Afghanistans über 50 Staaten beteiligt waren. Deutschland selbst trägt über die sehr umfangreiche und aktive Beteiligung selbstverständlich auch Verantwortung für das Scheitern. Welche genau, wird aufgearbeitet werden und auch der Einfluss des Deutschen Bundestages. Das wird, wie bereits dargestellt, in den nächsten Monaten mit Sicherheit passieren. Inwiefern dabei eine unmittelbare Verantwortung der Bundestagsabgeordneten oder von mir persönlich für das internationale Scheitern in Afghanistan bilanziert wird, kann ich nicht prognostizieren.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen geholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Carsten Müller

 

 

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