Warum sind die Grünen angesichts der aktuellen Entwicklung und vor dem Hintergrund des bisherigen Verlaufs der Impfkampagne gegen eine allgemeine Impfpflicht?
Sehr geehrte Frau Kopf, bei o.g. geht es um den Schutz der Gesundheit und das Wiedererlangen eines normalen, lebenswerten Alltags der überwältigenden Mehrheit der Gesellschaft. Mir als 3x Geimpftem und Intensivmediziner erschließt sich mittlerweile nicht mehr, warum der sog. gesellschaftliche Zusammenhalt mit denjenigen, die sich der einzigen verfügbaren Lösung (der Impfung) bewußt verweigern, ein höheres Gut sein soll, als die Einführung einer allg. Impfpflicht, die immer wiederkehrende Wellen mit vielen Kranken und Toten einerseits und massiven Einschränkungen für alle im Alltag andererseits verhindern würde. Mit freundlichen Grüßen, Johann L.
Sehr geehrter Herr L.,
vielen Dank für Ihre Frage. Wie Sie sicher mitbekommen haben, war die überwältigende Mehrheit der Grünen Bundestagsfraktion für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren, die sich leider dennoch nicht durchsetzen konnte – zu meinem Bedauern. Eine ausführliche Begründung meiner Position zur Impfpflicht lesen sie hier, für die ich mich auch wiederholt eingesetzt habe (etwa hier).
Da sich im Frühjahr 2022 jedoch weder für die Impfpflicht ab 18 noch für die Impfpflicht für alle Menschen ab 60 Jahren eine parlamentarische Mehrheit fand, akzeptiere ich dieses Ergebnis selbstverständlich. Ich denke aber nach wie vor, dass wir damit eine Gelegenheit verpasst haben, erstmals in der Pandemie wirklich vorausschauend zu handeln und uns auf weitere Corona-Wellen. Diese langfristige, vorausschauende Perspektive einzunehmen, wäre in meinen Augen Aufgabe der Politik gewesen.
Ich hoffe, dass wir auch ohne die Impfpflicht im kommenden Herbst und Winter gut durch die Pandemie kommen, ohne dass weitreichende Freiheitseinschränkungen erforderlich werden.
Mit freundlichen Grüßen
Chantal Kopf
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