Frage an Christian Lange bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Christian Lange
SPD
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Frage von Peter N. •

Frage an Christian Lange von Peter N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Lange,

gestern berichteten einige Printmedien und auch die Nachrichtensendungen im Fernsehen davon, dass die Fraktionen der Parteien CDU, FDP und SPD planen das Rederecht im Bundestag zu beschneiden. In Zukunft sollen nur noch die von den Fraktionen ausgewählten Parlamentarier im Bundestag reden dürfen. Dies ist aber ein für uns nicht nachvollziehbarer Eingriff in unsere Demokratie. Diese gibt jedem Menschen in Deutschland, legitimiert über unser Grundgesetz, das Recht zur freien Meinungsäußerung. Dies gilt auch für Parlamentarier, die laut unserem Grundgesetz nur Ihrem Gewissen verpflichtet sind. Dort steht nichts über einen Fraktionszwang.
Darüber hinaus sind wir der Meinung, dass Parteien, laut Grundgesetz, zur Willensbildung beitragen, nicht aber, dass die Meinung der Parteiführer quasi das Meinungsmonopol sind und alle haben sich die-sem zu fügen. Wenn dies aber alles dazu führen soll, unliebsame Äußerungen oder gar Kritik an den in den nächsten anstehenden Entscheidungen im Parlament zu unterbinden, denken wir, dass alle Demokraten diese Vorgänge ablehnen sollten. Es kann einfach nicht sein, dass wichtige unser Land, unserem Zusammenleben und unsere Demokratie betreffende Entscheidungen, wie z.B. die Entscheidung über den ESM oder zur Fiskalunion ohne Debatte einfach abgenickt werden sollen und Diskurs darüber unterbleiben soll. Gerade dieser Diskurs ist aber für eine Demokratie essentiell.
Wir bitten Sie daher so abzustimmen, dass der Rest von Demokratie, den wir noch haben, erhalten bleibt. Sollten die Fraktionen mit Ihrem quasi Maulkorb für die vom Volk gewählten Parlamentarier durch kommen, sehen wir unsere Demokratie ernsthaft gefährdet. Außerdem tragen solche Vorhaben, genauso wie die teilweise Aufgabe der Souveränität unseres Bundestages durch den ESM mit dazu bei, dass die Parteienverdrossenheit (wir haben unserer Meinung nach keine Politikverdrossenheit in Deutschland) Wollen Sie dies wirklich?

Manuela & Peter Nitsch

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Nitsch,
sehr geehrter Herr Nitsch,

vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de.

Die Empfehlungen des Geschäftsordnungsausschusses über eine Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO-BT) sind zurückgezogen und es wird weiterhin nach der unveränderten Geschäftsordnung verfahren. Es ging bei der Neuregelung in erster Linie darum, eine Verfahrensregelung zu schaffen, die sowohl die Funktionsfähigkeit des Parlaments als auch das Rederecht jedes einzelnen Abgeordneten sicherstellt. Das Rederecht der Abgeordneten sollte auf keinen Fall beschnitten werden. Hintergrund für die Empfehlungen des Geschäftsordnungsausschusses war, dass der Bundestagspräsident bei einer Debatte zur Euro-Rettung erstmals zwei Abgeordneten der Koalitionsfraktionen zusätzliche Redezeit in der Aussprache eingeräumt hatte, damit sie ihre gegenüber ihren eigenen Fraktionen abweichende Meinung darstellen konnten. Dieses Vorgehen ist im Gegensatz zur „Erklärung zur Abstimmung“ (§ 31 GO Bundestag) und der „Kurzintervention“, die von jedem Abgeordneten während der Debatte zur Stellungnahme genutzt werden kann, in der Geschäftsordnung nicht geregelt. Die von der Fraktionsmeinung abweichenden Abgeordneten werden auch weiterhin zu Wort kommen und das Rederecht der Abgeordneten wird auch in Zukunft nicht von der Zustimmung der Fraktionen abhängen. Leider sind hier die vom Geschäftsordnungsausschuss vorgeschlagenen Regelungen in der Presse teilweise falsch wiedergegeben worden.
Ob es klarstellende Änderungen der Geschäftsordnung im o.g. Sinne geben wird, ist jedoch sehr fraglich.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Lange