Frage an Cem Özdemir bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Cem Özdemir
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Martha A. •

Frage an Cem Özdemir von Martha A. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

1)
Syrien war in der Vergangenheit ein Land mit Religionsfreiheit.
Momentan gibt es unter den Christen in Syrien großes Leid.
Haben Sie einen Plan, wie diesen Menschen geholfen werden kann und die Religionsfreiheit in Syrien in Zukunft sichergestellt wird?

2)
a) Befürworten Sie einen Militäreinsatz in Syrien trotz des Wiederstandes von Verbündeten wie Russland?

b) Wer wäre Ihrer Meinung nach der Nutznießer eines Militäreinsatzes in Syrien? (Ich bitte Sie um eine konkrete Antwort, Worthülsen wie "Rebellen" oder "Volk" sind bei dieser Frage nicht ausreichend. Ich möchte wirklich wissen, wer Ihrer Meinung nach "dahintersteckt".)Haben Sie Informationen über die Situation in Syrien, die über bloßes Medienwissen hinausgeht? Waren Sie im Gespräch mit christlichen Syrern, die die Ereignisse vor Ort erlebt haben?

c) Stellen Sie sich vor, dass sich einer Ihrer Nachbarn auf der Straße mit einem Fremden prügelt. Der betroffene Nachbar ist Ihnen nicht symphatisch, der Fremde aber auch nicht. Sie können keine Hilfe rufen. Wie reagieren Sie?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Asti,

es führt in Syrien kein Weg vorbei an einer politischen Lösung. Der Plan einer regionalen Friedenskonferenz - Genf II - muss energisch weiterverfolgt werden. Zugleich muss die EU sich innerhalb der Vereinten Nationen für Sanktionen gegen Syrien einsetzen. Die Einigung zwischen Russland und den USA über die Kontrolle und Vernichtung der syrischen Chemiewaffen begrüßen wir. Sie ist ein erster Schritt für eine politische Lösung. Das Assad-Regime muss nun den russisch-amerikanischen Forderungen uneingeschränkt nachkommen. Assad muss deutlich machen, dass es an einer wirklichen Verhandlungslösung interessiert ist und nicht einfach nur auf Zeit spielt. Damit die Einigung zwischen Russland und den USA eine völkerrechtliche Grundlage erhält, sollte sie schnellstmöglich in einen Beschluss des VN-Sicherheitsrates münden. Der weitere Prozess sollte in den Händen der Vereinten Nationen liegen, um eine möglichste breit internationale Unterstützung für das Vorhaben zu erhalten.

Christen in Staaten des Nahen Ostens sind immer wieder von Unterdrückung und Gewalt betroffen. Gewaltanwendung im Namen der Religion verurteilen wir. Wir bekennen uns zu der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, in der in Artikel 18 niedergelegt ist: „Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder Überzeugung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen."Religionsfreiheit muss überall gelten, egal welche Religionsgemeinschaften die Mehrheit bilden. Gerade wenn Religionen in einer Region in der Minderheit sind - wie zum Beispiel Christinnen und Christen in der Türkei - und dort diskriminiert werden, muss darauf gedrungen werden, dass (wieder) Religionsfreiheit hergestellt wird.

Als Bürgerrechtspartei ist uns der Schutz von Minderheiten ein großes Anliegen. Dass gilt selbstverständlich auch für den Schutz von Christinnen und Christen in Ländern mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung. Zum Beispiel sind wir für eine unbürokratische Hilfe für die leider notwendig gewordene Evakuierung der irakischen Flüchtlinge, unter denen auch viele Christinnen und Christen vertreten waren, eingetreten. Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat in der letzten Legislaturperiode eine Große Anfrage zur „Sicherstellung des Menschenrechts der Religions- und Glaubensfreiheit" gestellt.

In der Auseinandersetzung mit Gewalt gegen Christen im Nahen Osten weisen wir darauf hin, dass es sich dabei nicht um einen uralten Gegensatz handelt, sondern dass dies eine relativ neue Erscheinung ist. Christen sind oft Opfer von inneren Machtkämpfen, die in den arabischen Staaten stattfinden. Wir halten es zugleich für nicht angemessen, bei der Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland vor allem Christen zu berücksichtigen. In Staaten wie Syrien sind Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen Opfer von Unterdrückung, Gewalt und Terror. Herausragendes Kriterium für die Aufnahme muss die Bedürftigkeit sein, unabhängig von der Religionszugehörigkeit.

Mit freundlichen Grüßen

Cem Özdemir

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