Frage an Christian Schmidt von Michael B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Schmidt,
als rechtschaffener Bürger Ihres Wahlkreises lehne ich die flächendeckende Überwachung durch die geplante Vorratsdatenspeicherung entschieden ab. Daher drängen sich mir einige diesbezügliche Fragen auf:
1. Befürworten Sie die Vorratsdatenspeicherung oder lehnen Sie diese ab?
2. Halten Sie die Vorratsdatenspeicherung für ein geeignetes Mittel, die Terrorgefahr einzudämmen, obwohl unter anderem die Vorgänge in Frankreich im Januar 2015 das genaue Gegenteil bewiesen haben?
3. Wie stehen Sie zu den berechtigten Bedenken, dass eine Vorratsdatenspeicherung ein großer Schritt auf dem Weg in eine Kontrollgesellschaft darstellt, in der den Bürgern ein "konformes Verhalten" auch in den privatesten Bereichen anerzogen wird?
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie zu diesen Punkten Stellung nehmen könnten.
Mit freundlichen Grüßen
M. Beyer
Sehr geehrter Herr Beyer,
vielen Dank für Ihre Zuschrift und Ihre Fragen zur Vorratsdatenspeicherung.
Ihre Sorgen vor einer lückenlosen Überwachung durch den Staat und eines Missbrauchs der gespeicherten Daten kann ich nachvollziehen. Ich halte sie allerdings angesichts der strengen Voraussetzungen, die mit der Einführung einer Speicherung von Verkehrsdaten verbunden sind, im Ergebnis für nicht begründet.
Angesichts der umfangreichen Nutzung moderner Telekommunikationsmittel durch die Organisierte Kriminalität und den internationalen Terrorismus, die sich beide häufig durch komplexe Täterstrukturen auszeichnen, stellt ein Zugriff auf gespeicherte Verkehrsdaten daher weiterhin ein effektives und auch sinnvolles Instrument der Sicherheitsbehörden zum Schutz der Bevölkerung dar. Ein Zugriff auf Verkehrsdaten ist zudem ein milderes Mittel als die vollständige Überwachung von Kommunikationsinhalten.
Nach den nunmehr vorgestellten Leitlinien des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz sollen die Sicherheitsbehörden dann auf zuvor gespeicherte Verkehrsdaten zugreifen dürfen, wenn der begründete Verdacht für eine schwere Straftat vorliegt. Dazu gehören neben Terrorismus, Organisierter Kriminalität und Kapitaldelikten auch die Verbreitung von Kinder- und Jugendpornographie sowie besonders schwere Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz. Bei vielen der vorgenannten Straftaten ist der Zugriff auf gespeicherte Verkehrsdaten der einzige Ermittlungsansatz der Strafverfolgungsbehörden zur Aufklärung des Verbrechens. Mit anderen Worten: Ohne dieses Ermittlungsinstrument ist eine Verfolgung des oder der Täter nicht möglich und seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unterblieben.
Damit es zu keinem Missbrauch der gespeicherten Daten kommt, müssen die Telekommunikationsanbieter die besonders hohen Anforderungen an den Datenschutz und die Datensicherheit umsetzen. Dies entspricht ebenfalls den Vorgaben der Rechtsprechung.
Die vorgesehene Regelung ist damit deutlich enger und grundrechtsschonender als die ehemalige EU-Richtlinie. Es werden deutlich weniger personenbezogene Daten für einen deutlich kürzeren Zeitraum gespeichert. Die organisatorischen und technischen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs werden eingehalten.
Im Ergebnis liegt damit keine unangemessene Beeinträchtigung von Grundrechten, sondern ein angemessener Ausgleich zwischen konkurrierenden verfassungsrechtlichen Rechtsgütern vor.
Über Ihre Unterstützung würde ich mich freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Schmidt MdB
Bundesminister